Liebe Freunde der realen Funktechnik, ein trauriges Ereignis nehme ich zum Anlass einmal etwas genauer auf die kommende Entwicklung eines wichtigen (?) Kommunikationsmittels zu schauen und Fragen zu stellen. Zum 31. Oktober 02:00:00 MESZ stellt die „Deutsche Welle“ jegliche Funkaussendungen ein und zwar sowohl die Rundfunkaussendungen auf Kurzwelle als auch die TV-Sendungen im Satellitenfernsehen als auch die Aussendungen von Internetstreams. Zukünftig wird dieser Sender seine Inhalte ausschließlich in Form sogenannter Podcasts also vorproduzierter Sendungsschnipsel und Onlineangebote verbreiten. Eine Online-Internet-Petition an den deutschen Bundestag sollte in letzter Minute dieses Ansinnen verhindern, hatte doch der Bundestag die diesbezüglichen Weichen gestellt. Anlässlich dieses drastischen Schrittes DES deutschen Auslandsrundfunkdienstes will ich hier ein paar Ausführungen zum Thema RADIO und seiner potentiellen Zukunft machen. 1) Was ist RADIO? – ich meine nicht in erster Linie unsere gehegten und gepflegten Nostalgiegeräte oder deren moderne Nachfolger sondern das Medium Radio. Das Radio lässt sich am besten durch seine Eigenschaften definieren: a) es erlaubt den Empfang von Audiosignalen (Musik/Sprache) - während alle anderen Sinne auf andere Aufgaben konzentriert sein können, z.B. beim Autofahren, Arbeiten usw. b) der Empfang ist prinzipbedingt kostenlos (die GEZ-Gebühren finanzieren die Produktion öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten), die Sender können grenzüberschreitend kostenlos empfangen werden c) der Empfang ist grenzüberschreitend möglich, eine räumliche Begrenzung gibt es nur durch die Physik der Ausbreitung d) der Empfang ist prinzipbedingt unzensierbar – auch in Krisenregionen kann der Empfang kaum unterbunden werden (außer durch aktive Störsender, deren Betrieb aufwändig und kaum zu verheimlichen ist) e) prinzipbedingt kann mit ein und demselben (Welt-)Empfänger überall auf der Welt Radio empfangen werden, die Übertragungstechnologie ist weltweit einheitlich, es wird amplituden- oder frequenzmoduliert nach festgelegten Frequenzplänen gesendet f) Punkt e) schließt ein, dass die Aussendung prinzipbedingt unverschlüsselt (und damit auch ohne Einschränkungen aufzeichenbar) sind g) die Empfangsgeräte können prinzipbedingt langfristig genutzt werden wegen Punkt e) und f) h) speziell die analogen Empfänger zeichnen sich durch einfachste Bedienung aus – es gibt kein anderes Medium mit derart unkomplizierten und sicheren Bedienkonzept (minimal 2 Knöpfe: an/laut, Sender) i) die massenhafte Verbreitung der Empfangsgeräte sowie die ritualisierte Bedienung machen es zum idealen Empfangsgerät für Informationsverbreitung im Katastrophenfall 2) Wer hört (heute) was im Radio? a) Autofahrer: Unterhaltung / Verkehrsfunk / Nachrichten b) arbeitende, wartende Menschen: Hintergrundbeschallung, Ablenkung (Zahnarzt) c) ältere Menschen / Rentner: Hintergrundbeschallung/Unterhaltung/Information d) Migranten: Sprache/Kultur kennenlernen e) wenige junge Menschen: Unterhaltung/Information 3) Was ändert sich im Zuge der Digitalisierung? 1a) Digitalradiobefürworter werben mit multimedialen Zusatzdiensten (Bild-/Video- /Textübetragung) ==> aber wozu braucht ein Medium, dass sich prinzipiell ans Ohr des Nutzers wendet, Multimedialität (dafür gibt es ja bereits Medien genug), oder was sollen Autofahrer oder arbeitende (Hintergrund-)Radiohörer mit Videosignalen im Radio? 1b) Internetradio verlangt mind. eine Flatrate 1c)1d) Internetradio ist zensierbar (Krisenregionen) 1e) ein weltweit einheitlicher (Digital-)Standard verlangt permanente Abstimmung und Einigung und ist angesichts des technischen Fortschritts kaum realisierbar ==> die hohe Zahl unterschiedlicher Standards beim digitalen Fernsehen weltweit zeigt, wohin der Weg geht 1b)1f) digitale Übertragung erlaubt Verschlüsselung, Payradio und senderseitig diktiertes Aufzeichnungsverbot 1g)1h) digitale Empfänger sind Computer mit spezieller Software, sie benötigen Pflege (Updates), ihre Bedienung ist firmwareabhängig und menübedingt komplizierter als die der Analogradios 1i) wegen der Vielzahl zukünftiger Übertragungswege wird es kein einheitliches einfaches massenverbreitetes katastrophenschutzgeeignetes Empfangsgerät mehr geben, die Menschen werden –wenn überhaupt - unterschiedliche Geräte besitzen (DAB+ Autoradio / Internetradio / UMTS-Radio), jedes dieser Medien ist auf dem Weg vom Sender zum Empfänger erheblich komplizierter und damit störanfälliger als ein analoges Übertragungssystem. Um im Katastrophenfall die Mehrheit der Bevölkerung zu erreichen, müssen alle diese Medien bedient werden. Speziell die kompliziertere Bedienung diskriminiert Menschen mit wenig technischem Interesse / Verständnis. Bisher ist für Internet-/Technikmuffel das Radio DAS Medium, welches unkomplizierten Zugang zu Informationen und Unterhaltung erlaubt. (Digital-)Radioempfang im Ausland erfordert Information über Standards vor Ort, ggf. Erwerb von Flatrates, spezieller Empfänger/Dekoder usw.. 4) Welche Möglichkeiten hat Radio in der aktuellen Medienlandschaft überhaupt? ...