hier die Vorstellung meines Biennophone 2066 aus dem Jahr 1937. Es war ein wahres Schnäppchen, nichts fehlte und unverbastelt und auch für das Alter noch ganz guter Gehäusezustand, lediglich der Lack ist stellenweise abgeblättert.
Das Gerät stammt von der Firma Sport AG aus Biel in der Schweiz, die spätere Velectra AG. Ursprünglich bauten sie Fahrräder und Zubehär, daher wohl der ursprüngliche Name Sport AG. Da ist die Erweiterung auf Radios ja naheliegend
Das Gerät ist ein Superhet der gehobenen Klasse mit HF-Vorstufe, 2 abgestimmten Eingangskreisen und einem "Schattenmeter" als Abstimmanzeige, sozusagen der mechanische Vorläufer der magischen Bänder. Neben Lang- und Mittelwelle hat das Gerät auch eomem Amschluss für den damaligen NF-Telephonrundspruch inklusive Programmschalter, dazu noch einen NF-Anschluss für Plattenspieler. Für ein Spitzensuper fehlt nur noch die Gegentaktendstufe und der Kurzwellenbereich.
Da die Materialbeschaffung aus Europa damals sehr schwierig und unzuverlässig war, wurden amerikanische Röhren verbaut und die übrigen Bauteile stammen alle aus Schweizer Produktion. Die Röhren haben noch den obenliegenden Steuergitter-Anschluss unf die glühlampenähnliche, bauchige Form, siehe Bild, hier der Typ 78, der für die HF- und ZF-Verstärkung eingesetzt wurde:
Das Chassis ist mit 9kg auffallend schwer, dazu kommt noch der dynamische, elektrisch erregte Lautsprecher mit angebautem Ausgangstrafo, der nochmals etwa 2kg auf die Waage bringt. Die Zentrierung der Membrane ist hier interessant gelöst:
Die Schaltung selber entspricht dem klassischen Gross-Superhet: eine Pentode mit ein- und ausgangsseitigem Schwingkreis als HF-Stufe, eine Oktode als Mischer mit Oszillator, eine weitere Pentode mit ein- und ausgangsseitigem Bandfilter als ZF-Stufe und eine Doppeldiode für Demodulation und Erzeugung der verzögerten Regelspannung, kombiniert mit einer Triode als NF-Vorstufe, und zum Schluss eine Pentode als NF-Endstufe. Für die Gleichrichtung wird eine direkt geheizte Doppeldiode als Vollweggleichrichter verwendet. Die übrigen Röhren werden bereits mit 6.3V geheizt, also richtig modern. Die Erregerwicklung des Lautsprechers dient auch als Glättungsdrossel.
Die Kondensatoren waren noch alle in Ordnung, inklusive den Elkos, was mich ziemlich erstaunte, denn sie sind ja mittlerweile 80 Jahre alt. Nur der Netzschalter wollte nicht, aber sonst funktioniert das Gerät und ist ausserordentlich empfindlich und auch trennscharf. Trotz der sehr niedrigen ZF von nur 130kHz wird die Spiegelfrequenz gut unterdrückt, und die Tonqualität ist sehr gut.
Als Nächstes wird der Netzschalter repariert und der Rest der Elektronik nochmals genau überprüft und auch die paar faulen Netzkabel ersetzt. Danach ist das Gehäuse dran.
!!!
Fotos, Grafiken nur über die
Upload-Option des Forums, KEINE FREMD-LINKS auf externe Fotos.
!!! Keine
Komplett-Schaltbilder, keine Fotos, keine Grafiken, auf denen
Urheberrechte Anderer (auch WEB-Seiten oder Foren) liegen! Solche Uploads werden wegen der Rechtslage kommentarlos gelöscht!
Keine Fotos, auf denen Personen erkennbar sind, ohne deren schriftliche Zustimmung.
HB9: Die Kondensatoren waren noch alle in Ordnung, inklusive den Elkos, was mich ziemlich erstaunte, denn sie sind ja mittlerweile 80 Jahre alt.
Hallo HB9,
das Gerät ist wirklich ein Superapparat der gehobenen Klasse. Meine Gratulation. Meine Frage. Du schreibst das die alle Kondensatoren noch in Ordnung sind. Hast Du die mit einem ESR ausgemessen? Stimmen wirklich die Werte vom Kapazität dem was auf die Dinge steht?
die Elkos habe ich formiert und dabei die Kapazität und den Leckstrom bei Nennspannung gemessen. Bei den übrigen Kondensatoren habe ich ebenfalls den Leckstrom und stichprobenmässig auch die Kapazität überprüft. Dabei ist noch anzumerken, dass ausser bei frequenzbestimmenden Kondensatoren die exakte Kapazität keine Rolle spielt, sie sollte einfach nicht viel kleiner sein als der Nominalwert. Da bei den damals üblichen Papierkondensatoren die Kapazität mit dem Alter eher ansteigt, gibt es keine Probleme. Die gemessenen Kapazitätswerte waren 10..20% über dem Sollwert und somit gut.
Die frequenzbestimmenden Kondensatoren (Schwingkreiskondensatoren) habe ich nicht speziell überprüft, hier müssen ja die Resonanzfrequenzen stimmen, was ich ebenfalls nachgeprüft habe.
Das Gerät ist wirklich super, es gab aber auch noch aufwendigere Versionen mit KW, Gegentaktendstufe und einer weiteren ZF-Stufe, daneben aber auch einfachere, aber keine Geradeausempfänger, das haben sie der Konkurrenz überlassen. In der Schweiz war (und ist) der Empfang wegen der vielen Berge und den langen Gebirgstälern ja auch an vielen Orten schwierig, so dass Einfach-Empfänger nur beschränkt einsatzfähig sind. Daher wurde ja auch etwa um 1930 der NF- und später der HF-Telephonrundspruch eingeführt.
Bei der Auffrischung des Gehäuses werde ich wohl nicht ganz an deine Qualität rankommen Wenn wir schon am Gehäuse sind: Wie entfernt man den abblätternden Lack am einfachsten?
das mit dem Abbeizer versuche ich mal, besten Dank für den Tipp.
@Rainer: die Drahtfunk-Seite kannte ich noch gar nicht. Der HF-Telephonrundspruch in der Schweiz lebte übrigens bis 1998, schon fast rekordverdächtig lange, und danach gab es noch Umsetzer von UKW auf TR, um die Geräte in den Spitälern und Hotels weiterhin mit Programmen zu versorgen. Mittlerweile sind sie aber Geschichte. Auf "biennophone.ch" gibt es übrigens eine schöne Sammlung von Biennophone-Geräten und die Geschichte des Telephonrundspruchs (werbefrei und privat). Noch zur Technik: im Gegensatz zu ausländischen HF-Drahtfunknetzen war der Schweizer HF-Telephonrundspruch flächendeckend. Er musste aber abonniert werden, sonst wurde kein HF-Signal auf die Leitung geschaltet, dadurch war Schwarzhören nicht möglich. Der Kanalabstand wurde mit 33kHz sehr gross gewählt, so dass die Programme in UKW-Qualität übertragen werden konnten, was auch gemacht wurde, was einen LW-Bereich von 150..350kHz erforderte. Allerdings war diese Qualität nur mit speziellen TR-Empfängern möglich, normale LW-Empfänger schnitten den Hochtonbereich mit dem zu schmalen Bandfilter ab. Durch bewusstes Verstimmen, so dass nur ein Seitenband durchkam, konnte die Tonqualität aber gegenüber LW- und MW-Sender trotzdem wesentlich verbessert werden, und Störgeräusche gab es keine.
Das Gerät darfst du natürlich in das Museum aufnehmen, ich würde aber noch warten, bis das Gehäuse restauriert ist.
- Materialbeschaffungsprobleme gab es in der Zeit der Produktion dieses Gerätes keine. Die Wahl der Röhrentypen erfolgte auf Grund der a) besseren Röhreneigenschaften der US-Typen b) der Orientierung nach Frankreich und c) Vermutlich auch wegen des Grosshandelspreises dieser Röhren im Einkauf. Jedenfalls haben fast alle schweizerischen Hersteller, die nicht einen direkten Bezug zu Röhrenherstellern hatten (Philips, Mediator) oder Lizenzfabrikation machten, auf US-Röhren gesetzt. - die gezeigte Röhre ist ein ST-Typ (shouldered type), Nachfolge der Globe-Typen. Der ST-Typ ermöglichte das bessere bzw. einfachere Zentrieren/Montieren des Systems im Kolben gegenüber der früheren Bauformen. - Die Condensateur-Fribourg-Kondensatoren waren ab Werk etwas besser gegen Umwelteinflüsse geschützt als viele andere Fabrikate. Aber es sind Papier-Kondensatoren. Je nach dem wie das Gerät die Jahrzehnte verbracht hat, sind die wie alle Papier-Kondensatoren hinüber. Im gezeigten Gerät zeigt ein Widerstand deutlich, dass ihm zu warm wurde. Wohl auch durch den Leckstrom eines Kondensators. - Die Standard-Elkos (Brand-Name) die damals und bis in die 50iger fabriziert und verbaut wurden, sind wirklich ein Phänomen und tatsächlich oft noch gut. - Zum Telefonrundspruch: NF-TR ging nicht über den HF-Teil. Bei HF-TR kamen ab Geräten der Oberklasse meist Bandbreiten-Verstellungen oder gar separate Bereichsschalter zum Einsatz, die eine Übertragung eines Frequenzbereichs ermöglichte, der fast an UKW kam. - Bei Biennophone gab es bereits ab 1934 Geräte mit LMK - das hier gezeigte Gerät war im Markt obere Mittelklasse, bei Biennophone halt eher Basismodell, will heissen, Biennophone hat immer aufwändige, gute Geräte gebaut. Leider in den späten Jahren dann zu wenig Wert auf den Klang / die Lautsprecher gelegt - die Technik hat gestimmt (meine Meinung). Die Homepage des Kollegen Markus Meier - www.biennophone.ch - wurde schon genannt - sie ist einen Besuch wert!
nochmals zu den Kondensatoren: die sind wirklich noch sehr gut, und mindestens aussen sind sie wasserdicht beschichtet, so dass keine Feuchtigkeit eindringen kann, mindestens bei normalen Bedingungen. Bei einem total verrosteten Chassis sieht das wohl anders aus, aber da gibt es auch andere Probleme. Zum Widerstand: Der wurde nicht zu heiss, und auch die Spannung stimmt. Hier ist lediglich die Farbe über Wicklung abgeblättert, was bei gewickelten Widerständen recht häufig der Fall ist und auch nicht stört.
Zum Entfernen der Lackschicht nehme ich Aceton. Vorsicht . Der Grund ist das Aceton flüssig ist und die darunterliegende Funierschicht etwas mehr schont als ein pastöser Abbeizer. Diese Schichten sind sehr dünn. Dann nehme ich meine Entdeckung Holzhärter und trage ein paar Schichten auf das entlackte Funier auf, das härtet es. Nun kann weiter gearbeitet werden, also Schleifen. Wenn die Oberfläche richtig glatt ist, dann 2 K Klarlack hochglänzend aus der Sprühdose. Aber man hat nur einen Versuch Oder 1 K Lack aus der Sprühdose mit mehren Schichten. Viel besser ist der dran der mit Kompressor und Sprühpistole was machen kann.
das mit dem Abbeizer versuche ich mal, besten Dank für den Tipp.
@Rainer: die Drahtfunk-Seite kannte ich noch gar nicht. Der HF-Telephonrundspruch in der Schweiz lebte übrigens bis 1998, schon fast rekordverdächtig lange, und danach gab es noch Umsetzer von UKW auf TR, um die Geräte in den Spitälern und Hotels weiterhin mit Programmen zu versorgen. Mittlerweile sind sie aber Geschichte. Auf "biennophone.ch" gibt es übrigens eine schöne Sammlung von Biennophone-Geräten und die Geschichte des Telephonrundspruchs (werbefrei und privat). Noch zur Technik: im Gegensatz zu ausländischen HF-Drahtfunknetzen war der Schweizer HF-Telephonrundspruch flächendeckend. Er musste aber abonniert werden, sonst wurde kein HF-Signal auf die Leitung geschaltet, dadurch war Schwarzhören nicht möglich. Der Kanalabstand wurde mit 33kHz sehr gross gewählt, so dass die Programme in UKW-Qualität übertragen werden konnten, was auch gemacht wurde, was einen LW-Bereich von 150..350kHz erforderte. Allerdings war diese Qualität nur mit speziellen TR-Empfängern möglich, normale LW-Empfänger schnitten den Hochtonbereich mit dem zu schmalen Bandfilter ab. Durch bewusstes Verstimmen, so dass nur ein Seitenband durchkam, konnte die Tonqualität aber gegenüber LW- und MW-Sender trotzdem wesentlich verbessert werden, und Störgeräusche gab es keine.
Das Gerät darfst du natürlich in das Museum aufnehmen, ich würde aber noch warten, bis das Gehäuse restauriert ist.
Gruss HB9
Hallo HB9,
habe Deine Hinweise mit in meine Drahtfunkseite mit aufgenommen.