Der Taschenempfänger T100 aus Berlin, noch made in Germany.
Hallo liebe Leser des Forums.
Die Taschenempfänger T100 und T101 wurden erstmals 1961 vorgestellt. Diese Geräte lösten das legendäre "Sternchen" ab und boten zusätzlich den Empfang der Wellenbereiche Lang und Kurz, der Kurzwellenbereich umfasst das 49m und das 41m Band. Vom Konzept her ist das Gerät ein Sechskreiser mit einem Eingangsbandfilter und zwei Einzelkreisen mit zugehörigen ZF- Verstärkertransistoren. Die mit den Transistoren OC821 im Gegentakt- B- Betrieb erzielte Ausgangsleistung liegt bei 150 mW. Der Ruhestrom beträgt 12 mA, bei mittlerer Lautstärke werden 30 mA konsumiert. Als Stromversorgung sind vier Zellen der Größe AA eingesetzt, die von zwei Batteriekammern an der Unterseite, rechts und links angeordnet, aufgenommen werden. Unterscheiden tun sich beide Geräte durch die Anordnung der Skala. Beim T100 ist diese vertikal, beim T101 horizontal ausgeführt. Als weitere Variante mit dem gleichen Chassis kam 1962 der Reiseempfänger R100 in den Handel. Bei diesrem Empfänger sind vier Monozellen zur Stromversorgung eingesetzt, welche ewig hielten. Der größere Lautsprecher gab dem Gerät einen angenehmen Klang, wenn auch die Ausgangsleistung mit 150 mW im Vergleich zu anderen Koffersupern klein war. Der Tacheempfänger war anfangs mit dem vom Sternchen her bekannten Lautsprecher LP558 (8Ohm, 0,1W) ausgestattet. Im Lauf der Fertigung wurde dieser Lautsprecher durch den Typ 112M (8Ohm, 0,5W) ersetzt. Damit erhielt das gerät einen angenehmeren weichen Klang. Ich habe noch immer einen T101 auf dem Tisch zu stehen (in Erinnerung an meinen ersten von 1963) und freue mich über die noch heute gute Empfangsleistung des Gerätes. Mit den Gehäusevarianten Stern 102 und Stern 103, verbunden mit geringfügigen technischen Änderungen wurde dieses Chassis bis etwa 1968 gebaut und dann durch die Baureihe T130 Stern Sport/ Junior/ Format abgelöst. Die Umschaltung der Wellenbereiche erfolgt durch einen Schiebeschalter. Auf diesem Schalter ist auch der Transistor für die selbstschwingende Mischstufe montiert. Je nach Verfügbarkeit sind in den ersten Empfängern die Typen OC169, OC170 oder OC881 eingebaut. Auf Grund des Durchmessers dieser Transistoren kommt es hier häufig zum Abriß der Leiterbahn, was etwas Geschick bei der Reparatur erfordert. Eine weitere Schwachstelle nach über 40 Jahren sind die in den ZF- Filtern eingesetzten Gummis zum Schutz vor Kurzschluß gegen das Gehäuse. Der Gummi ist völlig ausgehärtet und hat mitunter zur Korrosion der Lötstellen innerhalb des Filters geführt. Vorsichtiges Entfernen der Gummireste und Kontrolle der Lötstellen auf den Montageplatinen und an den Filterspulen sind ratsam. Die Elkos sind auch heute in aller Regel noch verwendungsfähig, Ärger können die Keramik- Scheibenkondensatoren bereiten. Diese haben mitunter, auch als Zeitfehler, Fein- oder Kurzschluß.
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03.02.08 16:06
roehrenfreak
nicht registriert
03.02.08 16:06
roehrenfreak
nicht registriert
Re: Der Taschenempfänger T100 aus Berlin, noch made in Germany.
Hallo Wolle,
das Studium Deiner Beiträge bereitet sehr viel Freude und lässt erahnen, mit wieviel Liebe und Fachwissen Du an diesem schon etwas speziellen Gebiet der Rundfunkgeräte aus ex DDR arbeitest. Sicher eine Bereicherung für dieses Forum, welche Dank und Anerkennung verdient. Gespannt auf noch viele weitere so sachlich und fachlich fundierte Informationen...
MfG Jürgen rf
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Re: Der Taschenempfänger T100 aus Berlin, noch made in Germany.
Hallo Jürgen.
Vielen Dank für Deine anerkennenden Worte. Es freut mich sehr, wenn meine Beiträge zu einem weniger bekannten Kaputel deutscher Industriegeschichte aus der DDR eine gute Resonanz findet. Ich bin mit dieser Technik aufgewachsen und habe auch während der Mauerzeit alle Möglichkeiten genutzt, um die Entwicklung der Technik im westeuropäischen Teil zu verfolgen. Glücklicherweise boten die Betriebsbibliotheken mit ihrem Angebot an Zeitschriften wie Funktechnik und Funkschau die Möglichkeit dazu. Als Reparaturmechaniker im ehemaligen VEB WF Berlin war das Verfolgen der technischen Entwicklung der Rundfunk- und Fernsehtechnik für mich eine hobbymäßig betriebene Arbeit. Praktische Auswirkungen hatte diese Beschäftigung dann in der Realisierung von Radios und Verstärkern mit einem Ausstattungsgrad, den es nicht zu kaufen gab. Etwa 1973 habe ich meinen ersten PAL- Decoder entwickelt und gebaut. Mit Ausnahme des PAL- Quarzes waren alle verwendeten Bauteile inländischer Herkunft. In den neunziger Jahren hatte ich dann die Freude, westliche Unterhaltungselektronik zu reparieren. Anfangs noch machbar, trotz des Preisdrucks der Kunden, ist es aktuell wenig erfreulich. Einmal die vielfach vorhandene Einstellung "Ist ja nichts mehr drin" bis hin zur Ersatzteilbeschaffung für aktuelle Geräte ist das ganz schön nervig. Trotzdem freuen wir uns an Beko, Vestel, Tauras und sei es in der Verkleidung "Grundig", Schneider oder wie auch immer.
Re: Der Taschenempfänger T100 aus Berlin, noch made in Germany.
Hallo Wolle
Beim lesen Deiner wunderbar beschriebenen Gerätevorstellung (speziell T100-Reihe) werden bei mir Erinnerungen wach. Mein älterer Bruder kaufte sich im Jahre 1968 den T100 mit Uhr und Netzteil TZ10. Nach dem Abklang seiner Euphorie und den vielen Stürzen, bekam ich als Autodidakt dieses Wunderwerk in meine Hände. Gelöste Bauelemente versuchte ich mithilfe über Gasflamme erhitztem Nagel wieder anzubraten, meist hielt es nur wenige Stunden, wichtig war mir in meinen Jugendjahren, einen Empfänger zu haben mit dem man u. a. Radio Luxemburg hören konnte Der so verbastelte T100 muste viele, leider zu oft ausgelaufene R6 Zellen verkraften und ladete nach zahlreichen Unterbrechungen durch diese Säure in den Müll. Das TZ10 fungierte als Uhr noch viele Jahre
Re: Der Taschenempfänger T100 aus Berlin, noch made in Germany.
Hallo puntomane.
Seit dem vorigen Jahr habe ich wieder einen Taschenempfänger T101. Dieses kleine Gerät besticht auch heute noch mit seiner Empfangsleistung. Die Zellen R6 und die Batteriekammern des T100 waren eine Schwachstelle. Ebenso auch der auf dem Wellenbereichsschieber aufgelötete Mischtransistor. Ansonsten hat sich das Gerät als ein reparaturarmes Radio präsentiert. Defekte Elkos und Scheibenkondensatoren mit Feinschlüssen waren erst ab Mitte der siebziger Jahre Ursache für Geräteausfälle. Besonders beliebt waren die roten Scheibenkondensatoren. In meinen Schaltungen und Geräten habe ich diese nur im Notfall eingesetzt. Viele davon sind im Zustand ungebraucht von mir verschrottet worden. Ähnlich wie auch die Gewaplastkondensatoren, die ohne "wenn und aber" ausgetauscht wurden.
Re: Der Taschenempfänger T100 aus Berlin, noch made in Germany.
Hallo Wolle,
was sind Gewaplastkondensatoren? Im Gegensatz zu den roten Scheibenkondensatoren aus russischer Fertigung, liebevoll auch Arbeiterfahnen genannt, kann ich den Begriff nicht zuordnen.
Re: Der Taschenempfänger T100 aus Berlin, noch made in Germany.
Hallo Nils.
Die roten Scheibenkondensatoren hatten auch den Beinamen "rote Partisanen" und wurden als Brötchenbringer betrachtet. Der Gewaplastkondensator ist ein Wickelkondensator, der den Papierkondensator ablöste. Bei kleinerem Volumen hatte er im Vergleich zum Papierkondensator höhere Kapazität, verlor aber mit der Zeit das Isolationsvermögen. Qualitativ besser war der Duroplastkondensator mit einem Verguß aus Epoxydharz.
Re: Der Taschenempfänger T100 aus Berlin, noch made in Germany.
Hallo Wolle,
danke für die erhellenden Bilder!
Die Dinger sollten also tatsächlich Kondensatoren sein ;-)
Der Wachsverguß (Chlornaphthalin?) war völlig ungeeignet, den Wickel über einen längeren Zeitraum abzudichten. Das ist mit der Zeit eingetrocknet, was zu Rissen führte, über die dann Luftfeuchtigkeit eindringen konnte. Die goldenen wie im Bild unten links sehen wesentlich zuverlässiger aus, sind es aber leider ebensowenig. Denen sieht man nur nicht an, daß sie defekt sein könnten. In meinem Rossini haben sie alle 4 EL95 gekillt. Seitdem stehen auch die bei mir auf der Abschußliste.
Re: Der Taschenempfänger T100 aus Berlin, noch made in Germany.
Hallo Nils.
Bei den goldfarbenen Duroplastkondensatoren habe ich erst Anfang der neunziger Jahre die ersten Exemplare mit Feinschluß gefunden. Ansonsten war bei diesen Kondensatoren ein Kurzschluß die Ausfallursache. Die Gewaplasttypen waren nach 3 bis 5 Jahren Schrott und haben so manches Endrohr gekillt. Gleichwertig waren die meist schwarzen Bonbons zum Beispiel in Importgeräten aus Ungarn.