es geht weiter. Heute habe ich die Elektronik in Ordnung gebracht. Das Gerät funktionierte zwar, aber es gab einerseits Kabel mit verfaulter Isolation und das Schattenmeter nutzte nur etwa einen Drittel des Messbereichs. Weiter stimmte die Skala nicht ganz und der MW-Bereich endete etwas zu früh. Das Problem mit dem Schattenmeter war schnell gelöst. Dieses misst den Anodenstrom der HF-Vorstufe, der bei steigendem Empfangspegel durch die Regelung reduziert wird. So wie es aussieht, hat die Röhre etwas wenig Emission, jedenfalls lag der Anodenstrom deutlich zu tief. Da die ZF-Röhre vom selben Typ ist, habe ich die beiden einfach getauscht, und jetzt ist alles gut. Wenn mir mal eine neue über den Weg läuft und bezahlbar ist, werde ich wohl zugreifen, diese Typen sind ja nicht mehr handelsüblich. Aber Verstärkung hat sie noch ausreichend, die Empfindlichkeit ist sehr gut und die Schwundregelung arbeitet schlicht perfekt.
Zur Verdrahtung: Hier gibt es drei Arten von Drähten: 1. Volldraht mit getränktem Stoffgeflecht als Isolation: fast neuwertig, kein Handlungsbedarf 2. gummi-isolierte Litzen, welche nie bewegt werden: so lassen wie sie sind, dann ist es ok, auf keinen Fall verbiegen! 3. gummi-isolierte Litzen, die sich bewegen oder bewegt wurden: Gummi bröckelt ab, Kurzschlussgefahr, müssen ersetzt werden:
Es gab einige Litzen vom Typ 3, insbesondere die Verbindung zum Lautsprecher, die netzseitige Verkabelung und die Verdrahtung des Schattenmeters und der Skalenbeleuchtung. Um Kurzschlüssen vorzubeugen, habe ich diese Verdrahtung neu gemacht. Ebenfalls zu diesem Typ gehöhren die Gitteranschlüsse der HF-. Mischer- und ZF-Röhre. Da hier aber keine hohen Spannungen anliegen und auch keine Defekte bei Kurzschlüssen entstehen (ausser dass das Gerät nicht funktioniert), habe ich diese gelassen, denn teilweise sind sie unzugänglich, und man kann sie problemlos so biegen, dass sie nichts berühren.
Weiter habe ich noch den Netzschalter kuriert, der ist jetzt wieder funktionsfähig. Auch die Schalterkontakte vom Wellenschalter sind gereinigt und haben keine Kontaktprobleme mehr. Da dies offene Kontakte sind, war das sehr einfach möglich.
Bei der Neuverdrahtung der Skalenbeleuchtung stellte ich noch fest, dass die Skalenbirnchen schwarz waren, daher habe ich sie ersetzt, so erstrahlt die Skala in alter Frische, in der Mitte das Schattenmeter mit einem Sender mittlerer Feldstärke (je höher die Feldstärke, umso länger das leuchtende Band):
Der Abgleich war einfach: Der Oszillator kann mit zwei Trimmern für das untere und obere Ende auf Deckung mit der Skala abgeglichen werden. Die beiden Eingangskreise haben nur einen Trimmer für das obere Ende, so ist dieser Abgleich ebenfalls einfach. Die Spulen sind nicht abgleichbar und auch die Kondensatoren für die Eingangskreise sind für LW und MW dieselben und werden für MW abgeglichen. Der Gleichlauf und auch der Abgleich auf LW stimmen sehr gut. Die ZF-Schwingkreise haben ebenfalls Trimmkondensatoren für den Abgleich, die Spulen sind nicht abgleichbar. Der ZF-Teil stimmte jedoch exakt, da gab es nichts abzugleichen. Die Ablesegenauigkeit auf der Skala ist übrigens trotz der eher kurzen Skala sehr gut, man kann problemlos auf MW auf 10kHz genau ablesen, und da der Zeiger ein senkrecht zur Skala stehender Blechstreifen ist, sieht man auch gut, ob man gerade oder schräg auf die Skala schaut. Allerdings wären ein paar Zahlen zur Frequenzangabe nützlich gewesen, und auf LW gibt es nur die Skala in Wellenlängen. Offenbar waren damals Frequenzen noch nicht gefragt.
Hier noch ein paar Bilder:
Der etwas spezielle Skalenantrieb: Der eigentliche Antrieb erfolgt mit einem Reibrad, der Seilzug ist nur für den Skalenzeiger.
Eine schwarze Skalenbirne:
Der grosse und massiv gebaute Drehko:
Nun ist das Gehäuse dran. Die Inspektion ergab, dass der Lack weg muss, da es zu viele schadhafte Stellen hat, und fliessende Übergänge von 'alt' nach 'neu' sehen nicht gut aus. Ansonsten ist das Gehäuse in einem sehr guten Zustand, auch die Lautsprecher-Bespannung ist noch gut. Lediglich das aufgemalte Biennophon-Logo, das sowieso nur noch teilweise lesbar war, muss (vorerst) dran glauben. Vielleicht lasse ich es später mal per Siebdruck wieder aufdrucken.
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der Beitrag war schon zu lang, daher hier die Antwort auf deinen Tipp.
Die Variante mit Azeton kenne ich, ich nutze sie aber nur für die Behebung kleinerer Kratzer durch Anlösen des Lacks, dazu am besten den Azeton mit dem Pinsel auftragen. Pinselreiniger geht übrigens noch besser, muss nach der Applikation aber länger getrocknet werden.
Dieses Gehäuse ist sehr stabil gebaut, teilweise Massivholz und dort, wo es furniert ist, ist das Furnier sehr dick, somit besteht keine Gefahr von Verwellen oder Ablösen und anderen Widerwärtigkeiten. Aber es gibt auch andere Gehäuse mit superdünnem Furnier, da sieht es natürlich anders aus. In diese Kategorie gehört (leider) der Philips 736a, der bei mir noch in der Pipeline ist. Das Gehäuse ist ziemlich mies dran, die Elektronik ist vollständig, aber wie gut der noch ist, weiss ich nicht. Aber bei einer Gratis-Beigabe kann man nicht Nein sagen, und es ist der erste industrielle Geradeausempfänger, den ich in die Finger bekommen habe
Nach einer klebrigen Sauerei ist der Lack jetzt entfernt und das Gehäuse am Trocknen. Gegenüber Schleifen geht Abbeizen aber eindeutig besser und die Farbe bleibt erhalten. Was unter dem Lack hervorkam, ist ganz erfreulich. Fast keine Schäden, kein Holzwurm, Risse oder ähnliche Widerwärtigkeiten. Dass die Farbe nach 80 Jahren nicht mehr überall gleich ist, ist ja klar, denn der unterschiedliche Lichteinfluss verfärbt das Holz mit der Zeit. Das lasse ich aber so, höchstens beim Deckel wird etwas korrigiert, die linke hintere Ecke ist deutlich dunkler und ganz hinten hat es auch einen kleinen Schaden.
Eine gute 78 kannst Du von mir gegen Portoersatz bekommen. Weiteres bitte per PN.
Ein Philips 736A Superinductance lohnt die Arbeit - diese Geräte standen mit den Superhet der gleichen Zeit in Bezug auf Empfangsleistung auf Augenhöhe.
nach kritischer Begutachtung im Sonnenschein und ein paar vorsichtigen Versuchen habe ich das Gehäuse frisch gebaizt, so sind die Farbunterschiede weg, und die angeschliffenen und geflickten Stellen fallen nicht mehr auf. Nun muss nur noch lackiert werden.
@Walter: Das Angebot nehme ich dankend an, ich versuche es mal mit PN. Falls nichts kommt, liegt es an der Technik
es geht weiter. Das Gehäuse ist jetzt lackiert und der Lack trocknet noch vollständig aus. Es sieht wieder richtig schön aus, tendenziell etwas dunkler als vorher, aber die Originalfarbe bleibt wohl unbekannt, und die Füsse, wo kein Licht rankam, waren schon vorher wesentlich dunkler als der Rest.
Die Beschriftung vom Wellenschalter habe ich wieder eingefärbt, so sieht er nicht nur originaler aus, man kann auch die Eistellungen wieder besser ablesen:
Hier noch die Schallwand von der Rückseite: Da wurde eine kunstvolle Struktur ausgefräst, damit einerseits für die Befestigung der Zierleisten Schraubenlöcher möglich waren, andererseits aber auch für den Schall noch ausreichend Durchlass war. Nicht gerade preisoptimiertes Design, aber auch all die übrigen Rundungen verursachten Zusatzkosten. Damals war Design den Kunden offenbar noch etwas wert, auch die Konkurrenz baute ja meistens eher aufwendige Gehäuse, Bakelitgehäuse waren ja nicht sehr verbreitet, wenn man vom Volksempfänger mal absieht.
Bei der Abstimmskala ist mir noch aufgefallen, dass diese für Röhrengeräte verkehrt herum geht, also die niedrigen Frequenzen wie bei neueren Transistorgeräten links sind. Die Art der Beleuchtung gefällt mir sehr. Hier wurde eine recht dicke Glasplatte verwendet, welche von der oberen Schnittfläche her beleuchtet wird. So bleibt das Licht auf den klaren Stellen unsichtbar, bringt aber die auf der Rückseite aufgedruckte Schrift zum Leuchten (siehe Bild in früherem Beitrag). Die Ausleuchtung ist dabei sehr gleichmässig.
Die übrigen Teile sind bereits gereinigt, so dass dem baldigen Zusammenbau nichts mehr im Wege steht.
es ist geschafft! Das Gehäuse ist wieder zusammengebaut und der Radio drin und funktioniert. Jetzt hält er wieder 80 Jahre Die Chassis-Neigung muss ich aber noch korrekt einstellen, das geht hier über von unten zugängliche Schrauben recht gut.
Hier noch ein paar Fotos aus der Werkstatt, für Rainers Museum mache ich dann noch bessere im Sonnenschein. An die Kunstwerke von Friedrich kommt er natürlich nicht ran, aber mir gefällt er. Die obere Zierleiste beim Lautsprecher war übrigens schon vorher leicht schief, eine Korrektur wäre aber heikel gewesen, daher habe ich sie so gelassen.
Meinen Glückwunsch zur gelungenen Restaurierung des achtzig jährigen "Schweizers". Mit vielen Grüßen. Wolle
Die sechs Phasen der Planung: Begeisterung, Verwirrung, Ernüchterung, Suche nach den Schuldigen, Bestrafung der Unschuldigen, Auszeichnung der Nichtbeteiligten.
Komfort: Tonblende, Schattenmeter (mechanische Abstimmanzeige), Plattenspielereingang, Anschluss für hochohmigen Zusatzlautsprecher, ein- und ausgangsseitig abgestimmte HF-Stufe
Besonderheiten: LW bis 400kHz, amerikanische Röhren, Oktode als Mischer/Oszillator, aufwendige Entbrummschaltung, präzis gefertigte, nicht abgleichbare Spulen, ZF-Abgleich mit Trimmkondensatoren. Gehäuse ist sehr massiv gebaut.