es gibt eine neue Herausforderung: Die Restauration eines 'His Master's Voice', das genaue Modell ist (noch) nicht bekannt, es dürfte eine Variante der 'All-World Radio' sein und kommt aus England. Bei einem Preis von nur einem Franken konnte ich nicht widerstehen , dafür fehlt das Gehäuse samt Skala, da muss ich mir noch etwas einfallen lassen. Der Rest sieht unverbastelt aus und ist vollständig, sogar die Drehknöpfe und der Lautsprecher sind vorhanden. Die Elkos im Netzteil konnte ich erfolgreich formieren. Es gibt aber auch einige Papierkondensatoren, wie es damals halt üblich war. Auch die Isolation der Anschlusslitzen ist teilweise spröde und abgeblättert, aber die Drähte der fixen Verdrahtung sind glücklicherweise gut isoliert.
Das Gerät gehört zu den Spitzensupern und wurde in der zweiten Hälfte der 30er Jahre gebaut. Es empfängt LW, MW und 3 mal KW. Wie es sich gehört, hat es eine HF-Vorstufe, zwei ZF-Stufen, ein magisches Auge und eine Gegentakt-Endstufe und es sind 11 Röhren verbaut. Statt einer elektronischen 'KW-Lupe' gibt es hier einen Feintrieb für die genaue Abstimmung, was man sonst nur von Profigeräten kennt. Nach dem Schaltplan, den ich gefunden habe, gibt es auch eine Bandbreitenumschaltung, aber die habe ich noch nicht gefunden... Als Komfortelemente gibt es einen separaten Höhen- und Bassregler. Der Lautsprecher ist mit etwa 19*32cm riesig und permanentmagneterregt, also ohne Feldspule.
Das Ganze ist auf 2 Chassis aufgebaut, auf dem einen befinden sich Netztrafo, Gleichrichterröhre und die Endstufe. Die Siebung ist mit zwei Siebdrosseln und grossen Kapazitäten grosszügig dimensioniert.
Als Röhren sind teilweise Marconi-Typen (mit der Marconi-Bezeichnung) verbaut, so wie es nach Schaltplan sein soll, und teilweise amerikanische Röhren. Bis auf das magische Auge sind alles Oktal-Typen, das magische Auge hat noch den amerikanischen UX-Sockel.
Hier noch ein paar Bilder:
Das Netzteil-Chassis mit dem Gegentakt-Endverstärker, es gibt zwei Siebdrosseln und drei Glättungselkos (zwei sind unter dem Chassis und daher nicht sichtbar):
Das Empfänger-Chassis von vorne:
und von oben:
Der riesige Lautsprecher:
Das magische Auge hat seine besten Zeiten auch schon hinter sich, aber stellenweise leuchtet es noch recht hell:
Die Marconi-Röhre KTZ63 (eine HF-Pentode, entspricht der 6J7G):
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das Chassis ist wirklich gut erhalten, keine Basteleien und kein Rost. Lediglich die Sicherung wurde durch einen dünnen Draht ersetzt und dabei der Sicherungshalter demoliert. Diesen habe ich so weit repariert, dass eine korrekte 6*32mm-Sicherung hineinpasst, so wie es sein muss. Bei Gelegenheit beschaffe ich einen neuen Halter, zudem wird dann auch eine Sicherung in die Netz-Zuleitung eingebaut.
Beim Test des Netztrafos ist mir der mit 90mA recht hohe Blindstrom aufgefallen. Zuerst befürchtete ich einen Windungsschluss, aber es ist wirklich Blindstrom, wie die Messung ergab, und auch nach langer Betriebszeit im Leerlauf war die Wicklung kalt und geruchlos. Somit Glück gehabt.
Heute habe ich nach dem Test der Endstufe und Speisung dem Radioteil gewidmet. Es waren 4 Papierkondensatoren an kritischen Stellen (also an Orten, wo es bei Defekt zu Folgeschäden oder Brand kommen kann) zu tauschen. Stichprobenweise habe ich auch die Widerstände kontrolliert, sie waren alle innerhalb der Toleranz, egal ob hoch- oder niederohmig, somit Glück gehabt. Der Schaltplan passt recht gut zur Schaltung, bisher habe ich erst eine Abweichung festgestellt.
Beim Hochvolt-Doppelelko war die Kapazität verdunstet, der dient jetzt nur noch zur Dekoration, und ich habe zwei normale Elkos direkt an den passenden Stellen eingebaut. Weiter waren noch ein paar Litzen mit versprödeter Isolation zu ersetzen.
Nach diesen Reparaturen habe ich das Ganze mal in Betrieb genommen, und es gab Lebenszeichen in Form von Krachen, weil das Lautstärkepoti ziemlich üble Kontaktprobleme hat, dem muss ich noch nachgehen und es allenfalls ersetzen. Nachdem ich eine einigermassen 'ruhige' Stellung gefunden hatte, konnte ich weiter testen. Der Plattenspielereingang funktioniert, aber der Radioteil war tot, und das magische Auge zeigte Vollausschlag. Grund war die schwingende 2. ZF-Stufe. Durch Umschalten der Bandbreite war das dann weg, somit gibt es hier noch eine Baustelle. Danach konnte ich auf Langwelle im allgemeinen Störnebel Luxemburg ausmachen (nur mit 1m Draht als Antenne). Auf Mittelwelle und der untersten Kurzwelle waren ebenfalls die üblichen Störungen zu empfangen. Weiter habe ich die Oszillatorfrequenz gemessen, somit scheint es einen durchgehenden KW-Empfang von etwa 3..52MHz zu geben, der in drei Bereiche aufgeteilt ist. Der Wellenschalter scheint noch etwas Kontaktprobleme zu haben, die zu Aussetzern des Oszillators führen.
Eine kleine englische Nettigkeit sind die Anschlussbuchsen, die natürlich nicht 4mm Durchmesser haben, sondern etwas weniger, so dass die üblichen Bananenstecker nicht passen.
mittlerweile habe ich noch das Datenblatt gefunden. Es ist tatsächlich so, dass der oberste KW-Bereich bis 61MHz geht, vermutlich, um den damaligen AM-Ton des englischen Fernsehens zu empfangen. Weiter liefert die Gegentakt-Endstufe gemäss Datenblatt 11W und der Stromverbrauch um die 150W, also nicht gerade sparsam. Interessant ist auch die (überdimensionierte) Skalenbeleuchtung mit einer 220V-Glühbirne.
Noch ein paar Worte zur Schaltung:
Es ist eine mehr oder weniger klassische Schaltung eines 9-Kreis-Supers mit HF-Vorstufe und 2 ZF-Stufen und transformatorgekoppelter Gegentakt-NF-Stufe.
Die Eingangskreise sind recht aufwendig, und neben der üblichen Antennenankopplung mit Koppelspule gibt es auch eine Einkopplung über ein Anpassnetzwerk mit einem separaten Anschluss für eine spezielle Antenne. Im Anodenkreis der HF-Stufe befindet sich der 2. Eingangskreis, und der Mischer ist über eine Koppelwicklung angeschlossen.
Als Mischer dient eine Heptode und für den Oszillator wird eine separate Pentode verwendet. Auf diese Weise wurde wohl die Frequenzstabilität verbessert, was bei den hohen KW-Frequenzen (die ja bis UKW reichen) auch nötig ist. Nach dem Mischer folgt ein 2-stufiger ZF-Verstärker mit Bandfilterkopplung, wobei die ersten beiden Bandfilter in der Bandbreite umschaltbar sind. Als Demodulator wird eine Doppeldiode als separate Röhre verwendet, wobei die zweite Diode zur Erzeugung der Regelspannung dient. Geregelt wird die HF-Stufe, der Mischer und die 1. ZF-Stufe, wobei für KW die Regelspannung für den Mischer reduziert wird, vermutlich um Rückwirkungen auf den Oszillator zu vermeiden. Die letzte ZF-Stufe wird nicht geregelt, damit die HF-Stufe bei starken Signalen weiter zugeregelt wird und so keine Übersteuerung auftreten kann. Für die Abstimmanzeige gibt es ein magisches Auge, das im Gegensatz zur EM34 nur einen Schattenflügel hat, also sozusagen eine halbe EM34.
Die NF-Vorstufe ist eine als Triode geschaltete HF-Pentode. Für die Erzeugung der gegenphasigen Steuersignale der Endstufe wird ein Trafo verwendet, so werden Brummschleifen vermieden, die durch die getrennten Chassis auftreten könnten. Die Endstufenröhren haben eine lokale Gegenkopplung und arbeiten im A-Betrieb. Die Klangregelung (separat für Höhen und Bässe) greift beim Koppeltrafo zwischen Vor- und Endstufe ein. Die Potis haben einen Schalter, der eine dient als Netzschalter, der andere zur ZF-Bandbreitenumschaltung.
ich halte den Apparat für eine spezielle Behörden-Kleinserie. Anzeichen dafür sind der spezielle Antennenanschluss, der dritte Kurzwellenbereich, der Feintrieb und das fehlende Holzgehäuse. Bei uns nannte man das bei der DBP früher "Vergleichsempfänger".
Der Empfänger kommt dem H.M.V. Type 469 aus dem Jahr 1937 recht nahe. Das war aber ein 9-Röhren-Gerät. Die Kombination der Röhren KTZ63 und 6G5 (Magisches Auge) ist schon sehr speziell und ein gutes Suchkriterium.
Ich nehme an, dass einfach einer der Vorbesitzer das Gerät aus dem Gehäuse ausgebaut hat, warum auch immer, und deshalb das Gehäuse fehlt. Die Mischung aus amerikanischen und Marconi-Röhren kommt vermutlich auch daher, dass einfach im Laufe der Zeit ein paar Röhren ersetzt werden mussten, nach Schaltplan waren alles Marconi-Röhren (mit der Marconi-eigenen Bezeichnung). Gemäss Service Manual ist der spezielle Antennenanschluss für eine Antenne mit Schutz gegen statische Aufladung, vermutlich eine Rahmenantenne. Jedenfalls ein interessantes Gerät, da sieht man auch schön, wie viel Platz die eisenlosen Spulen brauchten. Die Schaltung ist ja praktisch gleich wie vom Albis 494, aber dort hat alles auf einem Chassis etwa gleicher Grösse Platz ohne Gedränge. Auch die Loktalröhren brauchen weniger Platz als die hier noch verwendeten 'bauchigen' Röhren.
Das magische Auge heisst übrigens 6E5 mit der amerikanischen Bezeichnung oder CV51 nach Marconi. Es wird im Service Manual übrigens nicht mitgezählt, daher steht dort 10 Röhren, obwohl 11 verbaut sind.
ich habe gestern etwas weiter gespielt. Das Lautstärkepoti wurde mit Kontakt Chemie behandelt, jetzt kracht es nicht mehr, aber die Mindestlautstärke ist immer noch hoch, somit muss das Poti bei Gelegenheit ersetzt werden. Der Grund für die ZF-Schwingneigung ist auch gefunden, hier fehlt die Abschirmung an der Leitung zum Gitter der 1. ZF-Röhre, das muss ich korrigieren. Weiter ist der ZF-Teil verstimmt, es gibt auch bei schmaler Bandbreite zwei ausgeprägte Maxima beim Abstimmen, das hängt vermutlich mit der fehlenden Abschirmung zusammen, die ja Teil der Schwingkreiskapazität ist. Ansonsten ist der Empfang so, wie man es von einem Gerät dieser Preisklasse erwartet. Die Röhren sind auf alle Fälle noch gut, sieht man von der Leuchtschicht des magischen Auges ab, aber die hatten ja alle Probleme.
Der KW-Bereich 3 scheint mit dem Oszillator noch ein Problem zu haben, vermutlich ein Kontaktproblem, weiter kann ein Nach-Abgleich nicht schaden, da ich im Oszillatorteil eine Leitung wegen Isolationsschaden ersetzen musste, was das Ganze natürlich verstimmt. Das Poti vom Bassregler scheint auch defekt zu sein.
es geht weiter. Auf MW und den ersten beiden Kurzwellen (also 3..27MHz) funktioniert es schon recht gut, allerdings macht der Wellenschalter noch etwas Kontaktprobleme. Weiter schwingt zeitweise der ZF-Verstärker, ziemlich sicher ist das ein Kontaktproblem beim Bandbreitenschalter. Für das Lautstärke- und Bass-Poti brauche ich auch noch Ersatz. Das Lautstärkepoti scheint schon einmal ersetzt worden zu sein. Der ZF-Pfad war zudem verstimmt, das habe ich mittlerweile korrigiert. Der dritte KW-Bereich macht noch nicht, was er soll, vermutlich ist er verstimmt, dem gehe ich nach, wenn die übrigen Launen beseitigt sind.
Die Empfindlichkeit ist sehr gut, so wie man es von einem 9-Kreis-Super auch erwartet, auch die Amateurfunkstationen kommen gut hörbar an, wenn auch wegen fehlendem BFO unverständlich. Die Schwundregelung funktioniert auch sehr effizient und die Trennschärfe ist in Stellung schmal hervorragend, während in breit der Klang schön hell ist.
Der NF-Frequenzbereich bei Plattenspielerbetrieb ist nicht schlecht, erst oberhalb etwa 18kHz fällt die Amplitude ab.
in meinem Bestand ist eine neue 6E5 von Toyo. Ich hatte sie für meinen Reichhalter Drahtton-Apparat besorgt. Sie war aber wegen der Länge mechanisch nicht einzubauen, sodass ein Umbau auf EM34 erfolgte. Die Röhre ist also übrig und kann die Reise nach HB9 antreten. Allerdings erst in der zweiten Juni-Woche. Bis dahin bitte die Adresse mit pm hier im WGF hinterlegen.
jetzt funktioniert alles, ausser dem defekten Poti für die Bassregelung, da ist die Widerstandsbahn unterbrochen, somit muss ich mir Ersatz besorgen.
@Walter: Das Angebot nehme ich gerne an, habe eine PN geschickt.
Das Lautstärkepoti war in Ordnung, das Problem dort war ein Elko, bei dem die Kapazität verdunstet ist und den ich übersehen hatte. Das Poti hängt nämlich nicht auf Masse, sondern auf der negativen Gittervorspannung, die zu diesem Zweck mit einem Elko gegen Masse abgeblockt ist. Nach Ersatz war alles bestens.
Der zeitweise schwingende ZF-Verstärker war Folge einer faulen Lötstelle. Der Abblockkondensator für die Regelspannung nach dem Demodulator hatte eine kalte Lötstelle und war somit zeitweise nicht vorhanden, was dann über die Regelspannungsleitung eine Rückkopplung gab. Durch Nachlöten war auch dieses Problem beseitigt. Die Bandbreitenumschaltung war unschuldig.
Das Oszillatorproblem im obersten KW-Bereich war ein Fehlabgleich, der Schalter war da unschuldig. Am oberen Ende war der Oszillator gegenüber den beiden Vorkreisen so verstimmt, dass am unteren Ende die Oszillatorfrequenz unter der Empfangsfrequenz lag, so wie es gemäss Service Manual sein muss, während es am oberen Ende umgekehrt war. Somit gab es einen Bereich dazwischen, wo die Oszillatorfrequenz der Resonanzfrequenz des Zwischenkreises entsprach. Da zwischen den beiden Gittern der Mischröhre eine parasitäre Kapazität existiert, wurde durch die Resonanz des Zwischenkreises die Energie vom Oszillator abgesogen, so dass die Schwingung schwach wurde und in einem Bereich sogar ganz aussetzte. Nach dem richtigen Abgleich funktioniert auch dieser Bereich wieder und ist erstaunlich frequenzstabil, trotz Frequenzen bis 60MHz.
Weiter gab es in der Speisung noch einen faulen Leistungswiderstand, der für eine zu hohe negative Gittervorspannung der Endröhren führte. Dieser ist jetzt auch ersetzt.
Hier noch ein paar Bilder:
Die Speisung mit Endstufe von unten. Die beiden gelben Elkos sind vermutlich nicht original, denn nach den Bildern im RM.org gehören hier ebenfalls auf dem Chassis montierte stehende Elkos hin, so wie der eine am anderen Ende des Chassis. Die Befestigungslöcher wären vorhanden.
Die Röhren vom Radioteil, vermutlich auch nicht mehr alle original, die 6K7 (HF-Vorstufe) zum Beispiel müsste auch ein KTW63 sein so wie die beiden ZF-Röhren. Man sieht da aber schön den technischen Fortschritt, sie ist viel kürzer als die Marconi-Röhren, was für HF natürlich gut ist. Wegen dem Pentoden-Patent von Philips sind es übrigens alles Beam-Tetroden, statt einem Bremsgitter haben sie Leitbleche, welche die Elektronen davon abhalten, von der Anode Richtung Schirmgitter zu verreisen.
Hier noch das Radiochassis von unten. Unten ist der Eingangskreis, in der Mitte der Zwischenkreis und oben der Oszillator. Auf der linken Seite ist der zweistufige ZF-Verstärker und oben links der Demodulator und NF-Vorverstärker. Die Signalführung ist nicht ganz schulbuchmässig, vom Mischer etwas oberhalb der Mitte geht es mit einem abgeschirmten Kabel ganz nach unten auf die linke Seite zum ersten ZF-Filter.
Hier der Oszillatorteil aus der Nähe mit den Quetschern und Glimmerkondensatoren: