Wie man an Foto 120 sieht, ist es ja auch gar keine vollständig geschlossene Oberfläche. Der Lack ist etwas eingefallen, die Faserstruktur des Furniers schlägt ein wenig durch. Das ist selbst heute mit den modernen HS 2K-Lacken praktisch nicht zu vermeiden. Nach einigen Wochen geht das los. Alkydharz dürfte für Radios eher nicht verwendet worden sein. Die Trockenzeiten wären für die Massenproduktion zu lang gewesen. Verwendet wurde Nitrolack in vielen Schichten. Der ist natürlich auch eingefallen, war aber mit hoher Wahrscheinlichkeut hochglänzend. Wie schon erwähnt sind Nitrolacke chemisch nicht sehr widerstansfähig. Deshalb stellen sie sich heute allesamt matt dar, verbunden mit dem Durchschlagen der Holzstruktur und der Rissbildung die im Laufe der Jahrzehnte eintrat, erwecken sie heute den Eindruck einer eher seidenmatten Lackierung. Ich glaube, dass die Arbeit von Freidrich den Neuzustand des Originals ziemlich genau trifft. Dass er dafür einen neuzeitlichen Lack verwendet ist in meinen Augen nur richtig und konsequent. Angesichts der immensen Arbeit die in so einer Restauration steckt, wäre es doch unsinnig einen minderwertigen Nitrolack zu verwenden der in wenigen Jahren wieder stunpf wird. Die 2K Autolacke gehören zum Besten was man derzeit verwenden kann um langjährige Resistenz gegen Umwelteinflüsse zu gewährleisten.
Einen prinzipiellen optischen Unterschied zwischen 2K Lacken und Nitrolacken gibt es im Neuzustand nicht, auch wenn das immer wieder mal behauptet wird - fachgerechte Ausführung vorausgesetzt.
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Zitieren:Dass er dafür einen neuzeitlichen Lack verwendet ist in meinen Augen nur richtig und konsequent.
Hallo Achim, laut Friedrich verwendet er Schellack (Französische Politur). Diese Art der Holzoberflächenbehandlung gab es schon lange vor der Erfindung des Radios. Wurde bei Radiogeräten später auch nur selten original so gemacht. Der Zeitaufwand dafür ist nicht gerade unerheblich. Als Stielbruch würde ich es trotzdem nicht bezeichnen. Das Endergebnis überzeugt ja
ich bin auch kein Freund von Überrestauration. Aber im Punkt Holzgehäuse sehe ich das glänzende Gehäuse , ebenso wie die damaligen Möbel - und das Radio ist ein Möbelstück , als original an. Welcher Lack da verwendet wurde ist Nebensache, wenn man keinen Unterschied sieht. Allerdings würde ich nie einen Lack nehmen, den man nur mit Schleifen wieder herunter bekommt. Schellack hat für den Restaurateur den Vorteil, daß man keine speziellen Werkzeuge braucht und die Lackierung, wenns nicht geklappt hat, einfach mit Spiritus wieder abwischen kann. Desweiteren lassen sich mit Schellack auch Nitrolackoberflächen wieder aufpollieren.
Ein großes Lob an Friedrich. Ich habe immer noch Angst vorm Furnieren von Rundungen. Ich verwende zum Furnieren aber Knochenleim, der hat den Vorteil, daß er zum Teil als normaler Leim und zum anderen Teil als Heißleim wirkt - also recht schnell fest wird , seine braune Farbe kleine Löcher ausfüllt und jederzeit wieder lösbar ist.
Danke für den Hinweis. Dass Friedrich Schellack verwendet hat habe ich wohl überlesen, ich hätte auf 2K getippt. Das Einfallen gilt für Schellack in besonderem Maße. Beim Aufbau der Schichten ist der Alkoholanteil gewaltig, der Festkörperanteil minimal. Wenn Wochen später aller Alkohol raus ist, ist die Holzstruktur wieder da. So hat eben jeder Lack seine spezifischen Vor- und Nachteile. Mit Schellack hab ich auch schon gearbeitet, konnte mich aber nicht wirklich damit anfreunden. Der große Vorteil ist halt, dass man keinerlei Ausrüstung benötigt, die Schichten im Wohnzimmer auftragen kann. kein Lärm vom Kompressor, kein Gestank, kein Farbnebel, keine Lackierkabine, kein Waschen der Lackierpistole. Nachteil ist das extreme Einfallen und die geringe Resistenz gegen Umwelteinflüsse.
Schellack ist genauso stabil, wenn nicht noch stabiler , als Nitrolack. Und ob moderne Lacke besser sind zeigt erst die Zeit. Siehe die hochglanzbeschichteten Gehäuse der 1970er Jahre - diese dicke Beschichtung , wenn sie gerissen ist, herunter und erst recht wieder drauf zu bekommen ist wohl nicht möglich.
Außer mit dem Polyurethanlack aus den 1980ern, den es leider nicht mehr gibt, habe ich keine Langzeiterfahrungen.
Schellack verwende ich aus praktischen Gründen. Ich habe keine Spritzpistole und keine räumlichen Möglichkeiten diese in einem ausreichend großen und staubfreien Raum einzusetzen. Die Schellackpolitur mit dem Ballen gelingt mir aber auch auf einem Küchentisch oder in einer kleinen Kellerecke, um eine hochglänzende Oberfläche zu erreichen. Wenn ich Fehler gemacht habe, kann ich im allerschlimmsten Fall den ganzen Schellack mit Spiritus wieder abwaschen und neu beginnen. Bei Schellack kann man nicht viel unwideruflich falsch machen. Auch als Anfänger kommt man mit viel Geduld dann irgendwann doch zu seiner hochglänzenden Oberfläche. Mit der zunehmenden Routine geht die Arbeit dann immer schneller von der Hand.
Schellack reagiert empfindlich auf direkte Sonneneintrahlung und löst sich in Alkohol auf. Auch darf es nicht mit Möbelpolitur, Autolackreiniger oder Autopolitur behandelt werden. Solche Schäden lassen sich aber einfach mit einer neuen Schellack-Politur reparieren.
Auf jeden Fall kann ich festhalten, dass eine Schellackpolitur für ein Auto, das zudem noch mit Bioalkohol fährt, die denkbar schlechteste Lösung wäre
Hallo, von der Politur mit Schellack bin ich mittlerweise begeistert, die Gehäuse sehen einfach himmlisch aus! Es ist bestimmt schon mehrmals geschrieben worden, welche Grundausstattung brauche ich als Polituranfänger.
Ich habe es auch so gelernt. Jeder macht es etwas anders, was aber nur mit der Geschwindigkeit bis zum Resultat zu tuen hat.
Im prinzip brauchst Du nur 98%igen Alkohol , Schellack flüssig oder fest, einen Füll- und Schleifstoff - Bimsmehl, Ein stück Baumwollstoff und einen Schafwollsocken oder einen Bausch Schafwolle, sowie Geduld.
Abziehpollitur oder Wiener Kalk verwende ich nicht - dieser Superhochglanz bleibt sowieso nicht so lange. Es ist auch so genug Hochglanz.
Wichtig ist der nahezu wasserfreie Alkohol (Pollierspiritus) . Der Ist zwar vergällt , aber verhindert Wassereinschlüsse im Lack - sonst kann er michig trüb werden.
Hallo Bernd, unter "Einfallen" versteht man die Eigenschaft aller lösemittelhaltigen Lacke, ihre Schichtstärke mit zunehmender Verdunstung des Lösemittels zu verringern. Der Lack schrunpft, wird dünner. Auf Blech, Kunststoff, ect. ist das nicht weiter dramatisch, da die Obeflächen porenfrei und völlig geschlossen sind. Bei Holz ist das anders und deshalb schlägt dann die Struktur des Holzes wieder durch. Beim Betrachten der lackierten Oberfläche im Streiflicht kann man das dann deutlich erkennen. Um diesen Effekt zu minimieren, versucht man ja die Poren des Holzes vor der Lackierung zu füllen. Bei Schellack mit Bimsstein, bei Nitrolacken mit Porenfüller (Clou Schnellschliffgrund, Glattfix, ect.). Das Dumme ist nur, dass bei 1 Produkten, also allen Lacken, Porenfüllern, ect. die nur durch Verdunstung des Lösemittels trocknen, mit jeder neu aufgebrachten Schicht der gesamte vorherige Aufbau wieder aufgeweicht wird. Daher sind bei 1K Lacken - und den Schellack kann man auch dazu zählen - Zwischenschliffe zur Erzielung einer homogenen Oberfläche, nicht besonders effektiv. Die Struktur des Holzes wird nach Wochen bis Monaten immer wieder durchschlagen. Das gilt prinzipiell auch für 2K Lacke, denn auch diese enthalten noch Anteile von Lösemittel, wenngleich auch wesentlich weniger.
Es gibt aber einen großen Unterschied und deshalb ziehe ich 2K Produkte grundsätzlich vor: 2K Lacke polymerisieren zu einer inerten, nicht mehr anlösbaren Schicht aus. Am besten verwendet man einen HS-Lack. HS steht für "High Solid", d.h., der Festkörperanteil in diesen Lacken ist besonders groß, die Schrumpfung oder das "Einfallen" nach der Aushärtung ist geringer als bei Lacken mit niedrigerem Festkörperanteil. Füllt man die Poren des Holzes mit einem solchen Lack und wartet mit dem Schleifen bis der Prozess des Einfallens abgeschlossen ist, dann kann man eine weitgehend geschlossene Oberfläche mit wirklichem Hochglanz erzielen. Denn die geschliffene Oberfläche ist inert, kann von den nachfolgend aufgetragenen Schichten nicht mehr angelöst, bzw. durchweicht werden. Nach meiner Erfahrung kann der Vorgang des Einfallens aber mehrere Monate andauern und wer will schon so lange warten....
Richtig ist, dass eine Beschichtung mit 2K Produkten nie wieder vom Furnier runter zu bekommen ist. Das ist aber eigentlich kein Nachteil. Lackiert man 2K Klarlack in mehreren Schichten direkt auf das Furnier, lässt das ordentlich durchtrocknen und schleift dann bis eine (weitgehend) geschlossene, tragende Schicht erreicht ist, hat man eine sehr gute Basis auf die jetzt mit allen möglichen Materialien lackiert werden kann ohne dass man eine gegenseitige Beeinflussung befürchten müsste.
Mal ein Beispiel: Restauration einer Loewe Bella. Wie viele dieser Radios aus der Zeit hat sie ein furniertes Holzgehäuse mit einem Sunburst. Der ist für einen Anfänger nicht ganz einfach zu lackieren.
Im Original wurde das alles mut Nitro-Klarlack gemacht der entsprechend eingefärbt wurde. Das war die effizienteste Methode für die Massenherstellung. Man brauchte viele Lackschichten um die Holzporen einigermaßen zu füllen und das erledigte man gleich mit dem Klarlack . Für den Sunburst musste also nicht extra lackiert werden, das floss einfach in den Prozess des Porenfüllens mit ein.
Lackierte man da aber Fehler rein, dann war da kaum mehr was zu retten. Aber das waren halt Profis die ihr Handwerk verstanden.
Der Radiofreund von heute geht da meist so vor: Er entfernt die alten Lackschichten durch Abbeizen oder Abschleifen und beizt das Gehäuse in der gewünschen Farbe. (Dieser Schritt wurde früher ebenfalls mit eingefärbtem Klarlack erledigt) Jetzt wird der Sunburst aufgetragen. In Ermangelung einer Airbrush versuchen das viele mit entsprechender Beize und einem Pinsel, Läppchen oder Schwämmchen. Passiert da ein Fehler, ist das Gehäuse versaut, man kann da nichts mehr rückgängig machen.
Anders bei der 2K Methode. Mit dem 2K lack wird, wie zuvor beschrieben, die Oberfläche des Furniers versiegelt. Die Oberfläche besteht praktisch nur aus einer dünnen Schicht Klarlack. Der Sunburst wird jetzt mit einem alkoholbasierten Möbellasurlack aufgetragen. Misslingt das, kann einfach wieder abgewaschen und von vorn begonnen werden. Das kann man beliebig oft wiederholen. Passt der Sunburst kann mit dem gleichen Lack noch der Grundfarbton des Holzes angepasst werden. Anschließend wird alles mit 2k Lack versiegelt, evtl. geschliffen und poliert.
Diese Variante des Lackaufbaus ist risikoarm, weil jeder nachfolgende Schritt reversibel ist. Irreversibel ist nur der Arbeitsschritt des Porenfüllens, aber da kann man nicht viel falsch machen.
2K Klarlacke ermöglichen es, vor jedem kritischen Arbeitsschritt eine Trennschicht anzulegen die die zuvor aufgebrachten, gelungenen Schritte schützt.
Bitte Beitrag löschen falls er Friedrichs´s thread verwässern sollte.
danke für deinen ausführlichen Bericht. Ich kann, wenn ich das richtig verstanden habe, 2K-Klarlack als Porenfüller verwenden und sogar Schellack draufmachen, wenn jemand das unbedingt wollte. Kann ich 2K-Lack auch mit dem Pinsel verarbeiten und dann den Hochglanz mit 1000er-Schleifpapier und anschließendem schweißtreibenden Polieren mit Bootspolitur und Autolackreiniger erzielen? Das ist keine industrielle Methode, aber Zeit spielt bei so einem kleinen Gehäuse keine so große Rolle bei mir.
Bei Schellack muss man ordentlich Porenfüller einsetzen, sonst wird der Glanz nie erreicht. Am besten ist es eine Pampe aus Spiritus, Schellack und Porenfüller einzureiben, bis der Ballen durchgewetzt ist, wobei beim Einmassieren ein schabendes oder schleifendes Geräusch zu hören ist.