Re: Wer hat bereits Asterisk + Fail2Ban auf einem Raspberry Pi installiert?
Hallo zusammen,
zum Abschluss meines kleinen Projekts noch eine überschlägige Überlegung, was ein Asterisk-Server auf einem kleinen Raspberry von der Größe einer Zigarettenschachtel überhaupt leisten kann.
CPU-Auslastung des Raspberry Pi 3 B+: Ohne Gespräche belastet Asterisk die CPU mit 1 bis 2%, mit einem Gespräch 3,6%, mit 5 Gesprächen gleichzeitig 14,5%. Fail2Ban benötigt 0,3%. Die restlichen Dienste erfordern etwa 2%. Der Raspberry ist also noch unterfordert. Der kleine SIP-Server könnte also überschlägig 30 Gespräche gleichzeitig bedienen, was nach Erfahrungswerten von Nebenstellenanlagen einer Teilnehmerzahl von 300 Anschlüssen entsprechen würde, da nie alle gleichzeitig telefonieren werden, wenn man von einem Call-Center absieht. Dafür müssten 300 Accounts in der Sip.conf stehen, die dann als Text-Datei etwa 200 bis 300 kByte groß wäre. Ein Datenbanksystem ist demnach nicht notwendig. Die CPU-Auslastung lässt sich unter Linux mit dem Befehl "top" ermitteln.
Benötigte Bandbreite: Ein Gespräch benötigt in eine Richtung etwa 120 kbit/sec bis 150 kbit/sec. Bei 30 Gesprächen sind dies also maximal 4500 kbit/s. Das entspricht 4,5 Megabit/sec. Mit der Upload-Geschwindigkeit vieler ADSL-Internetanschlüsse könnte es im Extremfall eng werden. In der Praxis kommen aber im Hobby-Betrieb, in der Familie und bei Kleinbetrieben selten mehr als 3 Gespräche gleichzeitig vor. Für 3 Gespräche reicht dann selbst ein sehr langsamer Upload von 0,5 Megabit/sec gerade mal so. Für den Raspberry, das LAN-Kabel und einem gewöhnlichen Internet-Anschluss ist der Betrieb eines kleinen SIP-Servers also kein Belastungsproblem.
Energiebedarf und eine etwas amüsante Kostenrechnung: Eine alte Nebenstellenanlage in Relais-Technik mit Hebdrehwählern hatte für 300 Teilnehmer einen ganzen Raum benötigt. Hinzu käme noch die umfangreiche Verlegung von analogen Telefonkabeln. Die Mechanik erforderte regelmäßige Wartungsarbeiten.
Jetzt erledigt dies ein kleiner Kasten in der Größe einer Zigarettenschachtel bei einer Leistungsaufnahme von 3 bis 5 Watt, der mit einem lahmen 10 Mbit/sec Ethernet-Anschluss auskommt. Bei 30 Cent/kWh und 4 Watt Leistungsaufnahme würde der Betrieb pro Jahr etwa 10 Euro kosten (Für mich in Schweden 5 Euro, streng genommen noch weniger, da der zusätzliche Stromverbrauch 7 Monate pro Jahr den Heizungsbedarf um 20 kWh pro Jahr mindert, was etwa 1,5 Euro bei 7 Cent / pro kWh Heizkosten entspricht. Also liegen die Energiekosten eigentlich bei nur 5 - 1,5 Euro = 3,5 Euro pro Jahr, wenn man es bis zur Sinnlosigkeit überspitzt sieht ).
Legen wir noch einmal für die jährliche Abschreibung des Raspberry Pi etwa 5 Euro drauf, denn nach spätestens 10 Jahren wird eine Neuanschaffung fällig, für die Rücklagen gebildet werden müssen, kommen wir in Schweden auf unter 10 Euro / Jahr an Kosten, in Deutschland etwas mehr. Wohlgemerkt sind die Kosten für eine Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Produkts schwer abzuschätzen. Einerseits ist die Inflationsrate für die kommenden Jahre unbekannt. Andererseits ist mit einem weiteren Preisverfall für Elektronikprodukte zu rechnen. Hinzu kommt eine unklare weltwirtschaftliche Entwicklung, die Vorhersagen hinsichtlich der Preisentwicklung erschweren. Der Betrieb eines eigenen SIP-Servers ist trotz aller Unwägbarkeiten dennoch ein sehr kostengünstiges Hobby mit einem überschaubaren finanziellen Wagnis, das sich jeder leisten kann, da das restliche Equipment meistens bereits vorhanden ist. Der Betrieb des SIP-Servers ist auf jeden Fall für die nächsten Jahre durch die Bildung von Rücklagen gesichert.
Fazit: Früher war das Telefonieren teuer und es hieß "Fasse dich kurz". Heute gibt es die Flatrate. Mit einem eigenen Asterisk-Server liegen die Kosten praktisch bei Null, was niemanden mehr überrascht. Nur an der Telefontechnik Interessierte führen Gespräche über selbst gestrickte Telefonserver. Es ist also nicht viel anders als beim Amateurfunk und deshalb sind die meisten meiner Teilnehmer Funkamateure, was mich nicht überrascht. Einige hatten früher auch beruflich mit Fernmeldetechnik zu tun. Nur ist der Aufwand viel geringer und die Übertragungsqualität ist viel besser als im Amateurfunk. Das Antennenproblem entfällt. Mein Asterisk-Server bietet für Funkamateure sogar einen Zugang zu einem 70cm-Amateurfunk-Relais. Den braucht eigentlich niemand. Aber es geht ja in der Hauptsache um das technische Experiment. Der besondere Charme dabei liegt darin, dass sich auch alte Wählscheibentelefone betreiben lassen und eine Symbiose zwischen alter und neuer Technik bilden.
Auf jeden Fall musste ich bei dem ganzen Projekt feststellen, dass man sich wohl kaum ein Hobby aussuchen kann, das ausgefallener ist als dieses. Jeder muss bekanntlich seinen eigenen Weg gehen.
Viele Grüße Volker
"Das Radio hat keine Zukunft." (Lord Kelvin, Mathematiker und Physiker (1824-1907))
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Re: Wer hat bereits Asterisk + Fail2Ban auf einem Raspberry Pi installiert?
Hallo zusammen,
das Projekt ist jetzt endlich endlich abgeschlossen und der kleine SIP-Sever läuft bei mir auf dem Schreibtisch stabil vor sich hin. Fail2Ban funktioniert zuverlässig. Die Bösewichte kommen derzeit nicht mehr.
Für Nachahmer habe ich eine Muster-Konfiguration für Asterisk geschrieben, die unter
Re: Wer hat bereits Asterisk + Fail2Ban auf einem Raspberry Pi installiert?
Hallo zusammen,
es gibt zwei wichtige Ergänzungen zu meinem Asterisk-Raspberry-Projekt:
1. Asterisk-Raspberry-Crash wegen eines Stromausfalls Seit fast einem halben Jahr lief bei mir auf einem Raspberry 3 B+ mein Asterisk-Server mit Fail2Ban ohne Eingriffe, Abstürze und Unterbrechungen absolut zuverlässig. Aber dann traten drei kurze Stromausfälle in den Morgenstunden eines stürmischen Sonntags auf. Diese Stromunterbrechungen veränderten mein Vertrauen in den Raspberry. Durch den Stromausfall wurde das Betriebssystem auf der Micro-SD-Karte zerstört. Siehe https://elektronikbasteln.pl7.de/asteris...s-stromausfalls
2. Installation der VoIP Blacklist VoIPBL für Asterisk auf einem Raspberry Pi VoIPBL ist eine kostenlose Blacklist für Asterisk mit Fail2Ban. Diese Blacklist enthält über 20.000 IP-Adressen und wird regelmäßig automatisch aktualisiert, damit sich Asterisk unerwünschte Eindringliche fernhalten kann. Der Dienst funktioniert sehr zuverlässig. Hier ist die Installation erklärt: https://elektronikbasteln.pl7.de/install...em-raspberry-pi
Man lernt nie aus.
Ich suche übrigens immer noch Gleichgesinnte, die ebenfalls Asterisk-SIP-Server betreiben, um diese zu einem dezentralen Netzwerk verbinden zu können.
Für Nachahmer ist hier die vollständige Beschreibung meines Asterisk-SIP-Server-Projekts:
Re: Wer hat bereits Asterisk + Fail2Ban auf einem Raspberry Pi installiert?
Hallo zusammen,
wichtiger Hinweis. Von VoIPBL habe ich mich wieder verabschiedet, da durch diese Blacklist mein Raspberry nicht mehr booten wollte und nicht mehr aus dem Notfall-Modus herauskahm. Neuinstallation von Raspbian war notwendig. Es war egal, ob der Raspberry ordentlich heruntergefahren wurde oder einfach der Stecker gezogen wurde. Das Betriebssystem war zerstört. Nur mit Asterisk und Fail2Ban ohne VoIPBL gibt es keine Probleme. Stromausfälle machen ihm nichts aus und wenn wieder Strom da ist, bootet der Raspberry wieder und Asterisk ist auch wieder da. So muss es sein.
Inzwischen hat der kleine Asterisk-Server fast 20 externe Teilnehmer. Es dürfen gerne 100 sein. Neben dem kostenlosen Telefonieren ist die bessere Tonqualität durch die Bevorzugung des G.722-Codecs ein weiteres Argument.
Vor einigen Tagen hatte mich der Asterisk-Server aus einer Notsituation befreit. Alleine unterwegs ist mir im tiefen schwedischen Wald nach 11 Kilometern Fahrt der Hinterreifen meines Fahrrads auf einer unbefestigten Straße geplatzt. Auf einer Anhöhe hatte ich eine schwache Verbindung mit einem weit entfernten Mobilfunkmast aufnehmen können. Mit dem Softphone Sipnetic auf meinem Smartphone konnte ich über den mobilen Datenfunk und dem Asterisk-Server meine bessere Hälfte anrufen. Als Codec wählte ich GSM, der eine sehr geringe Datenrate benötigt. Dafür ist die Sprachqualität bescheiden. Nach einer halben Stunde konnte meine Frau mich abholen. Daheim angekommen, stellte ich fest, dass mein Restguthaben von umgerechnet 18 Cent so gering war, dass es für ein normales Handy-Gespräch wahrscheinlich nicht mehr gereicht hätte. Dann hätte ich 11 km zu Fuß nach Hause laufen müssen. Fazit: Immer genügend Guthaben auf dem Handy haben und stabilere Reifen für das Fahrrad montieren.
Inzwischen habe ich mein Handy mit 10 GByte Datenfunk-Volumen aufgeladen. Telefonate von unterwegs erfolgen nur noch über das Softphone Sipnetic und meinem Asterisk-Server, mit dem ich auch in die öffentlichen Telefonnetze gelangen kann. Der normale Mobilfunk ist mir viel zu teuer. Da ich wenig von unterwegs telefoniere, reicht mir ein aufladbares Guthaben. Sipnetic erlaubt mehrere Accounts gleichzeitig, die ich auch aus Gründen der Redundanz nutze, falls mein Server nicht erreichbar ist. Wenn immer es geht, telefoniere ich über öffentliche WLAN-Netze. Dann kosten mich Telefonate nichts. Sollten die WLAN-Hotspots für IP-Telefonie gesperrt sein, gehe über eine VPN-Verbindung mit der App OpenVPN Connect rein.
Viele Grüße Volker
"Das Radio hat keine Zukunft." (Lord Kelvin, Mathematiker und Physiker (1824-1907))
Re: Wer hat bereits Asterisk + Fail2Ban auf einem Raspberry Pi installiert?
Hallo zusammen,
Zeit für eine kurze Zusammenfassung über mein Asterisk-SIP-Server-Projekt, welches ich nun als abgeschlossen betrachte.
Hardware: Raspberry Pi 3 B+ Betriebssystem: Raspbian Buster 2020-02-13, nur Update unter CLI, kein Upgrade Asterisk: Version 16.2.1, geschützt mit Fail2Ban
Die Konfiguration verkraftet Stromausfälle problemlos. Nach einem Stromausfall fahren der Raspberry und Asterisk selbständig hoch und der SIP-Server ist wieder erreichbar. Die CPU-Leistung eine Raspberry Pi 3 kann mehrere 100 Telefon-Accounts verwalten. Über 30 Telefongespräche wären gleichzeitig möglich. Mit einem Raspberry Pi 4 lassen sich noch mehr Telefonverbindung gleichzeitig bewältigen.
Leistungsumfang des SIP-Servers: eigenständiges Telefonnetz, Gateway zu öffentlichen Telefon- und Mobilfunknetzen, Gateway zu diversen offenen und geschlossenen SIP-Providern, Gateway zu Amateurfunk-70cm-Relais, Anrufbeantworter-Funktion, mehrere Konferenzräume, Rufweiterleitung, G.722-Audio-Codec für verbesserte Sprachqualität.
Vorteile: Geringe Kosten und geringer Stromverbrauch für die Hardware, die Software gibt es umsonst, hohe Verfügbarkeit abhängig von der Internet-Anbindung des SIP-Servers. Komfort-Funktionen, die kommerzielle Provider nicht anbieten oder nur gegen Gebühr. Weitgehend kostenlose Telefonate. Erhebliche Kostenreduzierung beim Telefonieren mit dem Smartphone. Meistens sind die Telefonate mit dem Smartphone umsonst oder kosten nur ein Bruchteil der üblichen Mobilfunkgebühren, was sich besonders bei Ferngesprächen bemerkbar macht.