Dreiröhren-Empfänger mit den Trioden SPHERIA (1925)
Hallo zusammen,
bei mir liegen seit 2015 sehr seltene und relativ unbekannte Trioden, die wohl aus einer kleinen belgischen Manufaktur stammen. Sie waren im Konvolut preislich gesehen ein wirkliches "Schnäppchen". Nachfragen verliefen oft im Sande, weder WUMPUS noch der inzwischen verstorbene Konrad Birkner (RM.org) wussten wirklich eine Antwort auf die Frage nach dem Zweck und der Herkunft der Röhren. Über den Audiofreak Thomas Mayer bündelten sich dann weitere Informationen über diese Röhre.
Meine drei Exemplare zeigen ein ähnliches Verhalten: Bei einer Heizspannung von 3 Volt geht der Anodenstrom schon bei 1,7 mA in die Sättigung. Der Nennstrom soll bei 2 mA liegen, die aber nur in der Audioendstufe ausgeschöpft werden müssen. Bei meinen Röhren beträgt der Heizstrom schon bei diesen 3 Volt 60 mA - eine Heizspannung von 4 Volt halte ich für zu hoch. Die Röhre soll mit Sicherheit zwischen 3,3 und 3,6 Volt über einen damals üblichen regelbaren Vorwiderstand (Rheostat) betrieben werden, ähnlich wie das auch für die Radio Micro von Radiotechnique gilt. Bei Emissions- prüfungen im Funke W19 und Verwendung der Karte 9 ergaben sich bei einer Heizspannung von 3,3 Volt 4 mA und bei 4 Volt 6 mA Anodenstrom.
Alle Recherchen ergaben, dass die Spheria nur in dem französischen Empfänger Pericaud Beta von 1924 serienmässig eingesetzt war. Trotz Rückkopplung wurden 4 Röhren verwendet:
Im Bestreben den Röhren zu ihrem 100. Geburtstag eine würdige Umgebung zu spendieren, habe ich mich schon eine Weile nach alten Eigenbauten aus der damaligen Zeit umgesehen, scheiterte aber regelmässig an der mir gesetzten Preisschwelle von 100 Euro. Letztlich kommt also nur ein Neubau in Betracht, der zudem den Vorteil der vollen Experimentierfreiheit bietet. So wurden folgende Ziele abgesteckt:
- Aufbau eines 3-Röhrenempfängers in Widerstandskopplung ohne Rückkopplung analog zum OE333 - Gleiche Konstellation in der damals eher üblichen transformatorischen Kopplung - Testweises Einbringen einer Rückkopplung über alle Stufen nach dem Vorschlag von Wolfgang Holtmann - Aufbau eines 2-Röhren-Reflexaudions (mit und ohne Rückkopplung) mit einer Spheria als Gleichrichterröhre - Eventueller Rückbau auf die Variante, die am besten funktioniert hat, vorzugsweise Reflex.
Ein wesentlicher Beweggrund ist das Austesten der einen oder anderen Reflexschaltung. Diese "ruhig" zu bekommen, ist nichts für Anfänger. Vorher müssen aber konstruktive Dinge geklärt werden, immer nach dem Motto: sollte nichts kosten. Bei den Fassungen ist mir das bereits gelungen, wie die Bilder zeigen. Es wurden Messingröhrchen (innen 3 aussen 5 mm) ohne nötige Klebung ins Holz getrieben. Das funktioniert aber nur bei präzisem Arbeiten.
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Re: Dreiröhren-Empfänger mit den Trioden SPHERIA (1925)
Hallo zusammen,
kleiner Zwischenstand: die erforderlichen Hauptkomponenten konnte ich gut im Gehäuse unterbringen. Das überdimensionierte Poti hat 10 Ohm, der Drehko einen ungewöhnlich hohen Abstimmbereich zwischen 25 und 900 pF. Den gleichen Typ habe ich im OE333-Nachbau verwendet.
Re: Dreiröhren-Empfänger mit den Trioden SPHERIA (1925)
Hallo Walter,
oh whow, was für eine saubere Holzarbeit. Interessant,... hat der Kasten zwei Deckel? Einer oben, einer unten? Der Schwenker ist auch Eigenbau.....oder? Hast Du die Steckspulen gekauft..oder selber gebaut? Die sind ja extrem edel von der Verarbeitung. Gefällt mir Dein Projekt, passend zur dunklen Jahreszeit. Direkt vom Hochsommer ins AM- DX- Fieber!
Re: Dreiröhren-Empfänger mit den Trioden SPHERIA (1925)
Hallo Joerg,
danke für die Blumen. Nein, Holzzargen bzw. -zinken kann ich mit meinen Möglichkeiten nicht machen. Sowas bekommt man in der Bucht für etwas mehr als einen Zehner. Und nein, es ist nur ein Deckel vorhanden. Ich habe die Deckplatte nur um 180 Grad gewendet. Den Schwenker habe ich aber in der Tat selbst angefertigt. Mit Säge, Feile und Schleifpapier kann man viel erreichen. Für die in den Drehko eingeklebte Stufenwelle kam mir die Idee, die 6,3mm Achse in den Akkuschrauber einzuspannen und dann seitlich an die rotierende Schleifscheibe auf 4mm herunterzuschleifen. Das erspart die Drehbank.
Die Spulen habe ich schon länger und wurden von einem Italiener angefertigt. Der vertickt sie noch immer in der Bucht mit 13 Euro Startgebot. Mehr musste ich auch nicht bezahlen, denn es gab keine Konkurrenz. Morgen will ich als erstes einmal die OE333 Schaltung verdrahten.
Der Abstimmdrehknopf ist übrigens ein Zeitgenosse der Spheria aus Schweden. A-B Alpha aus Sundbyberg war ein Bakellit-Spezialist. Die haben auch das berühmte Ericsson Telefon 1931 gefertigt.
Re: Dreiröhren-Empfänger mit den Trioden SPHERIA (1925)
Hallo zusammen,
der erste Aufbau des 3-Röhrenempfängers nach Vorbild des Loewe Ortsempfängers ist erledigt. Ich habe dabei die Bauteilbestimmung einer 3NFB zugrunde gelegt, weil andere Daten nicht zur Verfügung standen:
Die zweiten Werte nach dem Schrägstrich habe ich genommen, weil sie verfügbar waren. Es liegt auf der Hand, dass die Spheria trotz der baulichen Ähnlichkeit von den Systemen der 3NF abweichen. Trotzdem erwiesen sich die Werte auch für die SPHERIA als optimal. Die Empfangsergebnisse auf Langwelle sind identisch und auf Mittelwelle einen Tick schlechter als mit einer in der Leistungstriode ausgelutschten 3NF. Der Leistungsabfall oberhalb von 1,2 MHz ist auffallend und wird in alter Literatur für viele Trioden der 1920'er Jahre beschrieben. In jedem Fall reicht die Lautstärke für einen komfortablen Kopfhörerbetrieb. Mit entsprechender Aussenantenne ist auch ohne Rückkopplung ein halbwegs selektiver Empfang europäischer Sender möglich.
Die Einstellung der Heizspannung ergab ein Maximum der Audionlautstärke bei 3,6 Volt. Der Drehwiderstand muss im Zweig der negativen Heizungsanschlüsse liegen. Er bestimmt damit die jeweilige Gittervorspannung mit. Mit der Anodenspannung wurde zwischen 30 und 130 Volt experimentiert. In der vorliegenden Dimensionierung ergaben sich bei 54 Volt (6 Blockbatterien a 9 Volt) die besten Ergebnisse. Die Endstufe musste dann auch nicht mit einer "C-Batterie" negativ vorgespannt werden, und es floss ein Anodenstrom von 1 mA.
Eine Gitterkombination von 270pF parallel mit 2,2M Ohm erwies sich als unnötig und wurde kurzgeschlossen. Das wirft alte Fragen bezüglich der Demodulation im OE333 auf (Gitter, vermutlich Anode, beides?), die aus meiner Sicht noch ungeklärt sind.
Für weitere Experimente muss ich mir erst eine für meinen Koppler passende Rückkopplungsspule suchen oder anfertigen.
Re: Dreiröhren-Empfänger mit den Trioden SPHERIA (1925)
Guten Abend Walter
Vielleicht kann ich etwas zu Deinem tollen Projekt beitragen.
Da wären zunächst die Werte der Widerstände und Kondensatoren, welche nach Angaben von Nesper-Kunze (von 1928) original verbaut wurden. Diese sind in diesem Schaltbild übernommen worden.
Was in dem Radiomuseum Dokument (Autor G. Eisenbarth) steht, sind an seinem Exemplar gemessenen Werte, die teilweise durch Alterung abweichen.
Was die Frage nach dem Demodulationsverfahren in der 1. Triode beim OE333 betrifft, so meine ich, haben wir es mit einer Anodengleichrichtung (Richtverstärker) zu tun. Erläuterung: Durch den hohen Ra ist die 1.Triode schnell gesperrt. D.h. schon eine kleine neg. Ug verlagert den Arbeitspunkt in den unteren Knick der Kennlinie.
Re: Dreiröhren-Empfänger mit den Trioden SPHERIA (1925)
Hallo Wolfgang,
vielen Dank für diese wertvollen Informationen! Ich habe heute morgen die Gitterableitwiderstände auf 4,7 M Ohm vereinheitlicht. Das brachte erwartungsgemäss keinen funktionalen Unterschied, könnte aber die Stabilität der Schaltung verbessern.
Die Verringerung des Anodenwiderstands der zweiten Stufe auf 3,3 Meg Ohm brachte aber in der Tat eine leichte Erhöhung der Lautstärke mit sich. Lyca Radio aus London auf 1458 kHz war gut zu hören.
Ich habe schon lange vermutet, dass die Alterung der Widerstände in der 3NF ein grosses Problem ist. Weil der Anodenwiderstand der ersten Stufe in meiner 3NF schon bei 10 MegOhm liegt und trotzdem noch gut funktioniert, habe ich heute morgen auf der Frequenz Wawre 621 kHz diesen Widerstand in der Spheria-Schaltung zwischen 1 und 20 Meg Ohm verändert. Bis 15 Meg Ohm ist der Sender noch lesbar und verschwindet bei 20 Megohm. Zwischen 2 und 10 MegOhm stellt sich ein breites Maximum ein - 3,3 Meg Ohm ist in der Tat ein guter Wert. Weil die Spheria die doppelte Heizspannung hat und zusätzlich der veränderliche Rheostat Widerstand vorhanden ist, brauche ich keine zusätzliche Gittervorspannung.
Zwei Dinge fielen mir auch auf:
Die Anfälligkeit auf Wechselfelder (hier Trafo der Lötstation) ist gross. NF-Verzerrungen (bis auf selektive Schwundeffekte) fielen mir nicht auf - die Anodengleichrichtung funktioniert gut!
Heute werde ich eine Spule für weitere Experimente wickeln. Es wird wohl eine Korbbodenspule werden:
Re: Dreiröhren-Empfänger mit den Trioden SPHERIA (1925)
Hallo Walter,
noch was zur Demodulation: Ich vermute, dass bei schwachen Signalen die erste Triode als HF-Verstärker arbeitet und die zweite Triode als Audion, während bei stärkeren Signalen bereits die erste Triode übersteuert wird und so als Demodulator arbeitet, indem die Spitzen der einen Halbwelle 'geköpft' werden. Das würde auch gut die verschlechterten Empfangseigenschaften bei höheren Frequenzen erklären.
Das kann man überprüfen, indem mit einem R/C- oder L/C-Tiefpass am Gitter der zweiten Triode der HF-Weg versperrt wird.
Re: Dreiröhren-Empfänger mit den Trioden SPHERIA (1925)
Einen schönen guten Morgen in die Schweiz
"....Das kann man überprüfen, indem mit einem R/C- oder L/C-Tiefpass am Gitter der zweiten Triode der HF-Weg versperrt wird."
Die Vermutung, dass die 2. Triode als Audion funktioniert, hatte ich auch mal. Um das auszuschließen, habe ich an der Anode der 1. Triode (bei meiner 3NF herausgeführt) einen 4,7nF Kondensator nach H- gelegt und damit die Rest-HF kurzgeschlossen. Außer am Klangbild, veränderte sich nichts....
Re: Dreiröhren-Empfänger mit den Trioden SPHERIA (1925)
Hallo zusammen und auch einen schönen Gruss in die Schweiz,
heute habe ich einen Polystyrol-Wickelkörper mehrfach mit den mir zur Verfügung stehenden HF-Litzen bewickelt und kam auf Induktivitäten zwischen 20 und 400 µH. Letztlich bin ich bei der abgebildeten Version geblieben. Mit 150µH lässt sich der Empfänger zwischen 400 und 2000 kHz locker abstimmen. Eigentlich sollte es die Rückkopplungsspule werden, wird aber nun zur Kreisinduktivität, weil sie die mit Abstand beste Güte hat. Bei dem, was ich zwischen 16:00 und 17:00 Uhr alles gehört habe, frage ich mich ernsthaft, wozu ich noch eine Rückkopplung und/oder Reflex brauche. Aber es geht ja um das Prinzip und nicht um stundenlanges Radiohören.
Das Einfügen eines richtigen L/C-Filters werde ich ggf. noch testen, zumal mir im Moment eine Rückkopplung überhaupt nicht gelingen will. Darüber muss ich erst mal nachdenken.
Gruss Walter
Nachtrag: Die Spule hatte ein Q=250, das muss noch besser werden!