Hallo, unter einigen erworbenen Ausschlacht-Radios befand sich ein merkwürdiges Stück in Fragmenten, dass ich zunächst nicht einordnen konnte. Da war einerseits ein massives, Schreiner-mäßig gearbeitetes Eichen-Gehäuse, dann die Bestückung mit Wehrmachtsröhren in lebensgefährlicher direkt Netzbetriebener 0v1-Schaltung. Die Spulen in Kreuzwickeltechnik ohne Verwendung der "obligatorischen" HF-Litze, der 500p-Drehko aus U-Eisen mit Feingewinde mühsamst selbstgebaut: Wollte da ein Rundfunkmeister seinen Lehrling in den 1950ern ein wenig quälen?
Wahrscheinlicher scheint jedoch ein "Notradio", also ein Radio aus Vorkriegsteilen bzw. aus Teilen, die von Herstellern aus der unmittelbaren "Wiederaufbauphase" stammen. Der Aufbau zeigt sich nach Entfernung späterer Basteleien ordentlich: Leider war der Kipphebel des Schalters gebrochen. Das passiert, wenn der Schalter bei der Montage am Kunstoff-Teil gehalten wird, dann stellt sich die Hebelachse schräg. der Kipphebel kann nur mit starkem Kraftaufwand betätigt werden.
Die ursprüngliche Schaltung war auch nicht mehr zu ermitteln, und so wurde der vorher nicht benutzte KW-Spulensatz mitbenutzt und eine eigene Schaltung entwickelt, welche die zur Verfügung stehenden Teile benutzt:
Anstelle der Original-Röhren können mit Adapter und umlötbarer Heizkreis-Anpassung auch andere Röhren verwendet werden, der Spulen-Satz erwies sich mit seiner Auslegung erwartungsgemäß unkritisch.
Der gebrochene Keramik Vorwiderstand wurde wohl neu gewickelt und schien mir Leistungsmäßig viel zu klein, wegen der enormen Wärmeentwicklung wurde er mit alten Diazed-Sicherungen und Draht aus einer Lötkolben-Patrone hergestellt. Ein Blech leitet die enorme Wärme nach hinten ab, damit nicht das Holz im oberen Teil noch reißt.
Es muß ein triftiger Grund vorgelegen haben, dass nicht auch in der Endstufe die P2000 verwendet wurde, die zudem noch weniger Gitterwechselspannung benötigt hätte und auch Heizkreismäßig einfacher wäre. Altteile an der neu gebauten Rückwand befestigt, sonst verschwinden die auf "Nimmerwiedersehen" irgendwann.
Die Ähnlichkeit zum DKE ist unübersehbar, aber selbst in diesen Notzeiten hat man Luftdrehko und Blech anstelle Papp-Chassis verwendet.
Die Recherche ergab, dass nach der Währungsreform 1948 der hier verwendete Gleichrichter als Bastlerware "verramscht" wurde: In späteren Anzeigen wird auch der Feischwinger nochmals im Preis reduziert, vormals heißbegehrte Ersatzteile werden offensichtlich zu "Ladenhütern". Entsprechend wandelt sich das Erscheinungsbild der Funkschau und anderer Hefte, Anzeigen von Herstellern mehren sich.
Gruß Jens
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Hallo Jens, interessanter und lehrreicher Bericht, wie man aus Nichts solch ein schönes Radio wieder zum Spielen bringen kann. Die Lösung, den Leistungswiderstand zu ersetzen muss ich mir merken, tolle Idee. Bin gespannt auf den Rest des Wiederaufbau's. Thomas
ThoMe:Die Lösung, den Leistungswiderstand zu ersetzen muss ich mir merken, tolle Idee.
Hallo Thomas, hallo Jens,
anders als damals befinden wir uns heute in einer anderen Notlage. Sicherlich ist das eine gute Idee, einen 30W-Leistungswiderstand auf diese Weise nachzubilden und bei einem reinen Displayradio mit gelegentlicher Nutzung (80Ct./kWh!) auch ok. Ich habe letzte Woche auch ein altes Audion aufgebaut, aber aus gutem Grund auf eine nutzlose Zusatzheizung verzichtet.
Die Originalschaltung war für ein 220V-Gleichstromnetz vorgesehen und setzte sogar 35 W Wärme in einer Reihenschaltung aus 650 und 700 Ohm um, weil eine RES164 geheizt wurde. Viel Spass bei der Vollendung. DKE38 im Holzgehäuse wurden übrigens 1946 auch im Funkwerk Dabendorf gebaut. Es gibt etliche Varianten, 1948 war der Spuk mit den verwerteten DKE-Platinen vorbei.
Aber selbst das Funkwerk hat in der Not nicht auf einen Heiztrafo verzichtet. Verwendet wurden 2x RV12P2001.
Es zeigt sich, dass man im Osten von den "Ursprüngen des Radiobaukastens "Heinzelmann"" der Radio Vertrieb Fürth (RVF), später Grundig inspiriert war. Dieser Apparat hatte den legendären Spulensatz der FTF (Funktechnische Fertigung in Vach) für 3 Wellenbereiche (Funkschau 1947/1, Seite 11, Rubrik Neue Ideen, Fortschrittlicher Spulensatz für Einkreiser).
Nach meinen eigenen Erfahrungen (Nachbau Heinzelmann) bietet ein solcher Koppler wesentliche Vorteile gegenüber den im DKE38 eingebauten Originalkoppler. LW- und MW-Spulen sind Kreuzwickel- spulen, die KW-Spule einlagige Zylinderspulen.
basteljero: - bis auf die Abmessungen des Papp-Chassis, so dass leider nicht geprüft werden kann, ob es reinpassen würde.
Hallo Jens,
das ist beim Original DKE38 aus der Vorkriegszeit ja nun nicht wirklich kein Chassis aus Pappe, sondern eine Pertinax-Montageplatte, die 3 mm dick ist und 11 x 23 cm äussere Abmessungen aufweist.
basteljero: Denn -welch ein Wunder!- wurden nach der Währungsreform die vorher so heißgesuchten Einzelteile als Bastlerware verramscht:
Hallo zusammen,
eine P2000 für 12 DM bei einem durchschnittlichen Monatslohn unter 200 DM ist in meinem Wertesystem kein Verramschen. Erst in den Sechziger Jahren stiegen die Löhne deutlich an.
wenn man zurückschauen möchte, so kann man in Radio Rim Basteljahrbücher mal blättern. Dazu habe ich einen Link ausgegraben. Ich habe selbst dort auch eingekauft. Lang ist es her. RIM steht für Radio Industrie München. Dann viel Spaß beim Ausflug in die Zeit, wo Deutschland begonnen hat, wieder aufzubauen.