selten hat eine einfache, zweifach angezapfte Spule soviel Fragen bei mir aufgeworfen wie diese hier:
Es ist der Aufdruck, der mir zu denken gibt:
Die Induktivitäten sind wie folgt:
Das Teil ist um die 100 Jahre alt. Die Firma Bowyer-Lowe verkaufte in den 1920-er Jahren diverse Bauteile für den Aufbau von Detektoren und Radios. Anzeigen lassen sich bis zum ersten Heft "The Wireless Magazine" im Februar 1925 zurückverfolgen.
Klar ist, dass sich diese Spule auf Mittelwelle sowohl in Serien- als auch Parallel- Resonanzkreis mit den üblichen Drehkos abstimmen lässt. Sie hat einen Durchmesser von 5cm und eine Länge von 6cm. Es gibt einen, wenn auch kleinen, Abstand zwischen den HF-Litzen-Windungen. Kann jemand eine zündende Idee beisteuern? Die Spule hat eine mutmasslich hohe Güte. Sie ist sicherlich auch als Verlängerung eines kurzen Antennenstabes geeignet. Auch die Verteilung der Antennenenergie auf 2 Empfänger ist denkbar (to split = aufteilen).
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Re: Bowyer-Lowe Split primary aerial 250-550 Meter
Hallo Walter,
ein tolles Teil hast Du da ergattert .... aber was sind denn explizit Deine Fragen? Was stört Dich denn am Aufdruck? Eine Primärinduktivität mit Anzapfungen.. die auch als Antennenverlängerung eingesetzt werden kann. Der Sockel ist speziell für ein Bowyer- Lowe Gerät konzipiert. Es wird verschiedene Ausführungen gegeben haben. NC = Not Connected. Also Blindkontakte... aber das weißt Du ja alles selber!
Re: Bowyer-Lowe Split primary aerial 250-550 Meter
Hallo Jörg,
das weisse Schildchen "2268" dürfte eine Lager- oder Auktionsnummer aus der jüngsten Vergangenheit sein. Die weisse Beschriftung habe ich nach der Messung selbst in das Foto geschrieben. Nähme man den Anschluss 4 als Bezugs- oder Massepunkt, dann ergäben sich am Anzapfpunkt alternativ 38 und 54 µH.
Man kann die Spule mehrfach einsetzen, ich frage mich aber, wie ein Schaltungsvorschlag aus der damaligen Zeit gewesen sein könnte. Auch damals muss es in einer Marktwirtschaft einen Grund gegeben haben, so eine Spule anzubieten. Oder sie war Bestandteil eines Geräts. Allerdings verkauften sie nur Bauteile. Ich habe jedenfalls in meiner Recherche nichts Plausibles gefunden und rätsele noch immer. Gibt es einen Beleg für die 6-polige Steckernorm, firmenspezifisch? Es ist auch merkwürdig, dass es keinen Recherchetreffer für den Begriff "Split primary aerial" gibt.
Re: Bowyer-Lowe Split primary aerial 250-550 Meter
Hallo Kalle,
danke! Das hilft schon einmal weiter. Es scheint sich also um eine spezielle Begrifflichkeit aus England Mitte der 1920-er Jahre zu handeln. Split=Aufteilen kann man auch als Abgreifen verschiedener Impedanzen am Eingangskreis für Antenne und Detektor/RC- Kombination verstehen, damit sich die Bedämpfung des Kreises und die damit verbundene Trennschärfe in Grenzen hält. England war und ist diesbezüglich wegen der geografischen Lage in einer Sonderposition. Ich denke, Schwenkkoppler lösten diese Technik sehr bald ab.
Ich werde, wenn ich in den kommenden Tagen Zeit finde, einmal an diesem Empfänger einen Test machen und hier eine kurze Notiz schreiben:
Re: Bowyer-Lowe Split primary aerial 250-550 Meter
Die 6 Buchsenstifte, die ein Kreuz bilden, haben zum Nachbarn jeweils einen Abstand von 1/2"=12,7 mm.
Nachtrag vom 30.10.2022:
1,6 MHz als obere Empfangsfrequenz anzunehmen, geht an der Realität der 1920-er Jahre vorbei. Das hat mit den damaligen Röhreneigenschaften und den geringen Reichweiten im oberen Mittelwellenbereich zu tun. Man plazierte hier gerne reine Ortssender kleiner Reichweite. In einem Nachbau eines typischen 1920-er Audions (siehe Ende des Beitrags) musste tatsächlich der Spulenabgriff 199 µH gewählt werden. Mit einer maximal eingestellten Drehko- Endkapazität von 430 pF konnte hier bis 540 kHz abgestimmt werden. Bei herausgedrehtem Drehko waren es 1200 kHz, was der Gravur auf der Spule entspricht. Meine Aussenantenne am 253 µH Ende verstimmte den Empfänger nur um 80 kHz nach unten. Die technische Erklärung dürfte sein, dass die 54 µH Teilinduktivität meine Dachkapazität in eine Serienresonanz kompensiert. Für kürzere Antennen bot sich die andere Anzapfung an. Rechnerisch ergeben sich für die Gesamt- induktivität 324 µH (104 Windungen). Ich hätte nicht gedacht, dass ich diese Form der Einspeisung belassen könnte. Es blieb aber keine andere Wahl, weil ich eine "Miller"-Spule als Rückkopplungsspule noch im Gehäuse untergebracht habe. Möglicherweise war die Spule Bestandteil einer Detektor- schaltung. Bisher wurde noch keine Reklame in Zeitschriften ab 1924 entdeckt.
Re: Bowyer-Lowe Split primary aerial 250-550 Meter
Hallo zusammen,
nun hat mich die Neugier am heiligen Sonntag doch gepackt und ich habe die Spule mit dem 3-Röhren- Spheria-Empfänger verbunden. Das Ergebnis in puncto Lautstärke und Trennschärfe liegt mit meinen Flachspulen gleichauf. Wirklich überraschend ist aber, dass die Antenne kaum einen Einfluss auf die Abstimmfrequenz hatte. Wenn ich nur eine Dipolhälfte anklemmte, musste ich nicht nachstimmen, nur die Lautstärke war geringer. Nach Einbruch der Dunkelheit werde ich noch einmal testen. Bestes Ergebnis mit Antenne an Klemme 3. Erwartungsgemäss konnte als Parallelkreis geschaltet nur der untere Bereich der Mittelwelle empfangen werden.
Das verwundert aber nicht, ging der Frequenzbereich damals ohnehin nur bis 1200 kHz. So veröffentlichte die britische Times am 22.08.1925 folgende Fernsender vom Festland:
Re: Bowyer-Lowe Split primary aerial 250-550 Meter
basteljero: Wie wär's mit einem HF-Vorverstärker für den "Spheria" mit der Spule ?
Das macht hier keinen Sinn, denn die Signale sind superlaut im Kopfhörer. Ein Endverstärker für einen Lautsprecher wäre überlegenswert, aber ich will mit dieser Anordnung nur sporadisch in das Band hören. Eventuell baue ich eines Tages etwas Separates mit dieser Spule auf.