auf der Suche nach einem passenden Verstärker für meinen im letzten Jahr eher zufällig aufgetriebenen Empfänger Chelsea No. 101 habe ich ein passendes Teil ersteigert, wieder hergerichtet und fit gemacht.
Der Chelsea hat inzwischen anstelle der SPHERIA eine originale UV-200 Argonröhre erhalten, der Verstärker "General Radio Co. - 2 Step-Amplifier 215" arbeitet (noch) mit zwei UX-201A, die ein Viertel des Heizstromes einer UV-201 brauchen. Zur Schaltung erübrigt sich eigentlich wegen der Einfachheit jeglicher Kommentar. Um die "wumpus-Copyright-Problematik" zu umgehen, habe ich das Schaltbild freihändig nachgezeichnet. Das eingescannte und bearbeitete Original kann man sich bei Bedarf im RM herunterladen. Die dortigen Bilder gehören zur Seriennummer 182 während ich die Nummer 135 erstanden habe. Die beiden Verstärkerstufen sind transformatorisch gekoppelt, was damals und bei audiophilen Spezialisten auch heute wieder üblich ist. Trioden geringer Verstärkung mit den entsprechenden Impedanzen verlangen eigentlich derartige Übertrager. Im Ausgang der Endstufe wird und wurde ein 2x2000 Ohm Kopfhörer direkt angeschlossen. Der drückt fürchterlich auf die Ohren, was aber früher kein Problem war, denn der Bleisammler war schnell leer und musste meistens zum Geschäft zur Aufladung gebracht werden. Eine Aufladung zuhause konnten 1920 die wenigsten Leute selbst bewerkstelligen. Auffällig ist der dreistufige Umschalter "Detektor - Stufe 1 - Stufe 2". Das war die Luxusvariante, denn die meisten Verstärker hatten stattdessen 3 Klinkenbuchsen für den Kopfhörer. Beim Absuchen des Rundfunkbandes war man wohl dauernd am Umschalten mit der Folge, dass die beiden Röhren ihre Heizung ständig ein- und ausschalteten. Offenbar waren sie für diesen Betrieb ausgelegt. Die Neujustierung des Umschalters war zeitaufwendig und wäre ohne Schaltbild trotz der relativ einfachen Schaltung unmöglich gewesen. General Radio hat den Schalter in Eigenkonstruktion wohl sehr universell für verschiedene Geräte konstruiert.
Ich will versuchen, kurze Audioaufnahmen zu machen. Weniger um den Rückkopplungseinsatz zu demonstrieren, denn das kennen die meisten WGL Benutzer. Wie sich aber das typische Geräusch und die Verzerrungen einer gasgefüllten Detektorröhre anhören, wird kaum jemand kennen. Diese traten wegen der grundsätzlichen Unstabilitäten immer mal auf, insbesondere bei zu hohen Heizströmen oder zu hohen Anodenspannungen. Letztere sollten von vornehinein vermieden werden. Aus diesem Grund findet man bei manchen Geräten aus dieser Zeit einen 18V Abgriff an der 22,5 Volt Batterie. Eine neue Röhre konnte gut bei 22,5 Volt benutzt werden. Zündete sie aber öfter durch, musste sie ohne Anodenspannung 1-2 Tage durchgeheizt werden, um sich zu regenerieren. Dabei sank der Zündungspunkt zunehmend von ca. 24V auf 18V ab. Das sind alles Gründe, warum man dem Heizungs- potentiometer viel Augenmerk geschenkt hat. Ausserdem ergibt sich so eine negative Gittervorspannung. Die Polung der Heizung ist dabei ebenfalls zu beachten.
Die Röhre UX201A hat übrigens ganz typisch klingende Verzerrungen. Gurgelt mal "Thomas Mayer Sound Processor UX201". Ich denke, meine "Lösung" ist kostengünstiger. Auf der Internetseite sind aber phantastische Fotos der Röhre UX201A zu sehen, die die Amis auch kurz "01A" nennen. Den Frequenzgang des Trafos aus dem Jahre 1920 habe ich übrigens mit 50 Hz bis 15 kHz gewobbelt, also P.v.d.S.
@wumpus: Museum? Meine Freigabe der Fotos wie immer obligarotisch!
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die Aufnahme ist mir nicht zu meiner vollen Zufriedenheit gelungen! Das menschliche Ohr ist empfindlich und die datenreduzierenden Audio-Codecs taugen nichts! Ich habe die Aufnahme zur Tageszeit bei ansonsten leerem MW-Band auf der Frequenz 621 kHz (Sender Wawre) vorgenommen. Die Rückkopplung am Chelsea (UV-200) ist ganz zurückgenommen. Zum Beginn der Aufnahme ist der Heizstrom 0,8A und wird dann auf 1A gesteigert. Das zusätzliche Rauschen und die Übersteuerung ist der beschriebene Effekt. Zum Abend kämen noch Kreuzmodulationsstörungen durch andere Sender hinzu. Der gleiche Versuch kurz vor dem Rückkopplungseinsatz ergäbe ein fast unlesbares Signal.
Gruss Walter
Die Übertrager haben übrigens ein Windungsverhältnis 1:5
inzwischen habe ich durch Recherche herausgefunden, wie die heutige Schaltung des "audiophilen Sound Processor UX201A" aussieht. Da kann ich nur staunen: 34 Watt Input für eine Vorstufe, wow!
Ansonsten staune ich über die Empfangsleistung des 00(A)-01A-01A-Audions. Ich habe per Bodenwelle den belgischen Sender Charleroi auf 1125 kHz empfangen können. Den hatte ich in der Vergangenheit noch überhaupt nicht auf dem Schirm. Die Leistung muss bei 10 kW liegen. Kennt jemand diesen Sender und kann meine geschätzte Leistung bestätigen? Sein Pegel liegt 19dB unter dem des Senders Wawre 621 kHz.
heute bin ich einmal dazu gekommen, den historischen Verstärker samt Empfänger über einen 5,2kohm/4ohm Übertrager an einen guten Lautsprecher zu hängen. Es klang erwartungsgemäß quäkig und verzerrt. Die Aufnahme des Frequenzganges war nicht ganz einfach, denn je nach Impedanzlage am Ein- und Ausgang schwingt der Verstärker wild. Auch bei sorgfältiger Sinus-Aussteuerung bleibt der Sinus am Ausgang nur über einen kleinen Frequenzbereich erhalten. Am Ende habe ich einfach ein Voltmeter zur Ablesung parallel zu einem 3,3 KOhm Widerstand benutzt.
auch dieser Sender ist Geschichte und schaltete am 27.11.2017 um 10:50 Uhr ab. Sehenswert ist der 100m hohe selbsttragende Mast, der auch noch andere Systeme trägt und sich in einem Wohngebiet befindet. In Absurdistan wäre das undenkbar. Es darf geraten werden, wo Absurdistan liegt.
Gruss Walter
Nachtrag: Der Sender arbeitet wieder, die Abschaltung lag an der Montage von DAB+ Antennen. Bis zur flächendeckenden Versorgung Waloniens mit DAB+ sollen beide Mittelwellen weiter betrieben werden.
Nachtrag 2: Endgültige Abschaltung mit allen anderen belgischen AM-Sendern am 31.12.2018
der Hersteller dieses alten 2-stufigen Verstärkers Typ 215 "General Radio Corporation" (später in GenRad umbenannt) befasste sich eigentlich nur mit Labor- und Messtechnik aber nicht mit Radios, obwohl ein Detektor 211 im gleichen Gehäuse (!mit abstimmbarer Gitterkombination!) für die aufkommende Radioindustrie ebenfalls im Angebot war. Die Nachfolgefirma existiert noch heute und nennt sich "IET Labs Inc. - In the GenRad tradition". Im General Radio Bulletin Nr.902 ist dieser Verstärker im Mai 1920 (!) bereits aufgeführt:
Ich gehe davon aus, dass er sogar schon 1919 oder früher verkauft wurde. Er kostete 50 US-Dollar und enthielt weder Röhren noch Batterien. Die UV-201 gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Neben einer 22V-Marine-Standart-Trockenbatterie für $2,50 wurden zwei Marconi Vakuum Röhren der Klasse I oder II (?Soft-/Hard-Vacuum?) für 7$ angeboten. Das Batteriefach des Verstärkers konnte 5 der 22V-Batterien aufnehmen.
Die Unterlagen geben auch Aufschluss über die beiden eingesetzten 1:5-Übertrager des Typs 166A:
primärer Gleichstromwiderstand ca. 1000 Ohm, Wechselstromimpedanz bei 1000 Hz = 20000 Ohm sekundär für die Gitteransteuerung ca. 5000 Ohm und 300 KOhm
Im RM.org findet sich eine Zeitschriftenanzeige aus dem September 1920 - deswegen wurde dort wohl das Jahr 1920 festgelegt. Wumpus hat das wohl auch richtig recherchiert. Ich selber ging bisher von 1923 aus.