vor wenigen Tagen bekam ich von einem befreundeten Sammlerkollegen einen schweizerischen "Titan 493" geschenkt. Dieses Gerät sollte ursprünglich für sein Schwestergerät des Typs 492 als Ersatzteilspender herhalten. Dies erwies sich zum einen als nicht notwendig und zum anderen als viel zu schade, denn die Grundsubstanz befand sich in einem recht akzeptablen Zustand. So entschied ich mich zur Rettung, allerdings mit "etwas anderen Mitteln", wie ihr gleich noch sehen werdet.
Da war also eine Bühne komplett mit Dekoration, allerdings waren alle Hauptakteure verschwunden... Nun wäre ein neuer Vertrag mit den "Original Loctal Brothers" mit locker um die 100¤ zu Buche geschlagen. Davon abgeschreckt kam das Management auf eine andere Idee: Wir engagieren eine "Cover-Band", die "Octal-Heartbreakers", fünf coole Jungs im "Coke-Bottle-Design" und einen etwas schlankeren Herren für die Lightshow, die sowieso hier schon seit vielen Jahren nur in dunklen Kellern weilten. Schnell wurde die Bühne oben etwas angepasst, damit sie schon einmal zur Probeaufstellung erscheinen konnten. Die wenigen Eingeweihten, die dazu in den Zuschauerrängen teilnahmen, waren von diesem Anblick so begeistert, so dass dem Management gar keine andere Wahl bleib, als gleich den Vertrag zu unterschreiben...
Roehrenfreak Entertainment proudly presents: Der Mann am Mischpult: 6K8, die wohlgestimmten ZF-Resonanten spielt 6K7, Demodulatoren und Background 6Q7, Lead Vocals 6V6, der Mann am 50-Hertz-Bass - wir sind stolz, dass wir ihn erneut im passenden Outfit engagieren konnten - 5Y3G und, last but not least, für die Lightshow konnten wir 6E5C gewinnen!!! JAAAA - Applaus, Applaus, Applaaauuus, meine Damen und Herren!!!
Bevor jedoch die neue Combo aufspielen konnte, mussten besonders unter der Bühne umfangreiche Umbauten vorgenommen werden, die Localfassungen wurden zu Oktalfassungen durch Entfernen des "Lock's" in der Mitte.
Bei der Gelegenheit fiel auch noch das defekte Lautstärkepoti negativ auf. Es blieb mir nichts anderes übrig, als die defekte Widerstandsschleifbahn gegen ein Implantat aus einem anderen Poti zu ersetzen. Ebenfalls gewechselt wurden die Elkos im Netzteil, die nicht sehr vertrauenserweckend aussahen und auch nur laienhaft "hineingebastelt" waren. Der Koppelkondensator, ein alter "Teerie", sowie noch weitere Teile waren außerhalb der Limits und wurden in dem Zuge gleich mit gewechselt. Zur Anpassung des Arbeitspunktes der 6V6-Endröhre wurde in deren Kathodenleitung eine Parallelkombination aus 27 Ohm und 47µF eingefügt. Am ersten ZF-Filter musste der Ausgang an die Oberseite verlegt werden, damit der Anschluss zur g1-Kappe der 6K7 möglichst kurz ausfällt. Der g3-Anschluss für die Misch- und Oszillatorröhre 6K8 wurde unter Verwendung von Autoradioantennenleitung bewerkstelligt. Für das Magische Auge fehlten die Fassung nebst Verdrahtung und der Haltewinkel komplett. Hier lieferte die Bastelkiste den erforderlichen Ersatz.
Nach und nach wurden die Stufen von hinten beginnend umgebaut und getestet/abgeglichen, zum Schluss die Misch- und Oszillatorstufe. Das Magische Auge wurde ganz zuletzt angeschlossen.
Das Ergebnis kann sich hören (und auch sehen) lassen, denke ich. In puncto Empfindlichkeit und Trennschärfe steht es jedenfalls dem Gerät mit Originalbestückung (7S7, 7A7, 7B6, 7C5, EM4 und 5Y3G) nichts nach.
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Junge, das ist ja ein mords Trumm! So einen habe ich noch nie gesehen, bzw. gehört. Ging denn der Umbau von Loctal- auf Oktal-Fassungen so einfach? Sind denn die Loctal-Stifte nicht viel dünner? Oder hatten die originalen Röhren auch so dicke Stifte?
die Kontakte ließen sich recht leicht auf das Format der Oktalsockelstifte weiten, der Isolierkörper bot dazu genügend seitlichen Platz. Nur nach unten sind die Fassungen geschlossen und nicht tief genug. Daher stehen die Röhren nun ein wenig ab. Das macht jedoch nichts - es funktioniert auch so
Und - naja, sooo groß ist das Radio auch nun wieder nicht: B=455, H=310, T=190 mm
Was mir eben daran so gefällt sind die Holzknöpfe - irgendwie goldig!
Sehr schönes Gerät und ein gut gemachter Bericht! Lustig zu lesen Besonders gut gefällt mir auch, dass Du es nicht übers Herz brachtest, das Gerät als Ersatzteilspender zu benutzen, sondern es wieder aufzubauen. Das kenne ich nur zu gut von mir selbst, dass als E-Teile Spender beschaffte Geräte dann doch zu schade waren.
Weißt Du Anton - das war quasi "Radioliebe auf den ersten Blick". Dem konnte ich einfach nicht widerstehen. Und so zog ich bei der Reparatur des Schwestergerätes alle Register, damit ich bloooooß nicht in die Verlegenheit kam, irgend ein Teil dem '493 entreissen zu müssen. Das ist gottlob auch gut gegangen, der '492 spielt zur Zufriedenheit meines Sammlerkollegen quasi wieder wie neu.
Umbauzeit des '493: Montags angefangen - Mittwochs darauf fertig... Dabei aufgrund meiner langwierigen Erkrankung auch noch daran sehr gemächlich gearbeitet
vor einiger Zeit war ich bei Leuten eingeladen, die mir ihr altes Radio vom Urgroßvater zeigten, als sie erfuhren, daß ich Radiosammler bin. Das Radio wurde aus dem Keller geholt und gezeigt. Ich öffnete es. Drinnen im guten Zustand, kein Staub!
Die kleine Tochter sah, staunte und meinte: "Das sieht ja aus wie im Palast der Eiskönigin!". Sie war darüber des Lobes voll.
Sie deutete dabei auf die "silbrigen" Röhren = Eis-Palast-Teile.
So gesehen - Juergen - hast Du da auch einen "Eispalast".
Gratulation zu dem Umbau. Ein schönes Beispiel, dass die meisten Radios zu retten sind. Irgendwie sollte aber noch ein Aufkleber hinten angebracht werden, damit niemand auf die Idee kommt die Röhren "richtig" in die Fassungen zu drücken.
@ Rainer: Eispalast - lustig! Diese kindliche Phantasie ist einfach goldig! Thx 4 share!
@ Volker: Der Umbau ist auf dem Schaltplanausdruck komplett handschriftlich vermerkt und liegt dem Gerät bei.
@ All: Vielen Dank für eure netten Worte. Zu Beginn hatte ich noch leichte Zweifel. Schließlich weicht das Gerät nun komplett vom Originalzustand ab, was überzeugten Original-Puristen vermutlich nicht sonderlich gefallen wird. Aber immer noch besser so, als geschlachtet und den Rest in die Tonne geworfen, meine ich.
roehrenfreak:Zu Beginn hatte ich noch leichte Zweifel. Schließlich weicht das Gerät nun komplett vom Originalzustand ab, was überzeugten Original-Puristen vermutlich nicht sonderlich gefallen wird.
Völlig unbegründete Zweifel! 1. Da steht jetzt ein schönes Radio das spielt statt etwas Holz in Deinem Ofen und ein paar Teile in der Bastelkiste. 2. Hast Du ja nichts zerstört. Wer irgendwann das Radio gern im O-Zustand hätte kann ja zurück rüsten - viel Spass dabei ;) Und 3. wäre das Radio früher genau so gebaut worden, wie es jetzt ist wenn die Teile-Lage anders ausgesehen hätte. Man könnte auch sagen, gerade durch Deinen Umbau ist es original geworden, weil damals in "Not-Zeiten" auch einfach das genutzt wurde, was vorhanden war!
Meint Uli, der einen ziemlichen Respekt davor hat, was viele hier drauf haben!
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