Auch nach der Notzeit bis Mitte der fünfziger Jahre wurden einfache preisgünstige Radios hergestellt und im Handel angeboten. Zu einem dieser Vertreter gehört der Pirol 56GWU Modell 1124 von der Firma Schaub/ Lorenz. Es handelt sich hierbei um einen Empfänger für Mittelwelle und UKW, bestückt mit den Röhren UCC85 und UEL71.
Der AM- Teil arbeitet als Einkreiser mit veränderlicher Antennenankopplung als Audion mit Rückkopplung und ist mit der Röhre UEL71 von Lorenz aufgebaut. Die Gittervorspannung wird über einen Widerstand (150 Ohm) halbautomatisch im Netzteil erzeugt. Mittels einer Gegenkopplung wird eine leichte Baßanhebung erreicht. Bei dem geringen Stromverbrauch genügen zur Siebung zwei Elkos mit einer Kapazität von 8 µF. Der geringe Heizspannungsbedarf erlaubt den Betrieb an einem 110 Volt Netz mit nur einem Allstrom- Heizkreis mit einer zusätzlichen, durch einen Heißleiter geschützten Skalenlampe.
Da zu dieser Zeit einfache Einkreiser für AM kaum verkäuflich waren, wurde ein UKW- Teil eingebaut. Trotz dieses zusätzlichen Aufwands lag der Preis mit 109 DM nur etwa 40 DM über den Preis eines reinen AM- Einkreisers. Das wurde unter anderem durch den Einsatz eines serienmäßig hergestellten UKW- Teils aus den Schaub- Normalempfängern dieses Jahrgangs möglich. Der Baustein enthält sechs Kreise für die HF- Verstärkung, Mischung und ZF- Verstärkung.
Das sind im Einzelnen ein UKW- Eingangsbandfilter, ein abgestimmter Zwischenkreis an der Anode der HF- Vorstufe, ein Oszillatorkreis und ein ZF- Bandfilter. Das Eingangsbandfilter erhöht die Weitabselektion und die ZF- Festigkeit und sorgt für eine Herabsetzung der Antennenstörspannung, um die Forderungen der Deutschen Bundespost zu erfüllen.
Die HF- Vorstufe besitzt eine Zwischenbasisschaltung. Die Anzapfung ist hierbei so gewählt, daß sich eine hohe Verstärkung und eine unkritische Neutralisation ergibt. Die zweite Triode der UCC85 arbeitet als selbstschwingende Mischstufe. Die HF- Spannung wird in die Gitterspule des Oszillatorteils eingespeist. Das ZF- Signal wird zum E- System der UEL71 des Audions geführt, welches hier als Flankengleichrichter arbeitet. Eine fest eingestellte Rückkopplung des Audions erhöht die Empfindlichkeit dieses kleinen Empfängers.
Das Beispiel dieses kleinen Schaub zeigt, welch ungewöhnliche Wege die Geräteentwickler noch Mitte der fünfziger Jahre gingen, um preisgünstige Radios auf den Markt zu bringen.
!!!
Fotos, Grafiken nur über die
Upload-Option des Forums, KEINE FREMD-LINKS auf externe Fotos.
!!! Keine
Komplett-Schaltbilder, keine Fotos, keine Grafiken, auf denen
Urheberrechte Anderer (auch WEB-Seiten oder Foren) liegen! Solche Uploads werden wegen der Rechtslage kommentarlos gelöscht!
Keine Fotos, auf denen Personen erkennbar sind, ohne deren schriftliche Zustimmung.
Hier möchte ich ein weiteres Radio in einer ungewöhnlichen Schaltungstechnik, diesmal von der Firma Telefunken, vorstellen. Es handelt sich hierbei um den Capriccio 50 GW LM/ UKW aus dem Jahr 1950/ 1951. Der Röhrensatz aus der sogenannten "Harmonischen Serie" mit den Röhren UCH11, UBF11, UCL11 und UM11 läßt zunächst nichts spektakuläres vermuten. Erst der vorhandene UKW- Bereich läßt Ungewöhnliches vermuten. Der AM- Teil ist mit sechs Kreisen, der FM- Teil ist mit drei Kreisen aufgebaut. Der Empfangsbereich umfaßt LW, MW und UKW. Die ZF für AM beträgt 473 kHz, der UKW- Teil hat eine ZF von 20,7 MHz. Spätestens hier merkt man auf, weil diese hohe Zwischenfrequenz ungewöhnlich ist. Bemerkenswert wäre noch die induktive Abstimmung dieses Empfängers.
Der AM- Teil ist nach bekannten Schaltungen zum Empfang von LW und MW sufgebaut. Überraschungen bietet der FM- Teil. Dieser ist als UKW- Pendler aufgebaut. Das Triodenteil der Röhre UCH 11 arbeitet bei UKW als Oszillator, das Hexodensystem ist als multiplikative Mischstufe ausgelegt. Nach Analyse der zahlreichen Schaltkontakte wurde klar, daß die Penthode der Röhre UBF11 als ZF- Pendelaudion arbeitet. Die gebildete Zwischenfrequenz beträgt 20,7 MHz. Das Schaltungsprinzip kommt, wie so vieles zu UKW- FM, aus den USA (Fremodyne- Schaltung) und ist auch bei Geräten von Schaub (UKW- Zusatz UZ51 Baujahr 1950/ 1951, vier Kreise, ZF 16,8 MHz) zu finden. Diese auf dem ersten Blick unscheinbare Schaltung zeigt, welche Fallstricke hier lauern können.
Hier möchte ich ergänzend einen einfachen AM7 FM- Empfänger beschreiben, der von Christian vorgestellt wurde. Es ist der Volkssuper W von der Firma Emud aus dem Jahr 1953, bestückt mit den Röhren EC92, ECH81 und ECL113. Das Radio empfängt LW, MW und UKW, hat vier Kreise AM und fünf Kreise FM mit der ZF 468 kHz/ 10,7 MHz.
Der AM- Teil ist mit den Röhren ECH81 und ECL113 bestückt. Wir finden hier die klassische Audionsuperschaltung mit einem Audon und fest eingestellter Rückkopplung. In der Antennenzuleitung für AM liegt ein Saugkreis (468 kHz). Die Mittelwellen- Antennenankopplung erfolgt induktiv, im Langwellenbereich erfolgt die Ankopplung in den Fußpunkt des Gitterkreises kapazitiv (2,5 nF). Der Oszillator schwingt in Colpittsschaltung mit umschaltbaren Spulen für Langwelle und für Mittelwelle.
Im FM- Teil arbeitet eine Röhre EC92 als selbstschwingende additive Mischstufe. ZF- Sperrkreise in den Dipolzuleitungen und die übliche symmetrische Eingangsschaltung, sowie eine vollständige Abschirmung des UKW- Teils sorgen für eine Minimierung der Störstrahlung. Ohne Vorstufe dürfte es aber schwer möglich sein, die in der Folgezeit strenger gewordenen Forderungen der Bundespost zu erfüllen. Das Hexodensystem der ECH81 dient als ZF- Verstärker. Für FM- Betrieb arbeitet das Audion als Flankendemodulator mit seinen bereits beschriebenen Nachteilen.
Der NF- Verstärker ist normal aufgebaut. Die Erzeugung der Gittervorspannung erfolgt halbautomatisch, das heißt die Kathode der Endröhre liegt auf Masse. Die Gittervorspannung wird durch einen Widerstand (60 Ohm) in der Minusleitung des Netzteils erzeugt und über ein Siebglied (10 kOhm/ 0,1 µF) dem Gitter zugeführt.Eine abschaltbare Gegenkopplung zwischen dem Gitter und der Anode des Endstufensystems dient als Klangblende. Beachtensweri ist noch die unkonventionelle Form der Lautstärkeregelung im Kathodenkreis der ECH81. Bei TA- Betrieb geht das NF- Signal direkt auf das Steuergitter der Endröhre.
Achtung! Das Gerät ist zwar ein Wechselstromsuper, hat aber keine Netztrennung.
In der Hoffnung auf eine möglichst fehlerfreie Beschreibung mit vielen Grüßen. Wolle
Hallo Wolle, das ist in der Tat interessant. Ein gutes Beispiel, welche Verrenkungen sich die Industrie in den ersten UKW-Tagen gegeben hat, um die Geräte irgendwie auf UKW quaken zu lassen. Immerhin ist dies ja schon ein Spar-Spar-Super und damit höherwertig als die im Jahrgang 50 üblichen reinen Pendelvorstatzgeräte. Selbst das Topmodell von Telefunken aus dem Jahrgang, der T 5000, isrt nicht frei von Kompromissen, denn die Pentode in der UKW-Hf-Vorstufe (EF 15) dient in Reflexschaltung auch als 1. Zf-Verstärker. Offenbar wollte man sichergehen, dass die Zf zuiverlässig über die Antenne abgestrahlt wird...
Wenn man ehrlich ist, sind alle UKW-Geräte ohne Ratiodektor (oder gleichwertige Alternative) Kompromisskisten, die damals den Tabestand erfüllten, UKW wiedergeben zu können unter fast völligem Verzicht auf die enorme Tonqualität. Ich habe erst kürzlich meinen Grundig 396W spielen lassen (Saison 49/50, mit Pender mit EF42/EF41) und Flankengleichrichter. Dieser spielt weit über dem Durchschnitt anderer Flanken-Modelle, d.h. keine nennenswert zischenden S-Laute, und dennoch ist der Klang einfach armselig. Ein Zeitdokument eben. Mein zeitlich nächster Grundig ist ein 2008W, nur zwei Jahre jünger, der ist im Vergleich klanglich eine Offenbarung.
Hier zeigt sich der enorme Fortschritt in Hf und Nf in den frühen 50ern.
Hallo Wolle, vielen Dank für Deine ausführlichen Schaltungsbeschreibungen! Man sieht daran, es muss nicht immer ein "Spitzensuper" sein, um technisch interessante "Leckerbissen" zu bekommen. Die Konstrukteure haben sich auch bei manch Einfachgerät, oftmals sehr ins Zeug gelegt.
Einen Schaub Pirol hatte ich mal im Sperrmüll gefunden. Leider war das Gehäuse schon sehr lädiert . Letztendlich war er nur noch zur Ersatzteilgewinnung zu gebrauchen. Heutzutage hätte ich ihn zumindest noch einmal kurz zum Leben erweckt. Vermutlich hätte ich es dann nicht übers Herz gebracht, ein funktionierendes Gerät zu "fleddern".
diesmal zu deinem Post über den Emud Volkssuper. Zu ergänzen wäre noch, dass er zu den damals zahlreichen Geräten gehört, die trotz netzverbundenem Chassis den kalten TA-Anchluss direkt an Masse liegen hat. Das war damals ja zulässig, da ja das Plattenspielerchassis (in diesen Jahren!) am flachen Mittelstift angeschlossen war, aber mit späteren Modellen und erst recht heute gefährlich ist.
Vielen Dank für Deinen Einwand, der für viele Geräte dieser Epoche zutreffend ist. Schlimmer ist die Überlegung, daß ein mit E- Röhren bestückter Empfänger gefahrlos zu betreiben ist, weil hier ja ein Trafo eingebaut ist. Viele dieser Geräte haben nur einen Spartrafo, der keine Netztrennung hat, also demzufolge wie ein Allstromgerät zu betrachten ist. Auch hier ist bei der Reparatur ein Trenntrafo zu empfehlen, der eine Netztrennung garantiert. Andere Lösungen sind zwar möglich, sollten aber im Interesse der eigenen Sicherheit nicht publiziert werden. Zu groß ist die Gefahr, daß Laien hierbei zu Schaden kommen können und man selbst dann als Tippgeber zur Verantwortung gezogen wird.
Aus meiner Sicht absolut lächerlich finde ich die Praktik, einfach die Netzschnur abzuschneiden. Ob man damit aus der Sicht der Rechtsverdreher auf der sicheren Seite ist, sei dahingestellt.
Besonders gemein bei der TFK Jubilate. Die meisten Modelle sind netzgetrennt, bloß der erste Jahrgang nicht. Wenn die der geneigte Sammler auf den Werkstatttisch bekommt, denkt er, na, Jubilates sind ja netzgetrennt. Nee, die 53er eben nicht. Und die sieht optisch nichtmal anders aus als die Nachfolgerin.
Hier möchte ich ein Radio aus dem Fertigungszeitraum 1952/ 1953 vorstellen. Es ist ein Grundig 810W/ 840W mit den Wellenbereichen MW und UKW. Das Gerät ist mit den Röhren EC92, EF41 und ECL113 bestückt, empfängt als Zweikreiser Mittelwelle und als Super mit fünf Kreisen UKW. Im Vergleich zu den Vorgängermodellen wurde bei der Entwicklung das Augenmerk auf möglichst geringe Störstrahlung bei UKW- Empfang gelegt.
Bei Mittelwelle arbeitet der Empfänger als Zweikreiser ohne Rückkopplung. Die Röhre EF41 arbeitet hier als HF- Verstärker, die Demodulation übernimmt ein Anodengleichrichter, aufgebaut nit dem C- System der Röhre ECL113. Die Gittervorspannung wird bei diesem Gerät automatisch erzeugt (Kathodenkombination 130 Ohm/ 50 µF).
Im UKW- Teil wird eine selbstschwingende additive Mischstufe mit der Röhre EC92 eingesetzt. Außerdem gelang es bei diesem Konzept, die Störspannung im Vergleich zu den Vorläufertypen stark zu drücken. Das wurde durch die stärkere Verbreitung des Fernsehempfangs auf VHF (Band III) nötig. Ein abgeschirmter Aufbau des Mischteils und eine individuell abgeglichene Brückenschaltung garantierte eine Einhaltung der Forderungen der Deutschen Bundespost.
Ab 1953 mußte jedes Gerät eine sogenannte FTZ- Nummer (Fernmeldetechnisches Zentralamt) tragen. Diese Nummer wurde von der 1949 gegründeten Behörde erteilt und wurde ständig überwacht. Nach einer Prüfung des Gerätes durch das FTZ wurde diese für dessen Zulassung erteilt
Zu den technischen Daten. Leistungsaufnahme ca. 20 Watt, Empfindlichkeit UKW ca. 30 µV, Anodenstrom der Endröhre ca. 24 mA.
Achtung, auch diese Kleinempfänger sind nicht netzgetrennt!
Hallo Wolle, vielen Dank für die Vorstellung des Grundig 810W! Ich hatte es schon im Gefühl, das Du dieses Radio vorstellen wirst, und gestern vorsorglich ein Foto gemacht .
Das Radio hat übrigens für Mittelwelle doch eine einstellbare Rückkopplung. Der für UKW genutzte Klangregler, wirkt bei Mittelwellenempfang als Rückkopplungsregler. Schon recht interessant einen Geradeaus, und einen Super in einem Gerät zu haben .
Einen eingebauten UKW Dipol gab es übrigens auch schon. Das war zu der Zeit nicht selbstverständlich!