Geloso G.256 - Diktier- UND Familientonbandgerät aus dem Jahr 1958/59
Hallo zusammen,
John Geloso war ein italienischer Ingenieur, der schon im Teenageralter Patente inne hatte. Mit 24 Jahren war er bereits Chefingenieur einer US Firma. 6 Jahre später gründete er seine eigene Firma in Mailand. Bei uns ist Geloso nur wegen seiner KW-Sender und Empfänger den älteren Funk- amateuren ein Begriff. Weniger bekannt ist, dass er in Italien einen erstaunlich erfolgreichen Markt für Radios, TV- und Tonbandgeräte hatte.
An dieser Stelle möchte ich das Tonbandgerät G.256 von Geloso vorstellen. Es ist mit nur einer Geschwindigkeit von 4,75 cm/s ausgestattet und wird mit einem Frequenzumfang von 80 bis 6500 Hz angegeben. In ähnlicher Form gab es den Vorgänger G.255, der noch handverdrahtet war. Es gibt nur einen Mikrofoneingang mit einem Klinkenstecker und einem ungewöhnlichen Durch- messer von 5,0 mm. Tonaufnahmen mit dem beigelegten Geloso-Kristall- Mikrofon überraschten mich qualitativ sehr.
Aber bis dahin war ein steiniger Weg. Zuerst musste eine Grundreinigung vorgenommen und die interne Konstruktion verstanden werden, denn der offenbar blockierte Motor wollte einfach nicht anlaufen. Kernpunkt des Problems war die Verschraubung des Laufwerks mit dem Netztrafo auf der Elektronikplatine, wobei eine der Schrauben als Senkkopf von einer Andruckrolle verdeckt war. Das erklärt auch, dass es bis gestern im RM mit einer Ausnahme keine Bilder des Innenlebens existierten.
Vorher habe ich erst einmal geprüft, ob die Motorwicklung auf dem Netz- spannungspotential (wahlweise 110-125-160-220 Volt) den dauerhaften Stillstand überstanden hat, was dank des Kurzschlussläufers der Fall war. Sowohl der Motor als auch der Netztransformator hat Abgriffe für diese 4 Netzspannungen. Offenbar gab es in der Nachkriegszeit sehr unterschied- liche Spannungen.
Nach Freilegung des Motors konnte der Kurzschlussläufer durch Lösen zweier Muttern und einem Sechskantabstandshalter entfernt, gereinigt und geölt auf besten Freigang wieder justiert werden. Danach lief er wieder wie in alter Zeit. Bislang kannte ich solche Motoren nur als Drehstrommotoren. Wie bei einem Einphasenwechselstrom ein Drehfeld erzeugt wird, ist mir einigermassen unklar.
Es versteht sich von selbst, dass verdächtige Rollkondensatoren und Elkos vor dem Zusammenbau ausgewechselt wurden und die Röhren auf Emission gemessen wurden (ECC83, EL95, DM70). Alle hatten aus der Erstbestückung noch 100% Emission. An vielen Stellen musste ich über die ausserordentlich robuste Konstruktion staunen. Trimmer sind übrigens gekapselt. Das Gerät misst 26 x 14 x 10 cm und wiegt etwa 3,5 kg.
Im Gegensatz zu dem Uher 4400 entwickelte sich in der letzten Woche während der Instandsetzung beinahe eine emotionelle Beziehung. Das Gerät wurde auf einer französischen Online-Versteigerung zum Mindest- gebot von weit unter den Versandkosten italienischer Anbieter in der Bucht für mich ersteigert. Alleine die Echtledertasche und das Mikrofon wäre den Preis Wert gewesen. Zu sehen ist in folgendem Bild auch ein mechanisches Tastenaggregat (sehr stabil!) für eine Sekretärin, die die Sprache in einen Text umzusetzen hatte.
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Re: Geloso G.256 - Diktier- UND Familientonbandgerät aus dem Jahr 1958/59
Hallo Jens,
ich denke, mit dem Motor scheinst Du Recht zu haben. In diesen Dingen war ich in jungen Jahren auch schon etwas unterbelichtet. Die beiden Spaltpol-Kurzschlusswindungen sind ja nun wirklich nicht zu übersehen.
Re: Geloso G.256 - Diktier- UND Familientonbandgerät aus dem Jahr 1958/59
Hallo Walter,
hübsches Gerät. Der Aufbau sieht ziemlich gedrängt aus. Noch wegen Netzspannungen: in dieser Zeit waren Netzspannungen um 160V offenbar verbreitet, fast alle meine Geräte haben eine Einstellmöglichkeit für diese Spannung. Was mich bei deinem Gerät erstaunt, ist dass man den Motor nicht einfach mit der 220V-Primärwicklung fest verbunden hat und dann der Netztrafo für den Motor als Auto-Trafo funkitioniert, wenn eine andere Netzspannung eingestellt wird. Bei Radios mit eingebautem Plattenspieler war das ja der Normalfall und hat den Vorteil, dass man nur an einem Ort die Spannung korrekt einstellen muss.
Re: Geloso G.256 - Diktier- UND Familientonbandgerät aus dem Jahr 1958/59
Hallo HB9,
das Vorgängermodell G.255 mit Endröhren für eine 35 ... 40V Heizung soll insgesamt eine Spartrafokonstruktion ohne galvanische Netztrennung gewesen sein. Allerdings habe ich kein Schaltbild für dieses Gerät gefunden. Die Spannungswahl beim G.256 ist aber einfach: Sowohl für den Trafo als auch für den Motor reicht das Eindrehen einer Schraube mit genutetem Plastikkopf für die entsprechende Spannung aus. Wahrscheinlich hatte der Motor - eines der wenigen Bauteile ohne Geloso-Markierung - die Spannungsabgriffe ohnehin schon.
Die italienische Variante gab es in verschiedenen Versionen zwischen 1955 und 1958 und verwendete neben der ECC83/12AX7 und DM70 die UL41 bzw. die 35D5 oder 35QL6 für die Endstufe bzw. den Löschoszillator: https://www.radiomuseum.org/r/geloso_g255g25_3.html
Ein neuer Riemen und die Verwendung eines neu produzierten Bandes "Recording the Masters, Frankreich" aus dem vorletzten Jahr haben noch einmal eine spürbare Verbesserung gebracht. Auf dem Uher 4400 abgespielte Aufnahmen zeigen allerdings, dass der Geloso mit einer etwas kleineren Geschwindigkeit aufnimmt. Das verwundert aber nicht wegen der Verhärtung der Gummiandruckrollen. Ausserdem hören sich die Aufnahmen auf dem Uher deutlich besser an. Beim Geloso treten aber - anders als beim Uher - keine Laufschwankungen auf.
Re: Geloso G.256 - Diktier- UND Familientonbandgerät aus dem Jahr 1958/59
Hallo zusammen,
die Wiederherstellung der Funktion des platinenlosen Vorgängermodells Geloso G.255 (zwischen 1955 und 1958) war wesentlich aufwendiger.
Zum Wechsel des Riemens muss die Tonkopfeinheit angehoben werden. Das geht aber nur durch Demontage des ganzen Laufwerks: 2x2 Kopfschrauben und eine an der Seite lösen, Motordraht zum Gleichrichter ablöten. Erst jetzt ist die zweite Schraube der Befestigung zugänglich. Das Zusammensetzen ist eine Fummelei. Man muss einen Zapfen an die richtige Stelle bringen, damit die Rastung der Drucktasten wieder funktioniert.
Macht man sich die Arbeit, ist auch gleich ein Tausch der Teer-Papier-Kondensatoren sinnvoll. Vorsicht: Das Gerät hat keine galvanische Trennung. Die Kondensatoren haben zwar eine Plastikzylinder-Ummantelung, sind aber dennoch marode (Leckstrom, 50% Kapazitätserhöhung).
Das Gerät gab es als Familienausführung "S" mit den Geschwindigkeiten 4,75 und 9,5 cm/s und als Diktiergerät mit 4,75 und 5,5 cm/s. Der Sinn war wohl, dass die Sekretärin beim Abspielen und dem Schreiben besser mitkam. Für die maximal mögliche Bandlänge von 65 ... 68m auf den 7,5 bzw. 8cm Spulen ergeben sich knapp 12 Minuten Spielzeit für 9,5cm/s Geschwindigkeit. Folgerichtig wurde sie beim Nachfolgemodell G.256 nicht mehr vorgesehen. Qualitativ macht das Bandmaterial einen grösseren Unterschied als die Geschwindigkeit. Getestet wurde erneut mit dem französischen Band "Recording the Masters". Aus dem Band SM900 1/4" 183m Trident (13cm) lassen sich genau 3 Bänder für den Geloso umspulen.