Re: Einkreiser-Konzeptvergleich: Gitteraudion+Endröhre (0V1) vs. Reflexstufe+Anodenaudion (1V1)
Hallo Herrmann,
ja das Thema Spanngitterröhren reizt auch mich immer noch ungemein. Obwohl ich vor einigen Jahren meine Audionversuche damit abgebrochen habe. Ich habe sie nicht oder zumindest kaum bändigen können. Einzig die EF184 konnte ich in einen Standard-Audion für Mittelwelle gut zum Laufen bringen. Im direkten Hörvergleich mit einer optimal eingestellten EF80 konnte ich allenfalls ein geringeres Rauschen wahrnehmen. Außer meinen Ohren habe ich keine weiteren Messmittel eingesetzt. Kann sein, dass im höherfrequenten Kurzwellenbereich der Unterschied deutlicher geworden wäre... Interessanterweise habe ich zwischen meinen zahlreichen EF184 teilweise deutliche Exemplarstreuungen festgestellt, was ich bei diesem Röhrentyp so nicht erwartet hätte. Man hätte beim Röhrenwechsel jedes Mal neu einstellen müssen. Glücklicherweise habe ich vor 20-25Jahren auf Amateurfunk-Flohmärkten sehr viel moderne Röhren für sehr wenig Geld gekauft, u. a. die mittlerweile zu Mondpreisen gehandelten Doppeltrioden. Das reicht für mehrere Bastlerleben. Wenn es mich packen sollte, werde ich mit meinem Kaskodenaudion einen neuen Versuch starten und von ECC85 auf die E88CC umstricken, da dieses Gerät bis zum 15m Amateurband empfängt. Vielleicht sogar auf Nuvistoren, aber das wäre dann nichts mehr für Röhrenpuristen Gruß Jürgen
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Re: Einkreiser-Konzeptvergleich: Gitteraudion+Endröhre (0V1) vs. Reflexstufe+Anodenaudion (1V1)
Hallo Jürgen,
Zitieren:Einzig die EF184 konnte ich in einen Standard-Audion für Mittelwelle gut zum Laufen bringen. Im direkten Hörvergleich mit einer optimal eingestellten EF80 konnte ich allenfalls ein geringeres Rauschen wahrnehmen. Außer meinen Ohren habe ich keine weiteren Messmittel eingesetzt. Kann sein, dass im höherfrequenten Kurzwellenbereich der Unterschied deutlicher geworden wäre
Spanngitterröhren haben ja einen geringeren Gitter-Katoden-Abstand und ein feiner gewickeltes Gitter. Dadurch muß also der Gitteranlaufstrom viel ausgeprägter sein. Das Gitter taucht gewissermaßen tiefer in die durch Glühemission hervorgerufene Elektronenwolke ein und wird stärker negativ geladen und zügiger nachgeladen. Hast Du bei der EF184 die selbe Gitterkombination verwendet wie bei der EF80? Ich vermute, daß das Gitter der EF184 mit z.B. 2MOhm Gitterableitwiderstand bereits so zugestopft wird, daß der Audion-Arbeitspunkt an einer ungünstigen, wenig steilen Stelle der Röhren-Kennlinie zu liegen kommt und somit gar kein Unterschied zur EF80 hörbar wird. Erschwerend kommt bei diesem "zugestopften" Arbeitspunkt hinzu, daß eine ungewollte Anodengleichrichtung stattfindet. Deren NF-Phasenlage ist der NF-Phasenlage der Gittergleichrichtung entgegengesetzt, schwächt diese also. Soweit zu meinen Vermutungen. Ich kann mich übrigens an einen Schaltplan entsinnen, wo die UKW-Spanngitter-Doppeltriode ECC86 mit nur 100kOhm Gitterableitwiderstand betrieben wird.
Zum Audion-Arbeitspunkt: Wenn Du "Russen-Liliput MW-Audion" in die Suchmaschine eingibst, stößt Du auf eine Originalschaltung von Grundig, wo der Arbeitspunkt des widerstandsgekoppelten Audions ohne Signal angegeben ist. Die Anodenspannung der Audionröhre beträgt nur 30V bei einer Betriebsspannung (zwischen Anodenwiderstand und Entkopplungs-Siebglied) von 140V! Wenn man dieses Spannungsverhältnis für ein Gitter-Audion als allgemeingültig betrachtet, so ist eine Audionröhre ohne Eingangssignal weitgehend durchgesteuert, die Anodenspannung ist auf ca. 1/5 der Betriebsspannung eingebrochen. Mit stärker werdendem Signal wird durch die Gittergleichrichtung der Gitterkondensator zunehmend negativ aufgeladen, und der Audion-Arbeitspunkt verlagert sich zunehmend in ein Gebiet, welches dem A-Betrieb näherkommt.
Mit diesen Indizien und einen 2MOhm-Trimmer kann man also bei einer unbekannten Audionröhre zunächst den optimalen Gitterableitwiderstand empirisch ermitteln. Bei manchen bissigen Röhren muß die Gitterkombination geschirmt und sehr kurz direkt an der Röhre ausgeführt sein, das gilt dann natürlich auch für den Trimmer.
Re: Einkreiser-Konzeptvergleich: Gitteraudion+Endröhre (0V1) vs. Reflexstufe+Anodenaudion (1V1)
Hallo Herrmann,
die Spannungsangaben in der Grundigschaltung decken sich genau mit meinen Ergebnissen bzw. Einstellungen. Ich habe bei allen meinen Pentodenaudionen (EF80/89/95) die G2-Spannung bei ca. 20 -30V und die Anodenspannungen bei ca. 30 - 50Volt einjustiert. Ich dimensioniere den Gitterkreis mit der Rückkopplungsspule derart, dass der Punkt des Schwingungseinsatzes ungefähr in diesen G2-Spannungsbereich fällt. Du hast recht mit der Annahme, dass ich immer die gleiche Gitterkombination benutze. (2,2m u. 100pF) Scheint ein altes "Gesetz" zu sein... Ich habe zwar auch schon andere Widerstände probiert. Da sich aber am Ergebnis rein subjektiv praktisch nichts änderte, blieb es bei 2,2m. Auf Deine Anregung hin habe ich mal gemessen und probiert. Bei meiner aktuellen Schaltung mit EF95 stellt sich bei 2,2m eine UG von ca. -0,8Volt ein. Änderung auf 1m ergibt -0,65 Volt. Erst eine Absenkung auf 100k bringt eine deutliche Verminderung auf -0,35V. Alles bei ruhendem Audion. Alle anderen Spannungen haben sich entsprechend geändert. Die Rückkopplung setze dann bereits bei 13Volt UG2 ein. Anodenspannung dabei über 100Volt. Hätte den Rückkopplungspfad anpassen müssen, um wieder auf die 25Volt zu kommen. Darauf habe erstmal verzichtet. Der Empfang war prinzipiell ok, aber deutlich leiser. Dein Beispiel mit der ECC86 ist demnach durchaus nachvollziehbar. Aus der Literatur weiß man, dass der Gittergleichrichter mit 0Volt Vorspannung betrieben wird. Aber wie geht das? Der Anlaufstrom erzeugt am Gitter immer eine negative Spannung, mal mehr mal weniger, aber immer deutlich im Minus. Theoretisch kann ich 0 Volt einstellen bei Wegfall des Ableitwiderstandes, dann muß ich auch auf die NF verzichten. Verstehe ich da was falsch? Ich habe zwar Schaltungsvorschläge vorliegen, die eine Änderung der Gittervorspannung (unter Beibehaltung des Ableitwiderstandes) bewirken, in dem ein veränderlicher Widerstand in die Katodenleitung eingefügt wird. So erreicht man erst recht nicht Null, nur die Wahl zw. viel und weniger Minus. Wobei weniger Minus immer noch ca. -1Volt bedeuten, je nach verwendetem Ableitwiderstand. Wie erreiche ich bei indirekt geheizten Röhren annähernd 0Volt Gittervorspannung, ohne eine gesonderte Spannungsversorgung für diesen Zweck zu bauen? Ist das überhaupt realistisch? Ich habe so etwas noch nirgends gesehen.
Re: Einkreiser-Konzeptvergleich: Gitteraudion+Endröhre (0V1) vs. Reflexstufe+Anodenaudion (1V1)
Hallo Jürgen,
Zitieren:Aus der Literatur weiß man, dass der Gittergleichrichter mit 0Volt Vorspannung betrieben wird. Aber wie geht das? Der Anlaufstrom erzeugt am Gitter immer eine negative Spannung, mal mehr mal weniger, aber immer deutlich im Minus. Theoretisch kann ich 0 Volt einstellen bei Wegfall des Ableitwiderstandes, dann muß ich auch auf die NF verzichten. Verstehe ich da was falsch?
Das Funktionsprinzip eines Audions mit Gittergleichrichtung ist eines der am schwersten zu verstehenden Phänomene bei Röhrenschaltungen. Denn die einfachen Aussagen die wir aus Bastel- und Lehrbüchern kennen, widersprechen sich einander:
Wenn das Gitter gegenüber der Katode positiv ist, fließt Gitterstrom. Eine Gleichrichtung erfolgt an der Gitter-Katoden-Diode. Durch den Gitteranlaufstrom bekommt das Gitter eine negative Vorspannung im Voltbereich. Die Signalspannungen bewegen sich im Millivoltbereich.
Wie kann also eine Gittergleichrichtung stattfinden, wenn das Gitter ständig negativ vorgespannt ist, und zwar mit einer weit höheren Spannung, als die Signalspannung Uss?
Zunächst einmal muß man sich bewußt machen, daß die Katoden-Gitter-Strecke ein eigene elektrische Energiequelle ist. Ein winziger Teil der thermischen Energie der Katode wird durch Glühemission und Gitteranlaufstrom in elektrische Energie gewandelt. Die Spannung dieses thermoelektrischen Generators kämpft gegen die von außen generierte Gittervorspannung an.
Das bedeutet also, daß Aussage 1 der Liste schon mal nicht exakt stimmt. Auch bei negativen Gittervorspannungen fließt noch ein Gitterstrom, wenngleich dieser ungleich winziger ist als beim Anlegen einer äußeren, positiven Gittervorspannung. Bezeichnenderweise wird dieser eigenständige Gitterstrom Gitteranlaufstrom genannt. Die Elektronen bisitzen gewissermaßen durch die Glühemission soviel Anlauf, daß sie ohne fremde elektrische Felder bis zum Gitter geschleudert und in dieses eindringen können, trotz dessen schwacher negativer Ladung.
Die Gitteranlaufspannung - die Leerlaufspannung des thermoelektrischen Generators - ist weit höher als die gleichzurichtende Signalspannung. Der Gitteranlaufstrom fließt über den Gitterwiderstand ab. Der Innenwiderstand des thermoeletrischen Generators und der Gitterwiderstand bilden einen Spannungsteiler, der die negative Gittervorspannung bestimmt. Somit wird die Gitter-Katoden-Diode ständig in Durchlaßrichtung betrieben! Der Gitterkondensator lädt sich um den Betrag der Gittervorspannung auf. Eine Signalwechselspannung würde einen kleinen Wechselstrom hervorrufen, der dem weit größeren Gitteranlaufstrom überlagert ist. Die Gitter-Katoden-Diode wird zu keinem Zeitpunkt in Sperrichtung betrieben! Somit wären beide Halbwellen des Signalwechselstromes deckungsgleich und der Kondensator würde seine mittlere Ladung nicht ändern.
Wie kann es also zu dieser mysteriösen Gittergleichrichtung kommen? Ich habe ein Ersatzschaltbild der Katoden-Gitter-Strecke entworfen, welches Licht ins Dunkel bringen soll.
Kernpunkt der Erkenntnis ist, daß die Gittergleichrichtung nicht am Vakuum-Gitterdraht("Anoden")-Übergang stattfinden kann, so wie wir es z.B. beim Netzgleichrichter gewohnt sind. Die Signalspannung ist viel zu klein, um eine entgegengesetzte Summenspannung zu erzeugen und somit diesen Gleichrichter in die Sperrphase zu bringen!
Das Geheimnis muß sich irgendwo zwischen Gitter und Katode befinden. Um die Katode bildet sich bekanntlich durch Glühemission eine Elektronenwolke, auch Raumladung genannt. Die Wolke hat keine scharf begrenzten Ränder, sondern deren Dichte nimmt mit wachsender Entfernung zur Katode stetig ab, etwa so, wie die Dichte eine Atmosphäre mit zunehmenden Abstand zum Planeten stetig abnimmt. Das Gitter taucht in diese Wolke ein. Diese Wolke hat (im Gegensatz zur Planetenatmosphäre!) eine sehr entscheidende Eigenschaft: Da Elektronen eine verschwindend kleine Eigenmasse haben, ist diese Wolke sehr leicht beweglich. Sie reagiert regelrecht nervös auf kleinste Änderungen des elektrischen Feldes zwischen Gitter und Katode. Lassen wir nun die mittlere Gittervorspannung um den Betrag einer kleinen Signalwechselspannung pendeln! Die positive Halbwelle einer kleinen Signalwechselspannung zerrt die Wolke mit spielerischer Leichtigkeit etwas auseinander. Das Gitter taucht plötzlich in dichtere Schichten der Elektronenwolke ein und Gitteranlaufspannung und -strom erhöhen sich überproportional. Etwas anders verhält es sich bei der negativen Halbwelle: Die Wolke wird zwar etwas zusammengedrückt, aber nicht in dem Maße, wie sie bei positiver Halbwelle auseinandergezerrt wurde. Denn je stärker die Wolke in Richtung Katode gedrückt wird, um so stärker wird der Gegendruck durch die sich dort im weit stärkerem Maße tummelnden freien Elektronen. Das Resultat ist, daß die positiven und negativen Halbwellen des überlagernden Signalwechselstroms nicht mehr deckungsgleich sind.
Re: Einkreiser-Konzeptvergleich: Gitteraudion+Endröhre (0V1) vs. Reflexstufe+Anodenaudion (1V1)
Teil 2
Der resultierende Gitteranlaufstrom nimmt also bei positiver werdender Gitterspannung überproportional zu, bei negativer werdender Gitterspannung jedoch unterproportional ab. Das heißt, die Kennlinie der Elektronenwolken-Diode ist gekrümmt. Wir haben es mit einem negativen differentiellen Innenwiderstand zu tun.
Diesen negativen differentiellen Innenwiderstand habe ich im Ersatzschaltbild mit einer Glimmlampe symbolisiert - wenngleich das reale Bauteil "Glimmlampe" natürlich mit ganz anderen Spannungsverhältnissen betrieben wird, und eine "Zündspannung" bei der Elektronenwolke nicht existiert. Ein bestimmter Abschnitt der Glimmlampenkennlinie ähnelt jedoch der Kennlinie unserer Elektronenwolke - und nur darum geht es.
Wenn positive und negative Halbwellen eines Wechselstromes flächenmäßig nicht mehr gleich groß sind, ist die Gleichrichterbedingung bereits erfüllt. Der Gitterkondensator lädt sich durch den resultierenden Gleichtrom solange auf, bis dessen Spannung der Summe aus Gittervorspannung und Scheitelwert der Signalwechselspannung erreicht. Da von dessen zusätzlicher Ladung ständig etwas über den Gitterableitwiderstand abfließt, muß er ständig etwas durch die Signalwechselspannung nachgeladen werden.
Die Höhe der mittleren Gittervorspannung wird also durch die Höhe der Signalwechselspannung bestimmt, was nichts anderes als eine Hüllkurvendemodulation bedeutet. Die NF tritt also bereits mit noch stark überlagerter HF am Gitter auf. An der Anode ist daher Richtung NF-Pfad eine Unterdrückung der mitverstärkten HF notwendig.
Ich hoffe, mit meinem prosahaften und wenig abstrakten Erklärungsversuch das Verständnis für die Gittergleichrichtung erleichtert zu haben.
Re: Einkreiser-Konzeptvergleich: Gitteraudion+Endröhre (0V1) vs. Reflexstufe+Anodenaudion (1V1)
Hallo Herrmann,
vielen Dank für die sehr anschauliche Beschreibung der Gittergleichrichtung, besonders das Ersatzschaltbild ist gelungen. Das dürfte auch für andere hier sehr interessant sein. Ich habe in den letzten Tagen eine Menge Bücher gewälzt und tatsächlich gibt es sehr unterschiedliche Darstellungen der Wirkungsweise, in reinen Bastelbüchern verständlicherweise sehr vereinfachte. Es scheint so zu sein, dass die Forderung nach 0 Volt Vorspannung eher in älteren Publikationen zu finden ist, da bei älteren Röhrenkonstruktionen so leichter ein Gitterstrom erreicht werden konnte. Bei den modernen Röhren ist das nicht mehr notwendig. da der notwendige Gitterstrom sich auch trotz des durch den Gitterwiderstand negativ vorgespannten Gitters einstellt. Ich will es aber genau wissen und demnächst eine Versuchsschaltung aufbauen. Mit Hilfe einer von außen aufgezwungenen Gittervorspannung will ich dann die Auswirkungen messen. Im Band 2 der "Schule des Funktechnikers" wird eine solche Versuchsanordnung gezeigt. Bin besonders auf die Spanngitterröhren gespannt.
Re: Einkreiser-Konzeptvergleich: Gitteraudion+Endröhre (0V1) vs. Reflexstufe+Anodenaudion (1V1)
Hallo Jürgen,
vielen Dank für das Lob. Auf Deine Versuchsreihe bin ich gespannt. Hätte ich die Ressourcen, würde ich gerne mal eine Gittergleichrichtungs-Simulation mit einer Glimmlampe und einem AM-Generator mit nur wenigen kHz Trägerfrequenz aufbauen.
Re: Einkreiser-Konzeptvergleich: Gitteraudion+Endröhre (0V1) vs. Reflexstufe+Anodenaudion (1V1)
Hallo Zusammen!
Bitte bei der Audion Erklärung bedenken das bei sehr kleinen Gitterwechselspannungen ~ 50 mV eine Expontialkennline, die auch durch eine eine quadratische Kennlinie ersetzt werden kann zugrunde gelegt werden muss. Die PFL 200 hat einen großen Schirmgitterdurchgriff von fast 3% des F Systems, hier könnte ein Ansatz zur "Bändigung" sein.