Re: Erste Telefunken Transistoren OC601 / OC604, 1954 - 1960 u. Telefunken Kamerad
Hallo Walter,
der "Kamerad" ist ein gutes Beispiel dafür, wie man mit wenigen Bauteilen und einfacher Schaltung gute Leistung liefern kann. Das war schon in den frühen Jahren des Rundfunks so. Ein Gerät war mit hoher Empfindlichkeit und Selektion ausgestattet, ein anderes mit gleicher Schaltung war dagegen eher empfangsschwach. Bauteile mit hoher Güte (geringer HF-Dämpfung), die richtigen HF-Trafos, machten den Unterschied. Später verlernte die Industrie diese Feinheiten, weil genug Verstärkung zur Verfügung stand. Die Entwickler des "Kamerad" kannten wohl noch diese frühen Zeiten ...
Du hast ja genau die Problematik schon angesprochen.
Ich muss zugeben, auch schon mal eine bifilare HF-Wicklung nicht richtig hinbekommen zu haben, bin also hier ein schlechter Ratgeber.
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Re: Erste Telefunken Transistoren OC601 / OC604, 1954 - 1960 u. Telefunken Kamerad
Hallo Rainer,
dann bin ich ja beruhigt!
Ich werde ein wenig "weiterbasteln", man wird nicht dümmer dadurch und schiebt die Altersdemenz ein wenig vor sich her.
Es ist ja nicht so, dass es heute nicht hervorragende Transformatoren gäbe. Als Beispiel der Würth 749196500 Flex-Übertrager (ich habe mal ein Foto gemacht, in der er in einem 50W-Gegentakt-Schaltverstärker für 500 kHz verwendet wird):
Einmal abgesehen davon, dass ich mit der Sättigungs-Zeit-Fläche nichts anfangen kann, erkenne ich aber sofort, dass dieser Trafo um mehrere Grössenordnungen zu niederohmig ist. Aber Germanium war eben im Vergleich zu Silizium hochohmiger (oder mittelohmig je nach Betrachtungswinkel), und den meisten unter uns ist es nicht mehr bewusst. Ein Grund mehr, in der Bastelkiste unserer Väter zu kramen.
Gruss Walter
Nachtrag: Zumindestens 2010 war man der Meinung, Germanium könnte wiederkommen:
Nach einem mässigen Erfolg mit einem alten Miller-Koppler (immerhin Eigenresonanzfrei im MW-Bereich), habe ich 2 x 3m HF-Litze 10 x 0,04 mm unverdrillt nebeneinander aufgewickelt, bis die Kammer voll war und dann die zur Verfügung stehenden Schalenkerne durchprobiert. Der Erfolg stellte sich bei AL=340 ein (Kernmaterial unbekannt), gemessene Induktivität je Wicklung 6,6 mH. Der Nachbau bringt etwa 80% der Lautstärke des Originals. Es ist aber ein OC602 drin und die Ferritantenne ist 4 cm kürzer. Sowohl der originale als auch der nachgebaute Schalenkerntrafo weist einen ausgeprägten Freqzenzgang auf: Ab 1500 kHz steigt seine Dämpfung deutlich an, um ab 1700 kHz kaum noch etwas durchzulassen. Dieser "Bug" scheint aber ein "Feature" zu sein und verhindert so einen KW-Durchschlag.
Re: Erste Telefunken Transistoren OC601 / OC604, 1954 - 1960 u. Telefunken Kamerad
Hallo zusammen,
der Nachbau des "Telefunken Kamerad" ist mit sehr befriedigendem Ergebnis beendet. Der Erfolg stand und fiel mit dem HF-Übertrager und den beiden NF-Transformatoren. Am Ende habe ich von einer Wickelaktion der NF-Transformatoren abgesehen. In meinem Bestand befanden sich Miniatur-Trafos 10:1 "ELY9429" auf EI19 Kernen. Für den Zwischentrafo sind sie ok, als Ausgangstrafo aber eigentlich zu klein. Aber auch hier zeigte sich, dass probieren oft über studieren geht. Der AC128K verzerrte etwas und benötigte einen zusätzlichen Basisvorwiderstand von 680 Ohm, der originale AC117 ging schon besser, aber der OC602spez war ein Treffer ganz ohne Verzerrungen, ohne nötigen Basisvorwiderstand und damit ohne Verlust an NF-Amplitude. AC117 und OC602spez sind vergleichbar, aber der OC kann nur einen maximalen Collectorstrom von 0,5A statt 1A vertragen, was hier nicht relevant ist.
Die Lösung mit dem OC602spez in der Endstufe gefällt mir natürlich sehr, bedenkt man das Thema dieses Beitrags. Folgerichtig wurde das Radio "OC602" genannt. Sollte es beizeiten zu einem Ausbau der Platine kommen, wird die erste Stufe ebenfalls mit dem OC602 bestückt.
Aus Laminatresten wurde ein Gehäuse zusammengeklebt (Georg bitte wegschauen!). Original und Nachbau stehen nun nebeneinander und können direkt verglichen werden. Die Lautstärke ist identisch, das Original aber selektiver und mit mehr Basswiedergabe ausgestattet. Die Selektivität liesse sich erhöhen, würde ich die Ferritantennenspule im Durchmesser erhöhen, um mehr Abstand zum Ferrit zu erreichen. Spezialisten raten zu einem Abstand von bis zu 1/3 des Kerndurchmessers! Auch der nicht realisierte Kreuzwickel hatte einen Einfluss - die Rückwirkung durch die Collector-Basiskapazität der Eingangsstufe ist enorm. Die Sache mit den Bässen ist schwieriger. Hier müssten die originalen Trafos und Lautsprecher beschafft werden und das Gehäuse akribisch nachgebaut werden. Das dürfte aber unmöglich sein: 1:0 für Telefunken - ich gebe mich geschlagen.
Re: Erste Telefunken Transistoren OC601 / OC604, 1954 - 1960 u. Telefunken Kamerad
Hallo Rainer,
ja, die Bastelei hat trotz der Schwierigkeiten Spass gemacht. Ich habe nur eine grosse Rolle mit HF-Litze 10x0,04mm und mache damit alle erforderlichen Arbeiten. Die Litze ist mechanisch noch gut zu handhaben und hervorragend zu löten. Leider ist der runde Aufkleber verloren gegangen. In der Kammer des Schalenkerns kamen damit 139 Windungen zusammen, also fast so wie beim Original. Die Windungszahl auf der Ferritantenne habe ich vergessen (60?) - ich habe mich da mehr an der gemessenen Induktivität orientiert.
Re: Erste Telefunken Transistoren OC601 / OC604, 1954 - 1960 u. Telefunken Kamerad
Hallo Walter, @ Wolfgang, Loccum: Du bist an allem Schuld
ich fasse es nicht, SUPER von Dir gelöst.
Den Kameraden hatte ich im Original und auch schon einmal gedacht, ich baue ihn nach. Alle Unterlagen dazu sind vorhanden, aber auf der Mittelwelle ist ja leider nicht mehr viel los. Ich habe meinen leider nicht mehr, auch der zweite für meine Schwägerin ist weg!
(Zur Zeit bastele ich an einem sehr einfachen Kurzwellendetektor)
Viele Grüße aus Loccum, Wolfgang.
Wer niemals fragt, bekommt nicht einmal ein Nein zur Antwort!
Re: Erste Telefunken Transistoren OC601 / OC604, 1954 - 1960 u. Telefunken Kamerad
Hallo Walter,
ja sehr, sehr schön geworden.
Jetzt musst Du nur noch bis zur dunklen Jahreszeit warten um uns einen Empfangsbericht zu schreiben. Hast Du den Langdraht ausprobiert? Verschiebt sich dann durch zunehmende Schwingkreisdämpfung die Empfangsfrequenz? Über 10pF ist allerdings eher eine sehr lose Kopplung zu erwarten.
Diese schwarz beschichteten Germaniumtransistoren habe eine lustige Eigenschaft... wenn die Beschichtung im Laufe der Zeit abhanden gekommen ist dann entsteht ein Fototransistor.
Re: Erste Telefunken Transistoren OC601 / OC604, 1954 - 1960 u. Telefunken Kamerad
Hallo Joerg,
die Kopplung von 10pF an das heisse Ende des Schwingkreises passt optimal und ohne Verstimmung an meine Aussenantenne (Kapazität 409 pF), und so sind tagsüber die Sender Wawre 621 kHz und verrauscht Flevoland 1008 kHz mit dem Nachbau zu hören. Der Belgier schaltet seinen Sender momentan statt um Mitternacht schon um 20:05 Uhr ab. Die Empfindlichkeit reicht nicht aus, um Charleroi 1125 kHz zu empfangen, was mit dem Original aber funktioniert. Auch kann das Original den Belgier 621 kHz aus 200km Entfernung verrauscht mit Ferritantenne empfangen, wenn ich meinen "Hausmodulator" ausschalte. Das geht mit dem Nachbau ebenfalls nicht. Wie gesagt - 1:0 für Telefunken, die Eigenschaften des Originals sind schwer zu erreichen und wird auch mangels Sender niemand mehr versuchen.
Nachts um drei habe ich mal kurz an den Geräten geschraubt und konnte die Engländer ganz gut hören, aber ihre Pegel erreichen bei weitem nicht die Werte in der "dunklen" Jahreszeit.
Als nächstes muss ich noch herausfinden, ob ein Mittelwellenaudion mit dem OC602spez auch in Emitterschaltung funktioniert.
Gruss Walter
Nachtrag: Das Radiomuseum Cham will in den nächsten Wochen von Schülern 80 (!) Mittelwellenradios (Schaltung leistungsfähiger als die des Franzis Verlags) zusammenbauen lassen. Hat jemand eine Ahnung, wie weit der Museumssender 801 kHz reicht, resp. Leistung? Den TRAM100 werden sie ja wohl nicht einschalten.
Die Frage ist beantwortet: 1W ERP aus der 2kW-Vorstufe des TRAM100 Trägerleistungsinput zur Antenne 300W, Antennenlänge 8m, Verlängerungsspulen sind aus dem Ismaninger Variometer gebaut, Hörradius 20km.
Re: Erste Telefunken Transistoren OC601 / OC604, 1954 - 1960 u. Telefunken Kamerad
Hallo zusammen,
die OC602 aus meinem Konvolut stammen aus Telefunken Fertigungen zwischen September 1959 und September 1961. Die Codebezeichnungen aus 2 Buchstaben entsprechen den bekannten Röhren-Hersteller-Codes. Die leistungsstärkeren SPEZ-Typen haben zur besseren Kühlung einen anderen aber ähnlichen Aufbau. Es ist anzunehmen, dass sie dennoch kaum schlechtere HF-Eigenschaften aufweisen. Prinzipiell sind sie aber nur im Mittelwellen- und unteren Kurzwellenbereich - vorzugsweise in Basisschaltung - geeignet. Die gemessenen Strom- verstärkungen lagen bei den mit rotem Punkt markierten Typen zwischen 25 und 32, bei den mit gelben Punkt markierten OC602 zwischen 40 und 64 (Mittelwert 50). Die 3 besten Transistoren habe ich für die Kamerad-Vorstufe und den eventuell noch zu bauenden TR1 für Oszillator/Vorstufe zurückgelegt. Bei dem verwendeten AF139 habe ich übrigens nur ein Beta von 15 ermittelt, freilich hat er einen sehr viel höheren nutzbaren Frequenzbereich. Die OC-Transistoren fallen bei der Messung der Stromver- stärkung genauso wie schon bei den Collectorströmen durch hohe Streuung auf.