das nächste Objekt für die Restauration: ein Albis 494 der Zürcher Albis-Werke, die damals bereits mit Siemens zusammenarbeiteten und heute Teil der Siemens Schweiz sind. Der 494 hat Baujahr 1949 und gehört damit zu den letzten Spitzengeräten ohne UKW. Er ist ziemlich kompromisslos gebaut, was sich auch im damaligen Preis von über 1000 Franken äussert, ein 'normaler' 6-Kreis-Super war für weniger als die Hälfte zu haben. 10 Röhren und 18kg Gewicht sprechen für sich... Er hat 9 Kreise, eine HF-Vorstufe, 2 ZF-Stufen, regelbare HF-Bandbreite (4 Stufen), Hoch- und Tieftonregler und eine Gegentakt-Endstufe. Empfangen kann er LW (150..405kHz), MW (515..1500kHz), KW1 (13..27m) und KW2 (27..65m). Für eine komfortable Abstimmung hat er eine KW-Lupe.
Der Allgemeinzustand ist recht ordentlich mit dem üblichen Staub und Spinnennetzen, aber kein Rost, Holzwürmer, Wasserschäden oder ähnliche Widerlichkeiten:
Der HF-Teil:
Hier ist eine LW-Vorkreisspule abgefallen und dabei sind Drähte abgerissen, glücklicherweise an der Lötstelle und nicht an der Spule, so sollte sich das reparieren lassen.
Der NF-Teil:
Die Kondensatoren sind mit Ausnahme der Elkos dieselben wie bei Biennophone, welche eine hohe Qualität haben und somit meistens noch gut sind. Die kritischen werde ich aber tauschen.
Das Gerät hat diverse Besonderheiten, die ich hier vorstellen möchte. Das beginnt bei der HF-Vorstufe. Für LW und MW hat es eingangsseitig ein abgestimmtes, zweikreisiges Bandfilter und der Ausgang der HF-Stufe ist aperiodisch, während für die beiden KW-Bereiche ein abgestimmter Kreis am Eingang und ein zweiter im Anodenkreis der HF-Stufe liegt, was diverse zusätzliche Umschaltkontakte erfordert. Als HF-Verstärkerröhre dient eine EF22.
Der Drehko hat es ebenfalls in sich:
Er besteht aus drei grossen und drei kleinen Kondensatoren. Für LW und MW wird jeweils ein grosser und ein kleiner parallelgeschaltet, für KW2 wird nur der grosse und für KW1 nur der kleine verwendet. Dadurch wird die Schwingkreisgüte optimal, dafür braucht es ebenfalls zusätzliche Umschaltkontakte.
Der Mischer ist mit der ECH21 aufgebaut und hat keine Besonderheiten. Am Ausgang folgt ein vierkreisiges ZF-Bandfilter mit einstellbarer Bandbreite. Danach folgt der ZF-Verstärker mit zwei EF22. Diese sind aperiodisch gekoppelt, also die erste ZF-Röhre arbeitet mit einem Widerstand in der Anode und die Kopplung an die 2. Röhre ist kapazitiv wie bei NF-Stufen. Im Anodenkreis der 2. ZF-Röhre hat es ein fixes zweikreisiges Bandfilter.
Die Demodulation ist konventionell mit einer Diode einer EBL21, die verzögerte Regelspannung wird mit einer separaten Diode erzeugt.
Der NF-Teil besteht ebenfalls aus einer EF22 als Vorverstärker, einer 7E6 als Phasendreher und zwei EBL21 als Gegentakt-Endstufe. Die 7E6 ist nicht wie üblich beschaltet, sondern durch starke Gegenkopplung als invertierender Verstärker mit Verstärkung -1. Von der Anode einer EBL21 gibt es ein Gegenkopplungsnetzwerk zur Anode der EF22 mit umschaltbaren Kondensatoren für die Klangregelung. Zwischen den Anoden der beiden EBL21 hat es noch ein 9kHz-Sperrfilter zur Unterdrückung des Pfeifens durch benachbarte MW-Sender. Die Endstufe treibt zwei ordentliche dynamische Lautsprecher. Hier gibt es noch eine Brummkompensation in Form einer Hilfswicklung auf der Siebdrossel, welche in Serie zu den Lautsprechern geschaltet ist und so ein gegenphasiges Brummsignal einspeist.
Die Schwundregelung wirkt einerseits auf alle Empfängerröhren, also HF, Mischer und beide ZF-Stufen und zusätzlich als Vorwärtsregelung auf die NF-Vorstufe.
Die Speisung erfolgt mit einem kräftigen Netztrafo, als Gleichrichter dient eine AZ4. Hier wird auch eine negative Hilfsspannung erzeugt, welche für die verzögerte Regelspannung und für die Gittervorspannung der Endstufen gebraucht wird. Als Besonderheit hat es im Trafo noch eine Thermosicherung, um Überhitzung zu vermeiden.
Als Abstimmanzeige dient eine EM4. Weiter gibt es noch einen Plattenspielereingang und bei der Version 494D noch einen NF-Eingang für den damals noch existierenden NF-Telephonrundspruch.
Nun ist Entstauben und Restauration der Elektronik angesagt, danach ist das Gehäuse dran. Die Drehknöpfe sind übrigens aus Holz.
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zu Rainers Fragen: Die Bandbreitenregelung ist im ZF-Teil, allerdings habe ich festgestellt, dass entgegen dem Schaltplan und der Beschreibung bei meinem Gerät die Bandbreitenregelung fehlt und damit die ersten 3 Stufen des Höhenreglers, der mit der Bandbreitenregelung gekoppelt ist, keine Funktion haben. Mal schauen, ob man die ZF-Bandbreitenregelung 'nachrüsten' kann, dazu muss ich die ZF-Filter genauer unter die Lupe nehmen. Selbstverständlich darfst du das Gerät in dein Museum aufnehmen. Die Drehknöpfe musst du halt mit dem Photoshop noch restaurieren, oder dann auf die Restauration warten, die noch ansteht. Das genaue Herstelldatum ist übrigens Februar 1949, auf dem Chassis war es samt Kürzel des Prüfers aufgeschrieben.
Elektrisch habe ich das Gerät wieder flott gemacht, der Aufwand hielt sich in Grenzen. Ausnahmsweise waren nicht die Kondensatoren, sondern Widerstände Wechselkandidaten. Bei den Kondensatoren habe ich nur aus Sicherheitsgründen die Koppelkondensatoren und ein Abblockkondensator getauscht. Es hatte sich einmal mehr gezeigt, dass die 'Condensateur Fribourg' von ausgezeichneter Qualität sind. Die ersetzten Kondensatoren habe ich testweise bei 300V geprüft, der Leckstrom war <30uA und tendenziell sinkend, was zwar für einen Koppelkondensator kritisch ist, aber für einen Abblockkondensator völlig unkritisch. Die Elkos waren ebenfalls in hervorragendem Zustand und mit 550V Spannungsfestigkeit auch nicht von schlechten Eltern. Bei den Widerständen hatte ich das Gefühl, dass gerade verbaut wurde, was verfügbar war. Bunt gemischt ist hier Ingelen, Siemens, Paillard und Vitrohm, Vitrohm fast alles Wechselkandidaten.
Die Röhren sind gereinigt und glänzen wie neu. Interessant ist, dass sie alle von Philips und Valvo stammen (mit Ausnahme der 6E7, die ist von Sylvania), obwohl Albis mit Siemens zusammenarbeitete und ursprünglich von Telefunken abstammt. Hier das Bild:
Auf dem Chassis hat es trotz der 9 Röhren (ohne EM4) kein Gedränge, da es ausgesprochen gross geraten ist, das Radio ist 65cm Breite nicht gerade klein. Die AZ4 ist ein ordentliches Ding, aber hier braucht es etwas Leistung. Der Ausgangstrafo ist ebenfalls auffallend gross, und der Netztrafo wird kaum handwarm.
Die EM4 sieht neuwertig aus. Da auch die Glühlämpchen keinerlei Schwärzung haben, gehe ich davon aus, dass das Radio wenig Betriebsstunden hat.
Hier noch die Skala im Dunkeln. Wie beim Biennophone 2066 wird die Skalenscheibe von der Seite her beleuchtet, so dass die Beschriftung leuchtet.
Der Empfang ist hervorragend und die Empfindlichkeit enorm. 50cm Draht reichen für guten Empfang, und die Schwundregelung arbeitet effizient. Der Klang ist ebenfalls hervorragend und mit seinen 8W Ausgangsleistung kann er sich unüberhörbar bemerkbar machen. Die KW-Lupe ist eine gute Sache, damit ist die Abstimmung ähnlich wie auf MW. Lediglich die Bassanhebung funktioniert noch nicht, da habe ich vermutlich noch einen defekten Widerstand übersehen.
Vielleicht hast Du bei RM.org geachtet, dass ich auch einen 494er besitze. Wenn Du also Bilder brauchst bezüglich "Affenschaukeln", so kann ich helfen.
Ansonsten hast Du das Gerät ja schon ganz gut erfasst/beschrieben. Eine mehrseitige Beschreibung dieses Geräts inkl. Frequenzdiagrammen etc. wurde seinerzeit in der Hauszeitung von Siemens-Albis publiziert. Nur komme ich z.Z. wegen Defekt der SSD meines Privat-PCs nicht gleich an die Scans - das Gerät ist in Garantie-Reparatur.
Dass die Röhren von Philips/Valvo stammen, dürfte der Tatsache geschuldet sein, dass Siemens/Telefunken m.W. keine Loktal-Röhren fabriziert haben. Aber das Albiswerk hat ja in den Kriegsjahren eine eigene Produktion von Loktal-Röhren (dem Vernehmen nach ziemlich erfolglos) hochgezogen.
Der 494er reiht sich gut ein in die Serie der damals, in den frühen Nachkriegsjahren von ca. 1945 - 1950, von fast allen schweizer Radioherstellern gebauten Spitzengeräte - von Biennophone 4951 über Deso Royal über Paillard 7604.....
Achja - ich versuche seit Jahren, die Anzahl fabrizierter Albis Geräte festzustellen. Ein Projekt, das ich seinerzeit noch mit dem ersten Betreuer der Albis Radiosammlung bei Siemens Schweiz gestartet habe, da dazu auch im Firmenarchiv keine Angaben existierten (Firmengeheimnis). Daher wäre ich an der Serien-Nummer Deines Gerät interessiert.
solche Bilder wären super. Ich habe festgestellt, dass auf dem Bild im RM andere ZF-Filter verbaut wurden als bei meinem. Ob die Nachrüstung möglich ist, kommt noch raus, aber wenn man sieht, wie es vorgesehen war, ist das eine Erleichterung und auch gut für die Dokumentation.
Einen Teil der Beschreibung habe ich, aber nicht alles. Wenn du wieder Zugang zu deinen Daten hast, wäre ich daran interessiert.
bei der Bandbreiteneinstellung habe ich Neuigkeiten. Das Gerät hatte früher eine Bandbreiteneinstellung, so wie es sein sollte, aber das hat jemand ausgebaut, zudem wurden die ZF-Filter getauscht. Auf dem Chassis sieht man noch die Fussabdrücke der ursprünglichen Filter, die mit dem Bild im RM passen würden. Schade... da muss ich wohl die originalen Filter nachbauen. Die Kapazitätswerte stehen glücklicherweise im Schaltplan, und mit den Koppelfaktoren ist Experimentieren angesagt.
Die Bass-Anhebung funktioniert wieder, der Fehler war ein falscher Schirmgitter-Vorwiderstand der NF-Vorstufe. Dieser wurde früher einmal durch den falschen ersetzt. Das ging bei der Kontrolle der Widerstände glatt durch, da ich beim Durchmessen davon ausging, dass die aufgedruckten Werte richtig sind, was hier natürlich nicht stimmte. Da der Widerstand viel zu niederohmig war, wurde die Röhre praktisch vollständig durchgesteuert, was einen niedrigen Innenwiderstand ergab, der dann die Gegenkopplung praktisch kurzgeschlossen hat und sie somit unwirksam war. Erstaunlich war, dass der Klang trotzdem gut war und auch ausreichend Verstärkung vorhanden war.
Der MW-HF-Teil wurde offenbar mal 'nachgeglichen', der Kern von der 2. Schwingkreisspule war defekt und die Frequenzen auf der Skala stimmen nicht. Ich gehe davon aus, dass der Bereich etwsa nach oben ausgedehnt wurde, um den Sender 'Sarnen' auf 1566kHz empfangen zu können, der MW-Bereich bei diesem Gerät aber noch nach alter Sitte bei 1500kHz endet. Dafür geht die Langwelle bis 405kHz, dann stimmt es im Schnitt wieder
Das Lautstärkepoti mit dem Netzschalter wurde auch ersetzt, es passt optisch nicht in die Zeit und die Anzapfung der Widerstandsbahn für die gehörrichtige Lautstärkeregelung fehlt. Damit kann man leben. Das Netzkabel dürfte auch ersetzt worden sein, PVC-Kabel ohne Mantel kamen erst später auf. Weiter wurde netzseitig noch eine Sicherung eingebaut, was sicher keine schlechte Idee ist.
Der Oszillator machte beim hochfrequenten Kurzwellenband noch Probleme mit Pendelschwingungen. Hier war der Gitterkondensator schuld. Nach Ersatz funktionierte er einwandfrei.
Bei diesen Reparaturen sind mir noch weitere Schaltungsdetails aufgefallen. Für die beiden Kurzwellenbänder wird die Schirmgitterspannung der beiden ZF-Stufen und des Mischers erhöht, was für Kurzwelle eine höhere Verstärkung ergibt. Beim hochfrequenten Kurzwellenband (K1) wird zusätzlich noch der Kathdenwiderstand der HF-Vorstufe überbrückt, was nochmals etwas Verstärkung und auch zusätzliche Empfindlichkeit bringt. Im NF-Pfad gibt es bei Radioempfang noch eine geringe Anhebung der Frequenzen im Bereich ab ca. 4kHz, damit der Klang etwas heller wird. Bei Plattenspielerbetrieb wird diese Korrektur abgeschaltet. Interessant ist noch, dass bei Plattenspielerbetrieb nur das magische Auge und der Oszillator abgeschaltet wird, alle anderen Röhren arbeiten normal weiter.
Die Lautsprecherwahl ist ebenfalls etwas speziell. Der eine Lautsprecher hat einen Permanentmagnet, während der andere elektrisch erregt wird, wobei die Erregerwicklung gleichzeitig als Siebdrossel wirkt, wie das bei Vorkriegsgeräten üblich war. Zusätzlich hat es noch eine Wicklung zur Brummkompensation, die in Serie zum Lautsprecher geschaltet ist. Im Gegensatz zu den Vorkriegsgeräten wird hier der Ausgang des Ausgangstrafos zu den Anschlüssen für den externen Lautsprecher geführt, so dass man niederohmige Lautsprecher direkt anschliessen kann und auch die Anodenspannung nicht nach aussen geführt wird.
Was man wissen muss bei Albis-Geräten aus dieser Zeit ist, dass die Spulenkerne bombenfest in den Spulenkörpern sitzen. Alle gängigen Methoden zum Lösen von Festsetz-Mitteln (Kolophonium o.ä.) scheitern. Ein Nachabgleich ist schlicht unmöglich. Die Vermutung besteht, dass die Spulenkörper geschrumpft sind.
Daher weiss ich von Club-Kollegen (CRGS), dass sie tatsächlich auch ZF-Filter ersetzt haben, wenn da etwas nicht mehr stimmte und eben ein Nachabgleich nicht möglich war.
Wenn ich die Filter in Deinem Bild so anschaue: Sind die von Micamold? Wenn ja, hat man da so zu sagen den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben. Die Micamold-ZF-Filter leiden konstruktionsbedingt gerne an Silbermigrationsproblemen.
besten Dank für die Infos. So weiss ich, was ich zu tun habe
Von wem die Filter sind, weiss ich nicht, aber sie scheinen so weit in Ordnung zu sein. Die ZF ist zwar ein paar kHz zu hoch, aber das liegt in der Toleranz, und die Empfindlichkeit und Trennschärfe sind gut. Aber die variable Bandbreite gehört dazu, da muss ich die Filter nachbauen. Im HF-Teil besteht somit auch die Möglichkeit, dass ich eine oder beide MW-HF-Spulen nachbauen muss. Der Kern der Oszillatorspule lässt sich abgleichen, den habe ich schon mal korrigiert. Die KW ist ok, da gibt es nichts zu tun.
Habe gestern mein Gerät mit neuer SSD zurück erhalten. Leider ist die einwandfreie Datenplatte im Zuge der Reparatur auch gelöscht worden. Daher hier mal erst zwei Bilder, wie das Original aussieht.
Hier die Exzenterscheibe, gekoppelt mit dem Klangschalter:
Und hier wie die Bowdenzüge zu den zwei ZF-Filtern führen:
besten Dank für die Bilder. Die Exzenterscheibe fehlt, ebenso der Zughebel für die Bowdenzüge. Aber so weiss ich wenigstens, wie man es machen muss. Statt Bowndenzüge verwende ich aber offene Seilzüge, das ist einfacher.
Mittleriweile habe ich mal ein Bandfilter auf variable Bandbreite umgebaut, das zweite folgt. Dabei habe ich noch festgestellt, dass die beiden Bandfilter einfach miteinander verbunden wurden, statt wie beim Original über den Fusspunkt lose gekoppelt zu sein. So lagen zwei Schwingkreise parallel. Für diesen Fehler funktionierte das Gerät sehr gut, man staunt...
Hier noch ein Bild vom geöffneten Ersatzfilter:
Davon habe ich die Spule samt Kern und den Abschirmbecher verwendet. Die untere Spule ist dabei verschiebbar, so dass die Bandbreite verstellt werden kann. Da der Abgleich mit den Kernen zu kompliziert würde, habe ich die Spulen fest eingeklebt und der Abgleich erfolgt mit Trimm-Kondensatoren (in SMD, da ich keine anderen hatte, etwas speziell bei Röhrengeräten).