Röhrenrätsel: Serienmäßig unglaublich schlecht konstruierte Triode mit 83% Durchgriff
Hallo zusammen,
normalerweise setzten Röhrenkonstrukteure von Anfang an alles daran, den Durchgriff der Trioden zu verringern und die Steilheit zu erhöhen. Lediglich die Priorität war abhängig vom Einsatzzweck: Besonders niedriger Durchgriff für NF-Spannungsverstärkung mit RC-Kopplung, hohe Steilheit und niedriger Innenwiderstand bei Endröhren und bei UKW.
Es gibt aber eine Triode, die ist vorsätzlich so schlecht konstruiert, daß der Begriff Sabotage noch harmlos ist. Der Durchgriff beträgt 83% und die Steilheit 50µA/V, so daß sich eine Leerlaufverstärkung (Katodenbasisschaltung) von 1,2 ergibt.
Hinzu kommt noch, daß diese Röhre in den 1960ern konstruiert wurde, wo doch Forschung und Technologieentwicklung in puncto Röhren fast abgeschlossen waren.
Hinweis: Die Triode war Bestandteil einer Verbundröhre.
Na, wozu konnte eine solche Triode nützlich sein und um welche Verbundröhre handelt es sich?
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Re: Röhrenrätsel: Serienmäßig unglaublich schlecht konstruierte Triode mit 83% Durchgriff
Hallo Hermann, bei Herstellung 1960 vermutlich eine Röhre mit Bezeichnung EC..und eher NF als HF. Mit Blick ins Tabellenbuch: Ich tippe auf Triode und 2 Gegentakt-Endpentoden in der ECLL800. Die Triode muss die Phasenumkehr bewerkstelligen. Viele Grüße, Jan
Re: Röhrenrätsel: Serienmäßig unglaublich schlecht konstruierte Triode mit 83% Durchgriff
Hallo zusammen,
nachdem nun 3 Leute wie aus der Pistole geschossen antworteten und niemand auf dem Holzweg ist, muß ich das Rätsel als aufgelöst deklarieren.
Ich habe mich heute zum ersten mal mit der ECLL800 beschäftigt und bin auf diese ungewöhnliche Phasenumkehr aufmerksam geworden. Die zu invertierende Phase durchläuft einfach eine zusätzliche Katodenbasisschaltung, deren Triode so schlecht ist, daß die Amplitude nicht verstärkt wird, sondern nur die Phasendrehung als Ergebnis übrig bleibt. Eigentlich ist das nicht optimal, da inverse und nichtinverse Phase eine unterschiedliche Zahl an Röhrenstufen durchlaufen und somit die Signalsymmetrie nicht mehr gegeben ist. D.h., der Klirr, den die zusätzliche Triode für sich genommen erzeugt, kann nicht mehr durch Gegentakt ausgelöscht werden. (im Gegensatz zur Katodynschaltung, wo der Klirr beiden Phasen mitgegeben wird)
Vorteilhaft ist, daß in dieser "integrierten Schaltung" alle 3 Systeme eine gemeinsame Katode haben, was die Fertigung wirtschaftlicher macht und wodurch der Novalsockel weiterverwendet werden kann. Clevererweise sind Gitter von Triode und Endpentode 1 gleich intern gebrückt und der Arbeitspunkt der Triode paßt auch gleich automatisch mit der Gittervorspannung der Entpentode.
Interessant fände ich diese Art der Phasenumkehr für Batteriegeräte, bei denen es wegen des DC-Heizkreises zwangsweise keine hochgelegten Katoden geben kann. Also der technische Zwang bei eisenloser Phasenumkehr ist bei Batterieröhren noch größer, denkbar etwa in Form einer DCLL21 oder einer DCL92+D(C)L92. So etwas gab es aber m.W. nie.
Re: Röhrenrätsel: Serienmäßig unglaublich schlecht konstruierte Triode mit 83% Durchgriff
Hallo Herrmann.
Das größte Problem bei der Anwendung dieser Röhre ist deren späterer Ersatz durch ein Äquivalent. Wenn der Originalersatz nicht mehr verfügbar ist, wird eine Ablösung schwer möglich, ohne in die Schaltung des Empfängers einzugreIfen. Im Fall der ELL80 konnten zwei EL95 adaptiert und eingesetzt werden. Hierzu gab es auch industrielle Lösungen, die im Ersatzteilvertrieb angeboten wurden. Solche Versuche der Adaptierung einer ECLL800, zum Beispiel mit einer EC92 und zweimal EL95 gab es auch, nur funktionierte dieser Ersatz unbefriedigend und verschwand sehr schnell.
Mit vielen Grüßen. Wolle.
Schämen sollten sich die Menschen, die sich gedankenlos der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen und nicht mehr davon geistig erfasst haben, als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst. Albert Einstein zur Eröffnung der Internationalen Funkausstellung 1930.
Re: Röhrenrätsel: Serienmäßig unglaublich schlecht konstruierte Triode mit 83% Durchgriff
Hallo Wolle,
es gab in der Tat Zeiten, in denen eine ECLL800 als Ersatz nicht zu bekommen war. Heute in der Zeit der Auflösung diverser Sammlungen ist das anders. Ich habe in der Bucht gerade über 30 Angebote gezählt, freilich nicht billig.
Re: Röhrenrätsel: Serienmäßig unglaublich schlecht konstruierte Triode mit 83% Durchgriff
Hallo Walter.
Ich war Mitte der neunziger Jahre als Reparaturmechaniker Audio/ Video/ TV tätig. Es gab nur wenige Ersatzteilvertriebe, von denen etliche nach kurzer Zeit wieder verschwanden (aufgaben). War eine Ersatzröhre bei diesen nicht beschaffbar, konnte man aufgeben. Internet und Ebay waren zu dieser Zeit unbekannt.
Mit vielen Grüßen. Wolle.
Schämen sollten sich die Menschen, die sich gedankenlos der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen und nicht mehr davon geistig erfasst haben, als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst. Albert Einstein zur Eröffnung der Internationalen Funkausstellung 1930.
Re: Röhrenrätsel: Serienmäßig unglaublich schlecht konstruierte Triode mit 83% Durchgriff
Hallo zusammen,
bei der ECLL800 stehen mir alle Haare zu Berge, wie konnte man nur auf so eine Idee kommen...
Problem 1: gemeinsamer Kathodenanschluss Dadurch ist eine individuelle Strom-Gegenkopplung und damit ein automatischer Ausgleich der Ströme bei Toleranzen nicht möglich und somit wird die Gegentakt-Endstufe mehr oder weniger asymmetrisch, ausser man spendiert ein Poti, um die Gittervorspannung der 'freien' Endpentode abgleichbar zu machen, damit beide Endröhren denselben Strom ziehen.
Problem 2: Gitter und Kathode der einen Pentode und Triode miteinander verbunden So ist die Gittervorspannung der Triode fix gegeben und damit der Arbeitspunkt bei Toleranzen der Röhre Glücksache, was sich in Klirrfaktor bei höherer Aussteuerung bemerkbar macht. Weiter ist so eine Gegenkopplung der Triode und damit eine definierte Verstärkung nicht möglich.
Das Problem 1 ist auch bei der ELL80 vorhanden, und diverse Hersteller von Gegentaktendstufen mit Einzelröhren (und zum Teil sogar Stereo-Eintakt-Endstufen) haben aus mir unerklärllichen Gründen einen gemeinsamen Kathodenwiderstand verwendet. Das hat noch die weitere Konsequenz, dass die 'gute' Endröhre verheizt wird, wenn die andere wegen mangelhafter Emission (Alterung) zu wenig Strom zieht und damit die Gittervorspannung absinkt und man das meistens gar nicht merkt.
Für die ELL80 habe ich übrigens eine gute Ersatzlösung gefunden, gibt aber Arbeit. Normalerweise wird die zusammen mit einer ECC83 verwendet. Bei handverdrahteten Chassis kann nun das Gespann ELL80/ECC83 durch 2 mal ECL86 ersetzt werden, die beiden Trioden werden gleich wie die ursprüngliche ECC83 und die beiden Penthoden wie die ELL80 verschaltet. Der Kathodenwiderstand wird so angepasst, dass die Penthoden etwa gleich viel Strom ziehen wie die ELL80. Ist man bei der Heizung flexibel, kann auch die PCL86 verwendet werden, die ist sehr günstig erhältlich.
Re: Röhrenrätsel: Serienmäßig unglaublich schlecht konstruierte Triode mit 83% Durchgriff
Hallo allerseits,
ich bin auch der Meinung, daß die ECLL800 keine gute Lösung ist. Auch möchte ich bezweifeln, daß die Gerätehersteller damit ihr wirtschaftliches Ergebnis verbessern konnten, denn ob die Entwicklung einer derart schrägen Röhre überhaupt wirtschaftlich sein konnte, ist ebenfalls zu bezweifeln.
Im RM, siehe Link: http://www.radiomuseum.org/forum/schaltplan_fuer_ecll800e.html
wurde das Thema sehr umfangreich behandelt und auch eine "anständige" Ersatzlösung vorgeschlagen.