Re: Detektorempfänger mit Transistor-NF-Verstärker
Hallo Walter und Alle
Vermutlich sind sich hier alle einig, daß ein Transistor eine definierte Basisvorspannung benötigt, um korrekt zu arbeiten. Jan (regency) geht es - wenn ich das richtig verstehe - um die Frage: Warum arbeitet die im ersten Post angegebene Schaltung ohne Kollektor-Basis-Vorwiderstand überhaupt? Und was bewirkt die sich bildende Basisvorspannung? Ich weiß aus der mir bekannten Literatur keine Quelle zu dem Thema und kann leider nur eigene Beobachtungen beisteuern. Vielleicht waren die in der Valvo Schaltung verwendeten OC 71 besonders für den Zweck geeignet (Reststrom). Interessant das alles, bin gespannt, ob dieser Faden zu einer Lösung führt.
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Re: Detektorempfänger mit Transistor-NF-Verstärker
Hallo zusammen,
Da hier oft die Basis-Emitter-Spannung erwähnt wird, sollte man nicht aus den Augen lassen, dass der Transistor prinzipiell ein Stromverstärkendes Bauteil ist, im Gegensatz zur Röhre, welche Spannungen verstärkt.
So sehen die Ausgangs-Kennlinienfelder des Transistors in Emitterschaltung ähnlich aus wie die der Röhre, nur tritt anstelle der Gitter-Spannung der Basisstrom.
In diesem Fall ist der im Arbeitspunkt Null, es stellt sich irgendeine Emitter-Basis-Spannung ein, die aber eher nebensächlich ist. Im Netz ist ein altes Buch, in dem alle Quadranten für den alten NF-Transstor OC812 dargestellt sind, der von Limann genommene OC71 dürfte da ähnlich sein, weil gleicher Anwendungsbereich:
Ich denke, der Arbeitspunkt wird ganz bewusst bei dieser und ähnlichen Schaltungen in einen Bereich gelegt (roter Kreis), wo man einigermaßen verzerrungsarm nur mit kleinen Wechselspannungen arbeiten kann, den Detektor-Kreis aber dafür weniger belastet. Einen Basis-Widerstand braucht man nicht, den benutzt man ja nur, um einen anderen Arbeitspunkt, meist Kennlinienfeld-Mitte, festzulegen. Limann macht das beim zweiten Transistor, mit dem 100 kOhm-Basiswiderstand wird ein Basis - Vorstrom erzeugt, so dass der Kopfhörer entsprechend ausgesteuert werden kann.
Das ist in dieser praxisbezogenen Bücherreihe sehr gut beschrieben, sehr ins Detail geht der Band "der Praktische Funkamateur" 3, "Kristalldioden und Transistoren".
Re: Detektorempfänger mit Transistor-NF-Verstärker
Hallo,
sehr interessant !
Einspruch bei 2 Punkten:
1) Eine Röhre verstärkt auch nicht direkt Spannungen (Ua (Ue)), ist aber spannungsgesteuert (Ia (Ug1-k)), letztlich wird ja der Anodenstrom durch die Spannung zwischen g1 und Kathode gesteuert (beim Transistor (bipolar): Strom-Strom-Steuerung, da stimme ich zu)
Und ja, die B-E-Spannung ist von untergeordneter Bedeutung, zumal das ja die Flußspannung der B-E-Diode ist, die sich mit steig. Strom kaum noch ändert.
2)
Zitieren:Einen Basis-Widerstand braucht man nicht, den benutzt man ja nur, um einen anderen Arbeitspunkt, meist Kennlinienfeld-Mitte, festzulegen.
die "Mitte" aber nur bei Großsignal-Betrieb ! Im Kleinsignal-Betrieb (nur kleine Änderungen um den Arbeitspunkt) hat man beim Arbeitspunkt mehr Freiheiten (wird ja auch bei der Regelung von ZF-Stufen genutzt), ein Widerstand zum Einstellen des AP legt definierte Bedingungen fest, verläßt man sich auf den C-B-Reststrom und läßt den Widerstand weg, so ist der BIAS-Strom und damit der Arbeitspunkt stark temperaturabhängig. Vielleicht ist auch mehr Rauschen im Basis-Gleichstrom, das ist nur Vermutung. Ich halte das für "Bastelei", ich kann mir nicht vorstellen, daß so etwas bei einer kommerziell entwickelten Schaltung gemacht wird. Daß es im Einzelfall funktioniert, stelle ich nicht in Abrede.
Re: Detektorempfänger mit Transistor-NF-Verstärker
Hallo Ingo, das sehe ich ähnlich. Kommerziell hatte das überhaupt keine Bedeutung, aber für das Verständnis des Transistors in den Anfängen und den Basteltrieb ist das eine feine Sache. Jan (regency)
Re: Detektorempfänger mit Transistor-NF-Verstärker
Hallo Jan,
Zitieren:was steht denn in dem Buch zu genau diesem Fall: Transistor in Emitterschaltung gleichstrommäßig nur mit den Restströmen betrieben?
Da müsste man wissen, welchen Reststrom Limann meint, ich denke, er meint den Reststrom der Kollektor-Emitter Strecke bei offener Basis, das würde zumindest Sinn ergeben.
Zitieren:3. Reststrom IcEO der Strecke Emitter - Kollektor bei offener Basis, (Kollektordiode in Sperrrichtung, Emitterdiode in Durchlaßrichtung gepolt ("Funktechnik ohne Ballast, 12.Auflage)
Dann hat man eine Art "Spannungsteiler im Transistor selbst" und eine kleine Basis-Emitter- Gleich-Vorspannung, welche den Arbeitspunkt festlegt.
Die sehr kleinen gleichgerichteten Ströme der Diode lassen dann einen überlagerten Wechselstrom fließen, mit entsprechend verstärktem Wechselstrom im Kollektor-Kreis. Eine gleichfalls erzeugte Richt-Gleichspannung durch das gleichgerichtete AM-Signal wird durch den vorgeschalteten Elko unterdrückt.
Es gibt noch eine weitere interessante Schaltung, dass "Puppenstubenradio" in "Elektronisches Jahrbuch" von 1965 auf Seite 161.
h t t p s://archive.org/details/elektronischesjahrbuch/Elektronisches%20Jahrbuch%201965/page/160/mode/2up
Hier ist auf die Diode verzichtet und der erste Transistor direkt ohne Vorspannung an den Kreis gelegt und besorgt die Demodulation. (Der Eingangskreis zieht die Basis auf Emitter-Potential und lässt so etwas Basis-Strom fließen. Dem Autor zufolge ergibt sich höhere Empfindlichkeit gegenüber der Diodenschaltung.
Re: Detektorempfänger mit Transistor-NF-Verstärker
Hallo zusammen, ich meine, wir können zum Abschluss dieses kleinen Projektes kommen.
In der 12. Auflage hat sich Limann im Grundlagenteil des Buches tatsächlich ausführlicher mit den Restströmen auseinandergesetzt. Das hat einen entscheidenden Gedanken gebracht, den ich mit weiterer Literatur (Kaden, Das Transistorlehrbuch, Philips 1963; Lennartz/Täger, Transistor-Schaltungstechnik, Verlag Radio-Foto-Kinotechnik, 1963/67) abgeglichen habe:
Die Kollektor-Basis-Strecke ist in Sperrichtung des PN-Übergangs gepolt, es fließt ein Sperrsättigungsstrom -ICB0. Dieser enthält nur Ladungsträger aus der thermischen Leitfähigkeit des Halbleitermaterials, ist nahezu konstant, aber stark abhängig von der Kristalltemperatur (so ähnlich wie ein Heißleiter). Wir haben da also eine Konstantstromquelle, solange die Temperatureinflüsse ausgeklammert werden.
Die Basis-Emitterstrecke ist in Durchlassrichtung gepolt und wird durch diesen Sperrsättigungsstrom gespeist. Es entsteht eine Basis-Emitter-Spannung weit unter der Schwellenspannung und ein Eingangswiderstand, der entsprechend hoch ist. Über einen Kondensator kann dann eine Wechselspannung zugeführt und die Basisstromänderung mit dem Stromverstärkungsfaktor den Kollektorreststrom steuern. Das funktioniert in einem kleinen Aussteuerungsbereich bis ca. 5 mVss Eingangsspannung ziemlich gut, wie ich experimentell gezeigt habe.
Für den GC116 habe ich nun verschiedene Daten aufgenommen und daraus Stromverstärkung und Eingangswiderstand ermittelt. Im Ergebnis liegt bei optimaler Anpassung die Stromverstärkung bei ca. 40 und der Eingangswiderstand bei ca. 40 kOhm. Im Leerlauf beträgt die Stromverstärkung 50.
Ich hoffe nun alle Klarheiten damit restlos beseitigt zu haben. Der Grund, weshalb diese Schaltung ohne Basiswiderstand nicht weiter zum Einsatz kommt, liegt eindeutig in der starken Temperaturabhängigkeit des Sperrsättigungstroms Kollektor zur Basis, der über die Stromverstärkung mutlipliziert wird. Hier gilt die Fausformel: Pro 10 Grad eine Verdopplung des Kollektorreststromes.
Für mich haben sich einige neue Erkenntnisse ergeben, obwohl ich glaubte, die Grundlagen des Transistors verstanden zu haben. Das wird wohl nie ganz der Fall sein, aber Dümmer wird man auch nicht.
Re: Detektorempfänger mit Transistor-NF-Verstärker
Hallo Jan
Danke für die ausführliche Recherche. Freut mich, daß dieser Effekt nun geklärt ist und man wieder etwas dazu lernen konnte. Somit ist auch klar, warum Transistoren mit niedrigem Ice0 trotz Basisvorspannung gar nicht funktionieren.