Das Weihnachtsmärchen-Rätsel von der idealen Welt der Elektrotechnik |
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18.12.14 17:25
Volker WGF-Premiumnutzer
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18.12.14 17:25
Volker WGF-Premiumnutzer
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Re: Das Weihnachtsmärchen-Rätsel von der idealen Welt der Elektrotechnik
Hallo Ingo,
dann will ich mich als Themenstarter wieder melden. Wärmebetrachtungen habe ich übrigens auch schon mit Hilfe von Elektroniksimulationsprogrammen unternommen. Das hat gut mit der Wirklichkeit gepasst. Jedenfalls frieren wir auch bei -30 °C hier nicht. Bis -40 °C sollte die Welt noch in Ordnung sein. Aber das ist hier noch nie vorgekommen. Bei der Simualtion bin ich davon ausgegangen, dass der Wärmewiderstand eines Fensters konstant ist. In Wirklichkeit sinkt aber der Wärmewiderstand mit zunehmender Temperaturdifferenz, weil mehr Innenluft entweicht. Das war der Unsicherheitsfaktor.
Simulationen oder ganz allgemein Betrachtungen für die Zukunft sind immer so gut wie die Modelle, mit denen man arbeitet. Das gilt sowohl für die Elektronik oder Technik allgemein und auch für alle anderen Begebenheiten des Lebens. Überschätzen wir die Tauglichkeit einer Vorstellung - also das Modell in unserem Kopf - von einem Transistor, einem Menschen, einem Land, einer Kultur oder einer Weltanschauung, dann kommt es in kritischen Situationen regelmäßig zu Überraschungen. Wird das Modell nicht neu überdacht, weil angeblich nicht wahr sein darf, was nicht wahr sein kann, kommt es regelmäßig zu unangenehmen Szenen und Streitigkeiten bis hin zu Weltkriegen.
Beispiel 1: Das Transistormodell vom BXXX berücksichtigt nicht das thermische Aufschaukeln, weil die Modellparamater immer nur für eine Temperatur gelten. In der Simulation ist der Arbeitspunkt stabil. In Wirklichkeit raucht der Transistor ab. Das Problem ist schnell erkannt. Ein besseres Modell wird entwickelt und bald funktioniert die verbesserte Schaltung wie sie soll.
Beispiel 2: A. wirkt als zurüchkaltender Typ, der gerne anderen einen Gefallen tut und sich bei anderen gerne Rat holt, um sich ein besseres Bild von den Dingen machen zu können. Viele halten ihn deshalb als das liebe Kind das sagt: "Ich bin nett. Bitte tut mir deshalb nichts."
B. ist der Draufgänger, der immer anderen zeigen muss, was für ein überragender Mensch er ist. Mit seinem Wissen und seinem Können hält er nicht zurück. Er glaubt andere mit seinem Wissen bereichern zu müssen. Unbewusst geht es ihm vor allen Dingen darum andere zu übertrumpfen, womit er es im Leben beruflich schon weit gebracht hat, was ihn bestätigt, dass seine Vorstellungen von sich selbst und der Welt richtig sein müssen. Die Welt gehört den Erfolgreichen.
B. glaubt, dass A. ein unsicherer und ängstlicher Mensch ist, der mit seiner Gutmütigkeit Konflikte vermeiden möchte. Als A einen Fehler zu machen scheint, sieht B. seine Chance A. in der Öffentlichkeit bloßzustellen. A. ist aber tatsächlich jemand, für den in der Ruhe die Kraft liegt, und entlarvt B. als einen Blender und Aufschneider. B will das nicht hinnehmen, und gibt A. die Schuld, er hätte sich unklar ausgedrückt. A. zeigt nun, dass dies nicht der Fall ist und man im übrigen nicht verpflichtet ist jede Haarspalterei mitzumachen. B fühlt sich nun gekränkt und absichtlich reingelegt, fängt innerlich an zu schmoren und schmiedet Pläne, wie er das alles noch zu seinen Gunsten hinbiegen kann. Dafür entwickelt er eine "Verteidigungsrede", die A. Punkt für Punkt widerlegen soll. A ist das aber ziemlich egal und macht inzwischen Urlaub an einem Palmenstrand und genießt die Sonne. B. kann seine "Verteidigungsrede" wegen Kreislaufproblemen nicht fertig ausarbeiten und lässt sich wegen eines Burnout-Syndroms in eine psychosomatische Klinik einweisen, denn wenn man sein ganzes Leben für die gute Sache geopfert hat, sind die Batterien irgendwann verbraucht.
Und alles nur, weil man von sich und anderen die falschen Modelle im Kopf hat, ohne je daran zu denken diese falschen Modelle zu korrigieren. Ähnlichkeiten mit wahren Begebenheiten sind rein zufällig. Das Beispiel steht so oder so ähnlich in der Fachliteratur in verschiedenen Varianten beschrieben.
Falsches Transistormodell oder falches Modell von sich selbst und schon raucht es. Wie sich die Bilder gleichen.
Zuletzt bearbeitet am 18.12.14 18:00
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18.12.14 19:51
SmdSchubser WGF-Nutzer Stufe 2
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18.12.14 19:51
SmdSchubser WGF-Nutzer Stufe 2
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Re: Das Weihnachtsmärchen-Rätsel von der idealen Welt der Elektrotechnik
Hallo zusammen,
diese ganzen "Unendlich gegen Unendlich" Gedankenspiele, die bei den Amerikanern sehr beliebt sind, haben vor allem die Eigenschaft komplett sinnfrei zu sein.
Trotzdem halte ich einige der oben gemachten Schlussfolgerungen für falsch, unabhängig von der Sinnlosigkeit der Fragestellung an sich.
Ein idealer Leiter zwingt die Potentialdifferenz der Batteriepole auf 0. Somit ist keine Aussage über die Batteriespannung mehr möglich. Die Batterie liefert also im kurzgeschlossenen Fall "Irgendwas", oder auch gar nichts, aber keinesfalls 12V.
Die Annahme, dass im ideal kurzgeschlossenen Fall ein Strom > 0 fließt müsste erst mal in einem Experiment belegt werden, z.B. eine Messung des magnetischen Feldes. Eine nicht vorhandene Potentialdifferenz spricht ja erst mal dafür, dass gar kein Strom fließt. Oder vielleicht doch.
In welcher Richtung soll der Strom denn eigentlich fließen? Plus und Minus wurden ja eben aufgehoben. Mein Tipp: +I = -I = 0 Ampere
Die Annahme, dass die Batterie unendlich viele Elektronen enthalten muss, verstehe ich auch nicht. Die Elektronen werden ja nicht verbraucht, sondern "kreisen" (falls denn ein Strom >0 fließt, und falls sie rausfinden in welche Richtung sie sich bewegen müssen). Freiheitsgrad ist noch die Geschwindigkeit.
Die Modelle der idealen Batterie und des idealen Drahtes sind falsch und müssen dringend korrigiert werden. Sonst wird die Determinante der Knotenadmittanzmatrix Null, und der Simulant steigt aus
Gruß Martin
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18.12.14 20:04
ingodergute Moderator
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18.12.14 20:04
ingodergute Moderator
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Re: Das Weihnachtsmärchen-Rätsel von der idealen Welt der Elektrotechnik
Hallo Volker,
ja die Grenzen von Simulationen muss man kennen. Mein diesebezüglicher Lieblingsfilm ist "The 13th floor" http://de.wikipedia.org/wiki/The_13th_Fl...as_du_denkst%3F h t t p:// w w w.cineasten.de/filme/the-13th-floor,trailer.html
Letztlich basiert unsere gesamte Wahrnehmung auf der Projektion unserer Sinneswahrnehmungen auf ein in unserem Kopf gespeichertes Bild dieser Welt. Deshalb leben wir manchmal auch in gefühlt unterschiedlichen Welten und können manches Gegenüber nicht verstehen. Nur durch Bildung und vielfältige Erfahrungen können wir die Grenzen der in unserem Hirn simulierten Welt erweitern. In meinem Hirn zum Beispiel ist eine technische Welt, die meiner Frau weitgehend verschlossen bleibt.
Viele Grüße
Ingo.
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18.12.14 20:13
ingodergute Moderator
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18.12.14 20:13
ingodergute Moderator
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Re: Das Weihnachtsmärchen-Rätsel von der idealen Welt der Elektrotechnik
Hallo Martin,
SmdSchubser: diese ganzen "Unendlich gegen Unendlich" Gedankenspiele, die bei den Amerikanern sehr beliebt sind, haben vor allem die Eigenschaft komplett sinnfrei zu sein. sinnlos wären die Gedankenexperimente, wenn man die Zustände unendlich und null als statisch ansieht. In Simulationen tastet man sich aber an diese Idealzustände sehr dicht heran und kann damit durchaus sinnvolle Schlussfolgerungen ziehen. Manche Bauemente wie Operationsverstärker kommen innerhalb festgelegter Grenzen schon ganz gut an die Ideale heran und erlauben interessante Schaltungen wie negative Widerstände u.ä. zu realisieren. Deshalb sind Grenzwertbetrachtungen in Softwaresimulationen meist wichtige Komponenten. Man kann eine Schaltung aus idealen Elementen meist einfacher mathematisch beschreiben und vereinfachen. Die daraus erhaltene vereinfachte Schaltung muss dann unter realen, nichtidealen Bedingungen getestet und angepasst werden.
Viele Grüße
Ingo.
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18.12.14 21:16
SmdSchubser WGF-Nutzer Stufe 2
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18.12.14 21:16
SmdSchubser WGF-Nutzer Stufe 2
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Re: Das Weihnachtsmärchen-Rätsel von der idealen Welt der Elektrotechnik
Hallo Ingo,
es ist ein großer Unterschied, ob man ein reales Bauteil mit idealisierten Parametern in eine (vereinfachte) Simulation einbaut, und dabei konform mit der realen Physik bleibt, oder ob man künstlich Widersprüche herbeikonstruiert und daraus weltumstoßende Schlussfolgerungen zieht.
So ist in einer technisch sinnvollen Simulation durchaus erlaubt (und gängige Praxis), ideale Spannungsquellen zu verwenden. Oder ideale Stromquelle, ideale Induktivitäten, ideale Kapazitäten, ideale OPs.
Aber es ist nicht erlaubt (= im Sinne der Technik unzulässig), zwei Idealbauteile mit widersprüchlichen Idealisierungsparametern aufeinander loszulassen! Denn jede Idealisierung hat einen Gültigkeitsbereich, innerhalb dessen das (umgebende) System sich bewegen muss.
Genauso wie in der Mathematik eine Division durch 0 schlicht undefiniert ist, ist es elektrotechnisch undefiniert, eine ideale Spannungsquelle mit einem idealen Null-Ohm Widerstand kurz zu schließen.
Natürlich kann man sich an einem Grenzübergang versuchen, wobei man dabei immer Annahmen machen muss, die aber schlicht falsch sein können. So wurde ganz oben implizit angenommen, dass die Idealbatterie eine ideale Spannungsquelle ist (und z.B. keine ideale Stromquelle oder eine ideale Leistungsquelle). Diese wird kurzgeschlossen, wobei man automatisch annimmt, dass man mit einem realen, sehr niederohmigen Leiter anfängt, so dass Strom fließt, und sich dann im Kopf den Widerstand zunehmend kleiner denkt und den Strom immer größer.
Das ist aber eine Annahme, die falsch sein kann. Ich sage z.B.: der Leiter ist von Anfang an ideal leitend, und die Batterie "wird im Geiste hochgefahren". Da die Chemie in der Batterie ohne Potentialdifferenz nicht funktioniert, wird überhaupt kein Strom fließen.
Wer von den beiden ist stärker? Wieviel ist Null mal Unendlich? Oder 0 durch 0?
Eine Schaltungssimulation mit idealisierten Elementen ist durchaus kritisch. Wer die Konsequenzen der Idealisierungen nicht einschätzen kann, landet schnell im Wald. Kann man bei fast jedem Berufseinsteiger sehen, der glaubt, dass etwas funktionieren wird weil er es ja simuliert hat. Gerade die Einschätzung, welcher Grad der Modellbildung für den jeweiligen Problemfall angemessen ist, stellt die wahre Kunst der Simulation dar. Auch nach Jahrzehnten hat man da nicht ausgelernt.
Ideal-OPs in der Simulation gehören eigentlich verboten Modernere Simulatoren verwenden die auch nicht mehr, sondern stattdessen parametrierbare Universal-OPs. Und die real exisitierenden OPs sind so grottenschlecht, dass überhaupt keine Gefahr besteht die Welt zu zerstören indem man zwei von ihnen gegeneinander schaltet...
viele Grüße Martin
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19.12.14 12:28
qw123 WGF-Premiumnutzer
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19.12.14 12:28
qw123 WGF-Premiumnutzer
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Re: Das Weihnachtsmärchen-Rätsel von der idealen Welt der Elektrotechnik
Hallo Martin und zusammen,
SmdSchubser: diese ganzen "Unendlich gegen Unendlich" Gedankenspiele,....
.... wird die Determinante der Knotenadmittanzmatrix Null, und der Simulant steigt aus
mit Deinen Ausfuhrungen hast Du sicher recht. Ich glaube aber, der Threadstarter Volker hatte ursprünglich etwas anderes im Sinn als etwas das von vornherein theoretisch unmöglich ist.
Ich jedenfalls habe das Gedankenexperiment so verstanden: Man nehme eine Batterie mit der Urspannung U und dem Innenwiderstand Rb und verbinde ihre Pole mit einem Leiter mit dem Widerstand Rl mit z.B. Rl = 10*Rb. Jetzt lassse man den Widerstand Rl unter Beibehaltung des konstanten Verhältnisses Rl/Rb (ideale Batterie!) gegen Null gehen und schaue sich an, was passiert.
Eine solche Anordnung ist durchaus korrekt im Sinne der theoretischen Elektrotechnik, die "Determinante der Knotenadmittanzmatrix" bleibt immer schön >Null. Man muß nicht durch Null teilen und nicht mit unendlich multiplizieren. Die Spannung U bleibt konstant, die von der Batterie abgegebene Leistung geht ebenso wie der abgegebene Strom und das erzeugte Magnetfeld gegen unendlich.
Natürlich ist eine solche Anordnung technisch nur begrenzt realisierbar, für das Gedankenexperiment spielt das aber keine Rolle. Die Frage, was passiert, wenn man den Widerstand Null erreicht, habe ich oben im Thread schon versucht, zu beantworten. . :-)
Gruß
Heinz
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19.12.14 13:40
Volker WGF-Premiumnutzer
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19.12.14 13:40
Volker WGF-Premiumnutzer
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Re: Das Weihnachtsmärchen-Rätsel von der idealen Welt der Elektrotechnik
Hallo zusammen,
ja, es ging mir nur darum einen Gedanken anzustoßen, dass das Überstrapazieren von Modellen durch Idealvorstellungen regelmäßig daneben geht. Nun erkennt der Elektroniker das sehr schnell, da ihm Grenzwertbetrachtungen etwas sagen. Weitere Idealisierungen beflügeln dann nur zu Gedankenspielen, die einfach nur Spaß machen. Herumalbern entlastet. Es kann was sinnvolles dabei rauskommen, muss es aber nicht (Wir Schweden sind selbst am Arbeitsplatz albern. Deshalb haben wir vielleicht so komische Sachen wie den Dreipunktsicherheitsgurt, den Reißverschluss und das Dynamit erfunden. Ob das immer stimmt, ist manchmal strittig. Aber wir glauben es jedenfalls gerne).
Auf der zwischenmenschlichen, sozialen oder politischen Ebene führen solche Idealisierungen der vereinfachten Modellvorstellungen nach außen oder innen allerdings mit schöner Regelmäßigkeit zu einem handfesten Ehekrach in der Familie oder einem militärischen Krieg zwischen Staaten oder Weltanschauungen. Ausgerechnet zu Weihnachten haben Streifenpolizisten besonders viel zu tun zur Schlichtung von Familienstreitereien, die durch die falschen Idealvorstellungen unter dem Weihnachtsbaum entstehen. Niemand ist perfekt. Niemand hat die Wahrheit über die Wirklichkeit zu 100% gepachtet. Wir sehen immer nur einen Ausschnitt. Den Rest denken wir uns dazu und hoffen, dass es einigermaßen stimmt. Wenn uns das klar ist, können wir Fehleinschätzungen gelassen betrachten und Weihnachten entspannt genießen.
Zuletzt bearbeitet am 19.12.14 13:57
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19.12.14 14:37
regency WGF-Premiumnutzer
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19.12.14 14:37
regency WGF-Premiumnutzer
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Re: Das Weihnachtsmärchen-Rätsel von der idealen Welt der Elektrotechnik
Hallo an alle "Gedankenexperimentierer", mal vorweg: erst durch theoretische Annahme von Dingen, die an die Grenze der erlernten Vorstellungskraft gehen, können neue Erkenntnisse entstehen und überprüft werden. Stichwort Newton, Einstein, Schrödinger, Maxwell usw. Es geht natürlich auch eine Nummer kleiner. Der Weg der Erkenntnis geht immer über Versuch und Irrtum, es gibt wohl keinen Menschen, der sich nicht schon mal in vollem Bewusstsein mit dem, was er gedanklich vorher ausprobiert hat, später die "Finger verbrannt" hat. Da weiß ich wovon ich rede...
Zum geschilderten Experiment...
Nimmt man den Energiegehalt der Batterie, so ist auch bei einem Innenwiderstand von Null nicht möglich, ohne Energiezufuhr die Ladungstrennung (Spannung) bei äußerem Stromfluss aufrecht zu erhalten. Es lässt sich aber der gesamte Energiegehalt in magnetische Energie überführen. Das macht man technisch heute in Kryomagneten (gekühlt mit flüssigem Stickstoff, Helium). Angewendet wird das z.B. bei der Magnetresonanz (Kernspintomografie). Für die erforderlichen extrem starken konstanten Magnetfelder (rund 10 Tesla) wird eine supraleitende Spule kurzgeschlossen. Zur Beladung kann z.B. ein Abschnitt des Drahtes durch Temperaturveränderung aus der Supraleitung gebracht werden, so dass ein Widerstand entsteht. Dort speist man den Strom ein und reduziert den Widerstand allmählich bis auf Null bei weiterer Stromerhöhung. Das Magnetfeld bleibt entsprechend der Spulengeometrie und der End-Stromstärke konstant, solange die für die Supraleitung des dünnen Drahtes erforderliche niedrige Temperatur erhalten bleibt.
Schöne Grüße, Jan
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