beim Blick in alte Transistor-Radios - selbst Taschenradios mit kleinsten Ausgangsleistungen - fällt auf, daß als NF-Endstufen sehr häufig Gegentakt-B-Verstärker mit 2 NF-Übertragern zum Einsatz kamen, wo doch "eisenlose" Gegentakt-AB-Verstärker vom Aufbau her viel einfacher sind. Hat jemand eine Idee, warum man das damals so (kompliziert) gemacht hat?
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31.10.06 20:43
roehrenfreak
nicht registriert
31.10.06 20:43
roehrenfreak
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Re: NF-Endstufen in Transistor-Empfängern
Guten Abend Stefan,
der Grund für diese Schaltungstechnik dürfte wohl in den damaligen, noch verhältnismäßig hohen Kosten für (Leistungs-)Transistoren zu finden sein. So eine trafo-gekoppelte Endstufe bringt noch einen gewissen Verstärkungsfaktor, da die Transistoren ja in Emitter-Schaltung betrieben werden. Das sparte mindestens einen Transistor ein und war billiger trotz der Trafos. Die "eisenlose" Variante liefert "nur" Stromverstärkung und ist damit quasi ein reiner Impedanzwandler für den niederohmigen Lautsprecher. In "eisenhaltigen" Endstufen wird diese Wandlung vom Ausgangsübertrager übernommen weil die Emitter-Schaltung selbst eine relativ hohe Ausgangsimpedanz hat und niederohmige Lautsprecher nicht direkt treiben kann (Fehlanpassung!). Nun hätte man doch hochohmige Lautsprecher nehmen können. Im Prinzip ja - aber die hätten eine Doppelschwingspule für den Gegentakt-Betrieb (Phasenumkehr!) erfordert. Und sowas gab´s eben nicht. Der Treibertrafo hatte etwa die gleiche Aufgabe: Phasenumkehr und Impedanzanpassung vom höherohmigen Treiber-Transistor auf die recht niederohmigen Basis-Kreise der Endstufe. Mit dem Aufkommen höherer audiophiler Ansprüche (HiFi-Norm DIN45500) und leistungsstärkerer, preiswerterer Transistoren (z.B. AC187K/AC188K für max. ca. drei Watt und AD161/AD162 für immerhin schon gut zehn Watt Ausgangsleistung) verschwanden dann letztlich die Trafos allmählich aus den Endstufen. Nur in einigen billigen Fernost-Produkten ("Henkelmänner" wie die Koffergeräte genannt wurden) hielten sie sich noch ein Weilchen länger.
Ich gebe zurück an die angeschlossenen Funkhäuser... Jürgen rf
Die Schaltung mit zwei Trafos hatte wohl den Grund, dass man die Basisspannungen der thermisch kritischen Endstufentransistoren (Germanium!) sicherer stabilieren kann als mit der später ausschließlich üblichen komplett gleichstromgekoppelten Schaltung.
Der Treibertransistor arbeitet in eine definierte induktive Last, die Endstufentransistoren bekamen eine gesonderte, von den (gleichstrommäßigen und thermischen) Befindlichkeiten der Vorstufe(n) unabhängige Basisspannung.
Wer noch mit Germaniumtransistoren gearbeitet hat weiß, was thermische Verzweiflung ist. So schnell kann man nicht einmal fluchen wie ein Ge-Tansistor, einmal "nach oben" unterwegs, sich verabschiedet. Und dabei den zweitbesten elektrischen Wohlgeruch verbreitet, dem ein Radiotechniker je begegnen kann.
(Am intensivsten riechen übrigens abgesengte Selen-Gleichrichter - Scheidung bzw. Hinauswurf aus dem Elternhaus garantiert!)
was mich nur wundert, ist, daß eben auch einfache Taschenradios (Ende 70er bis Anfang 80er) mit Si-Transistoren diese trafogekoppelten Endstufen hatten, obwohl ja die Leistung da im Milliwattbereich liegt und es dabei kaum zu thermischen Problemen kommen dürfte - zumal diese beiden Übertrager ja nicht zu den kleinsten Bauteilen zählen. Ich verwende für kleine Selbstbau-Gerätchen mit Lautsprecher z.B. gerne die folgende Schaltung, die sehr gut funktioniert und dabei mit sehr wenigen Bauteilen auskommt:
Es ist also kein zwingender technischer Grund gegeben, daß Übertrager verwendet wurden. Vielleicht waren ja einfach zwei dieser Übertrager billiger als der Elko am Lautsprecher... (?)
Zu den "eisenlosen" Leistungsverstärkern mit Ge-Transistoren: Da wurden früher ja gerne diese Kaltleiter-Widerstände verwendet, die ans Kühlblech geschraubt wurden und dadurch der "thermischen Kettenreaktion" entgegenwirkten.
ich bin zwar erst neu hier im Forum, vielleicht kann ich aber zum Thema noch was ergänzen. Wickelbauelemente zählen schon immer zu den teuersten, da in ihnen viel Material und hoher manueller Fertigungsaufwand drin steckt. Der Einsatz von Trafos ist aber historisch gewachsen. Bei Röhrenschaltungen hatten sich Übertrager und Trafos über die Jahre bestens bewährt und waren bis auf Ausnahmen Standard. Die ersten Transistoren waren bekanntermassen Germaniumausführungen mit relativ niedriger max. Verlustleistung und entsprechend niedrigen max. möglichen Strömen nebst der negativen thermischen Eigenschaften des Substrats. Auch waren die ersten Transistoren ausschliesslich pnp- Typen, so daß für die Endstufe eine vereinfachende komplementäre Schaltungstechnik noch nicht möglich war. Durch den Einsatz von Übertragern war unter diesen Bedingungen die notendige galvanische Trennung und Anpassung, sowie auch die Arbeitspunktstabilisierung möglich. Treiberstufe und Endstufe waren durch die Übertrager an ihre Belastung leistungsangepasst. Der relativ hohe Lautsprecherstrom mußte nicht direkt von den Endtransistoren aufgebracht werden, sondern lag um den Übertragungsfaktor (Übersetzungsverhältnis) darunter. Germanium- Leistungstransistoren und entsprechende Komplementärtypen ermöglichten erst später galvanisch gekoppelte eisenlose Schaltungen höherer Verlustleistung und verbesserter NF- Parameter. Ein Vorteil der Übertragertechnik ist auch die Erzeugung hoher Ausgangsleistungen bei niedrigen Betriebsspannungen. Das Prinzip wurde deshalb in Autoradios und mobilen Verstärkeranlagen (z.B. Busanlagen) auch später noch angewand.
Hallo, selbst 1963 noch kostete ein Treiber-Trafo bei Radio Arlt zur Kopplung der NF-Vorstufe an die Endstufe 2,95 DM. Der Ausgangstrafo 5,25 DM.
Zwei OC72 kamen auf zusammen auf 9,-- DM.
Demgegenüber kostete ein Paar der AD-Serie (nur bedingt für eisenlose Endstufen geeignet) pro Stück ca 15,-- DM. Erst z.B. das Paar AD161 / AD162 kam später den Vorgaben der komplimentären Eisenlosendstufe mit Germaniumtypen und höheren Leistungen entgegen.
Hallo zusammen, ja, capstan hat recht und auch Kai hat recht. Zunächst enmal gab es in den ersten Jahren schlichtweg keine komplementären Transistoren. Das darf man nicht vergessen, wenn man diese Frage beantworten richtig will. Zwar wußte man , daß sich PNP- und auch NPN-Transistoren herstellen lassen; z.B. stellte TESLA (siehe entsprechenden Thread im Forum) anfangs nur Germanium NPN-Transistoren her. Da man für Komplementärstufen aber zwei Typen braucht, deren Kennlinie zwar spiegelbildlich, aber sehr ähnlich ist (einmal positiv und einmal negativ), mußte die Technologie ersteinmal soweit sein. Die ersten Typen, die im großen Stil hergestellt wurden, waren m.W. das Komplementärpaar AC127/128. Weiter kommt dazu, daß man bei einer Komplemetärstufe an einer 9V-Spannung und einer Lautsprecherimpedanz vom 8Ohm mit einem maximalen Kollektorstrom von rund 0,5A rechnen muß. Die ersten Endstufentransistoren konnten aber nur 100mA verkraften. Also hat erst der technologische Fortschritt den Bau der sehr viel einfacheren Komplementärendstufen ermöglicht. Die anderen Probleme wie z.B. Temperaturstabilisierung, treten immer auf und müssen bei Trafokopplung ebenso wie bei den "eisenlosen" Komplementärendstufen gelöst werden. Es gab natürlich sehr früh vereinzelt Versuche mit speziell ausgesuchten Transistoren, z.B. auch Ge-PNP mit Si-NPN kombiniert. Auch hat man das Problem des hohen Kollektorstroms durch Lautsprecher hoher Impedanz bzw. durch einen einzigen Ausgangsübertrager ohne Gegentaktwicklung umgangen. Das alle zeigte aber nur, daß eine eisenlose Endstufe eine ganze Reihe von Vorteilen bietet - davon wurde wiederum die Entwicklung getrieben, endlich passende Transistoren bereitzustellen. Es ist eben immer das Gleiche HH
Wer noch mit Germaniumtransistoren gearbeitet hat weiß, was thermische Verzweiflung ist. So schnell kann man nicht einmal fluchen wie ein Ge-Tansistor, einmal "nach oben" unterwegs, sich verabschiedet. Und dabei den zweitbesten elektrischen Wohlgeruch verbreitet, dem ein Radiotechniker je begegnen kann.
(Am intensivsten riechen übrigens abgesengte Selen-Gleichrichter - Scheidung bzw. Hinauswurf aus dem Elternhaus garantiert!)
Hallo PL36 (die wunderschöne Zeilenendröhre und nicht nur dafür)
dieser Abschied kam oft mit einem Knall weil die Transistorkappe unvermittelst wie eine Rakete dahinflog... uups...was war denn das jetzt wieder..?
Ich gebe zurück an die angeschlossenen Funkhäuser... Jürgen rf
Hallo! Bei den trafogekoppelten Endstufen hatte ich früher die wenigsten Probleme.Vor allem die 1 Watt-Endstufen mit 2 x GC 301 waren recht zuverlässig.In den Komplementär-Endstufen mit AC 187/AC 188 o.ä.gab es mehr Ausfälle.Auch in den Quasi-Komplimentär-Endstufen,wo sie als Treiber fungierten,gaben sie öfter den Geist auf.Zum Teil lag es an der mangelhaften thermischen Stabilität.Die niedrige Grenzfrequenz der NF-Transistoren hat auch für ein schnelles (meißt mit Knall und Rauch) Ableben gesorgt,wenn die Schaltung ins Schwingen geriet.Wer konnte das damals mit seinen Amateurmitteln überprüfen.