diese Woche stand die Reparatur (ausdrücklich nicht Restaurierung) einer Philips Philetta BD273U aus dem Jahre 1957 auf dem Programm. Ich weiss, dass es viele Philetta- Fans gab - ich gehöre nicht dazu! Wahrscheinlich deswegen, weil ich an die Variante 273U geraten bin, die ich neben allen guten Eigenschaften bezüglich Restbrumm für eine Fehlkonstruktion halte. Gleichricherröhre UY85 und der Becherelko 100+50µF liegen ganze 22 cm voneinander entfernt. Die nicht vorhandene Netztrennung und damit nicht vorhandene Schutzerde machen das Problem nicht einfacher. Es gibt 2 Koppelkondensatoren C76=10nF und C80=4,7nF, die geschirmt werden müssen. Ich habe Weissblech über einen 5,5mm-Bohrer gezogen und auf die beiden neuen Kondensatoren geklebt. Mit 3 möglichst kleinen Einzel-Elektrolyt- kondensatoren 350V/47µF habe ich die einzig möglichen Montagestellen unterhalb des Chassis ausprobiert: Montageort des Original-Elkos und in der Nähe der Gleichrichterröhre. Im ersten Fall wurde die Funktion des UKW-Oszillators zu sehr beeinträchtigt und in der Nähe der Gleichrichterröhre war der Restbrumm ein richtiger Brumm und nicht akzeptabel. Hier liegen in der Nähe sinnigerweise auch die geschirmten Koppel-C's. Mittels Rohrzange liess sich der alte Elko keinen Millimeter bewegen. Um an die Befestigungsmutter zu kommen, hätte ich das halbe Radio demontieren müssen. In letzter Not habe ich den Elko in halber Höhe durch- gesägt, den Inhalt entfernt und eine Weissblech-Halteschelle konstruiert. Hier konnte ich die drei Minuspole der Elkos gut anlöten. Die beiden Pluspole habe ich mittels zweier Kabeln über eine 5mm-Bohrung im Sockel des alten Elkos unter das Chassis geführt.
Durch die Sägearbeiten wurden weitere Fehler produziert:
- Kurzschluss des AM-Drehkondensators durch Sägespähne, Reinigung mit Pressluft und Kontakt 61 - Brechen der Ferritantennen-Lötleiste, Klebung mit Zweikomponentenkleber - Kurzschluss durch zwei Drähte im Bereich der UABC80 - Kurzschluss im Heizkreis mit der Folge, dass die beiden Skalenlämpchen durchbrannten.
Zum Glück brannte kein Heizfaden der Röhren durch. Die 12V/0,1A Skalenbirnchen sind inzwischen schwieriger als die U-Röhren zu bekommen, es gelang aber die Ersatzbeschaffung. Am Ende war alles gut und das Staunen gross, dass dieser Philetta-Typ im Wumpus-Museum fehlt! Vielleicht sollte das vom Rainer nachgeholt werden.
Unter den 19 getauschten Kondensatoren befanden sich auch 5 Wima-"Malzbonbons". Diese Typen haben schon Heerscharen von Servicekräften in den 1960'er Jahren beschäftigt. Das wusste Philips offenbar schon beim Einbau. Ich musste über die Serienschaltung zweier 20nF Malzbonbons mit einer Spannungsangabe von je 1000V schmunzeln.
In "Wumpus Welt der alten Radios" lohnt es sich, ein wenig zu stöbern:
In den Bildern sieht man auch den direkten (Grössen)Vergleich zum Philips Digitalradio ORD7300. Der Senior aus dem Jahr 1957 steht analog kaum schlechter da als sein moderner Nachfolger. Am Testort Keller brillierte das Digitalmodell im DAB+-Betrieb allerdings mit der Displayanzeige "Service not available".
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ich habe meine 254U immer noch nicht fertiggestellt, Deine Hinweise kann ich bestimmt auch bei meiner gebrauchen. Ich liebe diese Philettas, und zwar das goldene Grill, besonders, wenn es beleuchtet wird.
Viele Grüße aus Loccum, Wolfgang.
Wer niemals fragt, bekommt nicht einmal ein Nein zur Antwort!
unsere Philettas sind ähnlich aufgebaut und unterscheiden sich hauptsächlich im Heizkreis (NTK) und der Endröhre UL41 anstelle UL84. Man braucht etwas Geduld und Nervenstärke. Zum Glück sind die Kisten zu alt, um diese schlimmen Schichtwiderstände der 60'er Jahre mit dem Trend zur Hochohmigkeit zu enthalten.
Viel Erfolg und "ran an die Möpse, äh Malzbonbons" Walter
Philips hat auch bei anderen Geräten den Netz-Elko weit weg vom Gleichrichter platziert, so z.B. bei meinen beiden Geräten. Am einen Ende des Chassis befindet sich der Netztrafo, die Gleichrichter- und Endstufenröhre und am anderen Ende des Chassis der Elko. Brummprobleme gibt es dadurch keine, es sind aber auch keine Allstromgeräte. Ein Vorteil dieser Konstruktion ist, dass der Elko nicht von den Leistungsröhren geheizt wird und damit kalt bleibt, was die Lebensdauer erhöht. Meine waren jedenfalls neuwertig.
Beim gedrängten Aufbau der Philettas ist das Brummproblem natürlich prinzipiell grösser, und die Serieheizung der Allstromgeräte ist auch alles andere als ideal, was die Brummproblematik angeht, da die Wechselspannung am Heizfaden gegenüber den restlichen Elektroden, insbesondere dem Steuergitter, wesentlich höher ist als bei Parallelheizung mit einem geerdeten Heizkreis. Das gilt auch für die Verkabelung der Heizung, die entsprechend hohe elektrische Störfelder erzeugt, die dann in die NF-Leitungen einkoppeln. Weiter gibt es durch die Halbwellengleichrichtung ebenfalls mehr Brumm.
es ist richtig, dass der Elko hinsichtlich der Wärme (40W Leistungsaufnahme) am kaltesten Chassispunkt aufgebaut ist. Diesen Planungsansatz kann ich nachvollziehen. Der Apparat wird schon ziemlich heiss, der Sicherungshalter wurde beispielsweise in Keramikversion ausgeführt.
Von Formierungsversuchen des Elkos habe ich abgesehen, denn man konnte sehen, dass bereits Elektrolyt ausgetreten war. Die jetzigen Elkos sind für 105°C spezifiziert, allerdings für nur wenige tausend Betriebsstunden, die diese Philetta mit Sicherheit nicht mehr betrieben werden wird.
Im Heizkreis findet man die stolze Anzahl von 3 Induktivitäten und 4 Kapazitäten, um dem Brummproblem zu begegnen.
dein Bericht reizt zur Erwiderung. "die ich ... bezüglich Restbrumm für eine Fehlkonstruktion halte" - eine kühne Behauptung. Die Philetta brummt nicht mehr als andere vergleichbare Radios. Der physische Abstand zwischen Gleichrichterröhre und Elko ist bezüglich des Restbrumms völlig irrelevant.
"Die nicht vorhandene Netztrennung und damit nicht vorhandene Schutzerde machen das Problem nicht einfacher" Die nicht vorhandene Netztrennung hat mit Restbrumm überhaupt nichts zu tun. Zur Schutzerde: Welches Radio hat bitte Schutzerdung? Ich kenne keines! Außerdem: Auch Schutzerdung hat mit Restbrummen nichts zu tun.
"Mittels Rohrzange liess sich der alte Elko keinen Millimeter bewegen" Da hast du Pech gehabt. Ich habe mehrmals diesen Elko gewechselt und hatte nie Schwierigkeiten. Einen im Chassis eingebauten Elko zu zersägen, auf die Idee muss man aber erstmal kommen. Die beschriebenen Folgeschäden wirst du hoffentlich nicht der Philetta anlasten...
"Die 12V/0,1A Skalenbirnchen sind inzwischen schwieriger als die U-Röhren zu bekommen" Komisch, hatte ich noch keine Probleme.
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Und die U-Röhren? Sämtliche U-Röhren gibt es neu bei BTB. Die UL 84 kostet 15,40 Euro, alle anderen unter 8 Euro.
"Ich musste über die Serienschaltung zweier 20nF Malzbonbons mit einer Spannungsangabe von je 1000V schmunzeln" An welcher Stelle denn? Das gibt es in der Philetta normal nicht, das ist entweder nicht original ab Werk, oder es trat in der Serienfertigung ein Vorratsengpass auf.
"Im Heizkreis findet man die stolze Anzahl von 3 Induktivitäten und 4 Kapazitäten, um dem Brummproblem zu begegnen." Diese sieben Bauelemente dienen der hochfrequenzmäßigen Entkopplung der Stufen untereinander über den Heizkreis und haben mit "dem Brummproblem" nicht das geringste zu tun.
"Die jetzigen Elkos sind für 105°C spezifiziert, allerdings für nur wenige tausend Betriebsstunden". Ja, aber das Innere der Philetta erreicht keine 105 Grad. Und mit jeden 10°C weniger verdoppelt sich die esitimated lifetime. So sind üblicherweise Elkos spezifiziert.
Und jetzt noch was zum Thema Sicherheit: Als Trennkondensatoren hast du an der Phono- , Lautsprecher- (und damit vermutlich auch an der Erdbuchse) ganz normale Folienkondensatoren eingesetzt, soweit ich das auf dem Bild erkenne. Das ist nicht zulässig, es müssen (!) Y2-Kondensatoren sein.
Der "Restbrumm" resultiert hier nicht alleine aus der Restwelligkeit der Einweggleichrichtung. Es kommt ein Surren hinzu und wird oberwellenhaltig sein. TFW- und Rundsteuersignal sind auch dabei. Je nach Positionierung des Netzsteckers (Phase/Null) gibt es auch Unterschiede. Ich kenne den Effekt auch von anderen Geräten, selbst bei galvanischer Netztrennung. Bei Graetzbrücken helfen hier 10nF-Kondensatoren über jeder Diode. Besonderheit bei mir: Das Netz ist über ein dreiphasiges 100kHz-Tiefpassfilter entstört.
Die Serienschaltung aus zwei 20nF-Kondensatoren war der C84 zum Klangsteller. Mag sein, dass das nicht original von Philips war. Das Gerät war die Schenkung eines Kollegen und zierte über Jahrzehnte zusammen mit weiteren Geräten (DKE38, VE301dynW, Portatif 695) ein Büroregal.
Defizite zum Thema Sicherheit mögen an den Genen liegen (Polen). Trotzdem arbeite ich hier mit Trenntrafos. Die verwendeten 630V-Typen (teilweise 1260V) hielt ich gegenüber den eingebauten Papier-Teer-Typen für ausreichend sicher. Sowohl die Phono- als auch die Zweitlautsprecherbuchse werden mit Sicherheit nicht mehr verwendet werden. Es würde mich wundern, wenn die Philips Kondensatoren Impulsspannungsfestigkeiten von 5kV (Y2) aufweisen konnten.
Ach ja, die Folgeschäden laste ich natürlich nicht der Philetta an.
zu den Y2-Kondensatoren: Die ursprünglich in Radios verbauten Papier-/Teerkondensatoren erfüllten nie die heutigen Sicherheitsanforderungen an einen Y2-Kondensator, im Neuzustand (Papier trocken und noch nicht chemisch zersetzt) waren sie aber tolerierbar. Heute muss jeder dieser Kondensatoren, der berührbare Teile mit dem Netz verbindet, ersetzt werden, meistens macht einen der FI-Schalter darauf aufmerksam, sofern man einen hat und ein Strompfad nach Erde existiert.
'Normale' 630V-Folienkondensatoren sind zwar im Allgemeinen sicher genug, aber für diesen Zweck nicht zulässig, wie das Stefan geschrieben hat. Y2-Kondensatoren haben nämlich die Eigenschaft, dass auch im Fehlerfall der Leckstrom klein bleibt und der Kondensator wieder heilt, darum darf man Y2-Kondensatoren auch nur kleine Wechselströme zumuten. Wenn man das Gerät mit einem Trenntrafo betreibt, ist es sicherheitsmässig in Ordnung, das Problem ist nur, dass das später niemand weiss, wenn das Radio mal in andere Hände kommt. Daher sollte man mindestens einen passenden Hinweis auf der Rückseite oder dem Netzkabel anbringen, allenfalls auch die besagten Buchsen mit einer Isolierplatte überdecken, damit sie nicht benutzbar sind.
Wenn man es korrekt machen will, müsste man das Chassis auch isoliert in das Gehäuse einbauen, da Holz und auch diverse Kunststoffe als sicherer Isolator nicht durchgehen, ebenso üblichen die Karton-Rückwände. Auf der Unterseite berührbare Schrauben gehen ebenfalls nicht durch.
Im übrigen bin ich aber der Meinung, dass jeder selber wissen muss, was er tut. Ich betreibe auch seit Jahrzehnten einen Fernseher mit nachgerüstetem Video-Eingang und externem Trenntrafo, was nach Vorschrift nicht erlaubt wäre. Aber wenn man weiss, was man tut, ist das kein Problem.
Wegen dem Brumm: So wie es Walter beschrieben hat, dürfte der Brumm kapazitiv von der Heizung (oder der Netzzuleitung) in den NF-Pfad einstreuen, entweder in der NF-Vorstufenröhre oder in der Verdrahtung. Dieses Phänomen kenne ich gut, es tritt auch bei Wechselstromgeräten auf, dort ist wegen der niedrigeren Heizspannung das Problem meistens kleiner. Abhilfe geht meistens nur durch eine andere Verlegung der Heizleitungen oder zusätzliche Abschirmungen, allenfalls auch eine Änderung der Reihenfolge der Röhren im Heizkreis. Durch die heute üblichen Verzerrungen der Netzspannung und den dadurch erzeugten Oberwellen vergrössert sich das Problem, da diese wegen der höheren Frequenz kapazitiv stärker koppeln und auch besser hörbar und damit störender sind.