100 jahre alter Volksempfänger, 19 Dec. 2005 15:34
Es ist zwar noch nicht Hoch-Fasching, aber ich habe mir mal so die größten Patzer aus einem bekannten Internet-Auktionshaus zusammengesucht und daraus folgendes gemacht:
--------------------- 100 Jahre alter kultiger Volksempfänger von Grundig, spielt noch voll gut, über den Zustand kann ich nichts sagen, weil keine Stromstrippe dran ist. Aussehen total Flash-Light. Der Lausprecher müßte mal neu bepappt werden. Der Stoff muß kaum genäht werden. Die Lampen sind nicht mehr drinn, weil sie so schwarz waren. Sieht voll total krass aus, du kriegst da voll die Krise.
Ich habe eine gute neue Scheibe eingesetzt, kann man sie ja schön beschriften. Die Schmiere aus dem silbernen Becher habe ich schon weggemacht, braucht nur noch gestaubsaugt werden.
Design mega-[BAD]. Die Chance für dich. Rarität. Selten. Wertvoll. -------------------------
Helmut
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Wumpus
Moderator 638 Beiträge Messages RE: 100 jahre alter Volksempfänger , 20 Dec. 2005 09:46
Hallo Helmut, ja, ja die Volksempfänger. Ich habe diese Offerten mit "100 Jahre, Volksempfänger von Grundi(n)g, auch schon bei *(W)* gesehen. Auch hier im Forum gab es schon etwas zum Thema. Es ist eben so, daß für viele jüngere Menschen jedes altes Radio ein Volksempfänger ist und natürlich DIE Rarität (obwohl eigentlich Massenware).
Und diese Widersprüche "Gut in Ordnung " und "geht aber nicht" veraten einfach einen unkleveren "Dummbeutel". Es bei *(W)* wie im Leben: Dummeltum verhindert großen Verkaufserfolg.
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100 jahre alter Volksempfänger , 22 Dec. 2005 11:14
Hallo, Ich möchte euch an dieser Stelle eine kleine Geschichte erzählen. Es war im Frühjahr diesen Jahres. Eine Jahreszeit also in der man sich gefahrlos draussen aufhalten kann ohne das einem gleich die zum Radiohören wichtigen Ohren wegfrieren. Praktischerweise finden zu der Zeit dann auch vermehrt Flohmärkte statt. Das sind so Märkte auf denen alte ausgelatschte Schuhe angeboten werden. Manchmal auch das eine oder andere Radio. Das will man sich doch nicht entgehen lassen. Ausserdem immer nur *(W)*, wer will das schon auf dauer. Also mit Kennerblick die Tapeziertischauslagen begutachten, mit Röntgenaugen die Kartons unter den Tischen durchleuchten. Wie so oft nichts besonderes dabei. Gut dann werden eben Bakelitstecker gekauft, die kann man immer mal irgendwie gebrauchen. Die Kiste voll die man zu hause stehen hat, könnte in ein bis zweihundert Jahren aufgebraucht sein. Und dann? Bevor man mit leeren Händen geht, besser als gar nichts.
Doch was ist das? Ist dieser längliche Gegenstand ein Radio, den dieser kleine Knirps da stolz vor sich herträgt? Ja es ist eins, zwar kein interessantes für mich, aber immerhin ein Radio. Was hast du denn da schönes, frage ich obwohl ich längst erkannt habe, das es sich um ein Loewe Opta Planet Modern handelt. Darauf erklärte mir der Kleine (etwa 10 Jahre) ganz stolz, das es sich um einen Volksempfänger handelt der schon ganz uralt ist aber trotzdem noch spielt. Natürlich ist mir das Strahlen in seinen Augen und der Stolz, das ihm das Teil nun gehört nicht entgangen. Bei allem Wissensüberdruck der sich nun in meinem Hirn zusammenbraute, NEIN das wollte ich nicht zerstören. Sollte ich diese zarte Pflanze der Begeisterung zertreten? Was folgt dann? Wird das Radio zu hause lustlos in die Ecke gestellt, weil es doch nicht so besonders ist? Da ist es doch besser diesem jungen Mann seinem Glauben zu lassen etwas gutes und damit interessantes zu haben. So habe ich ihm mit auf seinem Weg gegeben, das er Glück gehabt hat weil ich es nicht eher entdeckt habe und das er gut auf das schöne Stück aufpassen soll. Wenn erst mal die Begeisterung da ist, vielleicht wird noch mehr draus und somit noch weitere Radios. Eines fernen Tages kommt dieser junge Mann dann schon von selbst durch die Beschäftigung mit der Materie darauf, was ein Volksempfänger ist und was nicht.
Ich gebe zu, ich wusste es auch nicht immer. Woher denn auch? Für meinen Vater war jedes Röhrenradio ein Volksempfänger. Wie hätte ich es da besser wissen sollen? Irgendwann wusste ich was ein Volksempfänger ist. Von da ab habe ich versucht anderen zu erklären, wenn sie irrten. Vergebens, es kommen immer wieder neue Menschen in mein Leben die Röhrenradios grundsätzlich für Volkempfänger halten. Mittlerweile habe ich den Begriff Volksempfänger als eine Art Oberbegriff für alte Radios akzeptiert. Zu fest ist der Glaube daran in der Bevölkerung verankert. Es ist leichter für mich meinen Wissensü
Hallo Daniel, das ist schon klar: Wer es (noch) nicht besser weiß, nennt eben ein altes Radio einen Volksempfänger. Es scheint aber eine Besonderheit zu sein. Wie ich das meine? Nun fragen wir doch mal fiktiv einen solchen Grundig-Volksempfänger-Anbieter, wie er ein ihm auf einem Foto gezeigtes Auto "Opel Kapitän" von 1954 nennt: Volkswagen? Er wird eher sagen, den kenne ich nicht und Volkswagen nicht sagen.
Ich biete ja manchmal in *(W)* meine CD 2, "Informationen für Sammer" an. Da steht dann auch der Hinweis: "Ist jedes alte Radio ein Volksempfänger?" . In den nächsten Tagen kann ich immer mit *(W)*-Rückfragern rechnen, die genaueres wissen wollen, ohne die CD zu ersteigern. Ich habe da schon mal 25 Nachfragen bekommen!
MFG Rainer
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Daniel
RE: 100 jahre alter Volksempfänger , 23 Dec. 2005 21:23
Hallo Rainer, Das sich der Begriff Volksempfänger für "altes Radio" in der Bevölkerung so festgesetzt hat ist in der Tat ein Phänomen. Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, das da die Geschichte eine gewisse Rolle spielt. Der Volksempfänger wurde sehr von der damals herrschenden Regierung propagiert. Viele sind durch diese Geräte mit der Technik "Radio" überhaupt erstmalig in Berührung gekommen. Man darf auch nicht ausser Acht lassen, wie sehr die damalige Na-zipropaganda darauf ausgerichtet war im Unterbewusstsein zu wirken. So war es vielleicht möglich, das für viele Radio gleich Volksempfänger bedeutet hat. Nach dem Krieg war das Wort Volk möglicherweise nicht mehr so gern gehört, da zu oft von den Na-zis gebraucht. Dann wurde eben Radio gesagt. Die alten Geräte aus der Na-zizeit blieben aber irgendwie Volksempfänger wegen der Abgrenzung zur unschönen Geschichte. Natürlich verwischen solche Grenzen im Laufe der Zeit immer mehr und so werden dann auch ältere Nachkriegsgeräte so genannt. So oder ähnlich könnte es sein. Ich denke so geanau wird man es nie nachvollziehen können. Interessanter Weise gibt es unter den Leuten die glauben altes Radio gleich Volkempfänger 2 Gruppen. Die einen nennen jedes Radio, das ein parr Jahre auf dem Buckel hat, Volksempfänger und die etwas "schlaueren" ziehen eine Grenze bei der Einführung des Transistors.
Das Lesen dieser Beiträge macht immer wieder Spaß. Danke, Rainer, daß Du sie trotz der Umzüge des Forums retten konntest. Ich betreibe nun seit über 20 Jahren einen transistorisierten Empfänger in originalen Gehäuse des Volksempfängers VE301W, ursprünglich von Seibt. Von außen ist diese Änderung nicht erkennbar. Der geplante Verwendungszweck zweier Gehäuse des VE war eigentlich ein anderer. Ich wollte diese als Lautsprecherboxen für einen Stereoverstärker zur Wiedergabe der rückwärtigen Informationen verwenden. Durch meinen Umzug war diese Anwendung aber nicht mehr möglich. So baute ich in einem Gehäuse die Leiterplatte eines Nostalgieradios vom Leiterplattenwerk Neuruppin ein. Die Abmessungen der Platine und die Abstände der Bedienelemente stimmten völlig überein, auch die originale Skalenscheibe ließ sich verwenden. VE- Fans mögen mir diesen Frevel verzeihen, mir selbst bereitet dieses Gerät als Küchenradio eingesetzt, täglich Freude. Als reine Mittelwellenempfänger bieten diese einfachen Geräte tagsüber leider kein optimales Empfangsangebot.
ich möchte auch eine kleine Geschichte beisteuern:
Am 05.08.2005 wurde in Bad Saarow die Ausstellung „100 Jahre Max Schmeling eröffnet. Deshalb trat man an mich mit der Bitte heran, ob es den möglich wäre, über einen Volksempfänger die Reportage des Boxkampfes Schmeling gegen Joe Louis vom 19. Juni 1936 in New York abzuspielen. Ich hatte noch einen DKE in äußerlich guter Verfassung, aber keinen modulierten MW – Sender zum einspeisen. Von den Bedenken, einen Allstromapparat ohne Aufsicht in der Öffentlichkeit laufen zu lassen mal ganz abzusehen. Also wurde eine andere Lösung in Betracht gezogen: Der Originallautsprecher wurde durch einen 3W DDR Typ ersetzt, die Platine blieb drin und wurde stillgelegt. Als Verstärker fungierte ein Radio Lausitz 2001. Der CD – Spieler hatte einen regelbaren Ausgang, so ging die Pegelanpassung problemlos von statten. Alles wurde gut versteckt, so dass nur noch das alte Gerät zu sehen war. Die Resonanz der Besucher war durchweg positiv, die wenigsten werden gewusst haben, dass der DKE 1936 noch nicht existierte.
Als Zugabe gab es dann noch das Lied: "Das Herz eines Boxers" - gesungen von Schmeling höchstpersönlich.
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